Eigentlich hat ihn keiner gewollt, den Eklat, der seit Tagen die deutsch-mallorquinischen Beziehungen belastet. Eigentlich. Aber mächtig gezündelt worden ist trotzdem in dem ewigen Streit um den Stellenwert des Katalanischen - und die Art und Weise, wie Ausländer mit der Inselsprache umzugehen haben. Die Heftigkeit der Auseinandersetzung erinnert dabei nicht von ungefähr an die erbitterte Diskussion um die sogenannte Ökosteuer in der vorherigen Amtsperiode (1999-2003) des seit 2007 erneut mit einem Mitte-Links-Bündnis regierenden sozialistischen Ministerpräsidenten Francesc Antich.

Den Anfang machte ein Brief der Sprachenbeauftragten der Landesregierung, Margalida Tous. Die Fluggesellschaft Air Berlin wurde darin aufgefordert, ihre Kunden auch auf Katalanisch zu betreuen. Der auf den 4. beziehungsweise 8. April datierte Brief - eine katalanische Version ging an den Firmensitz in Palma, eine deutsche an die Zentrale in Berlin - ist Teil einer breiteren Sprachoffensive und wurde von der Mallorca Zeitung bereits in der Ausgabe vom 8. Mai dokumentiert. Das Schreiben war an verschiedene Fluggesellschaften geschickt worden, die von Mallorca aus das spanische Festland anfliegen. Die meisten von ihnen verfügen bereits über ein katalanischsprachiges Angebot.

Nicht so Air Berlin. Der Brief sorgte bei der deutschen Fluggesellschaft für helle Aufregung. ýHaben die nichts Wichtigeres zu tun? Wir lassen uns nicht vorschreiben, in welcher Sprache wir unsere Kunden betreuen. Wenn nötig, ziehen wir bis zum Europäischen Gerichtshof", hieß es dort zunächst.

Ein derartiger Schritt wäre allerdings nur wenig erfolgversprechend gewesen. Der Grund: Wie auch die anderen mallorquinischen Sprachbeauftragten in ihren jeweiligen Vorhaben, achtete Tous in ihrem Schreiben peinlich genau darauf, keinen Zwang anzudrohen. Wir wollen euch doch nur helfen, es geschieht alles nur zu eurem Besten, so der Tenor.

Zwischen den Zeilen der Sprachbeauftragen aber ist durchaus politischer Druck zu spüren - und so empfanden es auch die Manager der für Mallorca mit Abstand wichtigsten Fluggesellschaft. Die Antwort ließ zwei Monate auf sich warten, aber sie hat es in sich: In dem Leitartikel des aktuellen Air-Berlin-Bordmagazins zieht der Vorstandvorsitzende Joachim Hunold gegen die Sprachpolitik der Inselregierung vom Leder. Vom spanischen Weltreich ist dort die Rede, von der Ausweitung des Katalanisch-Schulunterrichts auf Mallorca, vom vermeintlich schlechten Klang der Inselsprache und sogar von europäischen Hilfsgeldern. Wie auch in einem ganzseitigen Cartoon, das Katalanisch mit Bayerisch gleichsetzt, halten sich wahre und unwahre Behauptungen bestenfalls die Waage. Deutschsprachige Air-Berlin-Kunden kann das kaum verwundern: Die Bordmagazin-Artikel von Joachim Hunold und seinem Pressechef Peter Hauptvogel kommen häufig derart stammtischpolternd daher - genaugenommen liegt in dieser hemdsärmeligen Schreibe sogar ihr Reiz.

Doch mit dem Thema Sprache ist in Spanien nicht zu scherzen. In einer unglücklichen Wendung, die zur weiteren Eskalation das Ihre beitragen sollte, fiel das Bordmagazin prompt einer auf Textinterpretation und Zuspitzung getrimmten Berufsgruppe in die Hände: Die zur großen Balearen-Schau auf dem Alexanderplatz angereiste Journalistenschar fand die erste verwertbare Geschichte bereits vor Ankunft in der deutschen Hauptstadt in der aufklappbaren Tasche ihres Vordersitzes im Air-Berlin-Flieger.

Flugs wurde mehr schlecht denn recht übersetzt und dann auch veröffentlicht, was Hunold und seine Mitstreiter so über die katalanische Sprache denken. In der zumeist empörten Berichterstattung taten sich von Beginn an die großen katalanischen Blätter hervor - allen voran die bürgerliche ýLa Vanguardia", eine spanienweit respektierte Qualitätszeitung. Ohnehin sprengte die ganze Debatte schnell den engen Rahmen der Sprachpolitik auf den Inseln - mindestens ebenso heftig diskutiert wurde in der ebenfalls von einer links-nationalistischen Koalition regierten Region Katalonien.

Und so schlug die Stunde der radikalen Nationalisten, die sich vornehmlich im Internet untereinander austauschen - und hochstacheln. Fortan wurde mit schwerstem Geschütz geschossen. Ein ehemaliger linksrepublikanischer Parlamentsabgeordneter aus Katalonien, Joan Puig, montierte ein Hakenkreuz auf das Logo von Air Berlin - und das ist keineswegs die schlimmste der schon gar nicht mehr zitierfähigen Verunglimpfungen, die dieser Tage im Netz gegen Hunold und Air Berlin im Besonderen und die Deutschen im Allgemeinen kursieren. Die Fluggesellschaft lässt ihre Anwälte prüfen, ob sie gerichtlich dagegen vorgeht.

Der Spanien- und Portugal-Verantwortliche der Fluggesellschaft, Álvaro Middelmann, versuchte zunächst noch die Position von Air Berlin mit Argumenten zu untermauern - und konnte dabei durchaus auch auf die eine oder andere mediale und politische Rückendeckung aus dem zumeist konservativen politischen Lager bauen. Die Lawine aber, die da losgetreten worden war, erschreckte schlussendlich auch

die Air-Berlin-Manager. E-Mail-Attacken auf die Air-Berlin-Website, Boykottdrohungen, Transparente am Flughafen, Demonstrationsaufrufe vor dem deutschen Konsulat in Palma, gar nicht enden wollende Negativschlagzeilen: ýWir haben mit einer solchen Reaktion nicht gerechnet. Es war nicht unsere Absicht, den Katalanen zu nahe zu treten", ruderte Air-Berlin-Sprecher Peter Hauptvogel denn auch am Montag (9.6.) zurück. Man habe nur darauf aufmerksam machen wollen, dass Air Berlin seine Kunden nur schwer in allen vier offiziellen Sprachen Spaniens - neben Katalanisch und Spanisch, noch Baskisch und Galicisch - betreuen könne.

Fast wortgleich auch die Zerknirschtheit der katalanischen Sprachbeauftragten Margalida Tous: ýSo habe ich das alles nicht gemeint", sagte auch sie am Dienstag (10.6.) der Mallorca Zeitung. Ministerpräsident Antich und Álvaro Middelmann trafen sich Mittwoch (11.6.), um das Kriegsbeil zu begraben - und kamen damit nicht zuletzt auch der Forderung vieler Tourismusunternehmer und Hoteliers nach, die einen weiteren Imageschaden für Mallorca befürchteten. Die Air-Berlin-

Episode ist somit voraussichtlich beigelegt - nicht jedoch der Streit um die Sprache. Zeitgleich wurde bekannt, dass die Balearen-Regierung fortan noch strikter dafür sorgen will, dass in allen Schulen ýmindestens" die Hälfte des Unterrichts in Katalanisch abgehalten wird.