Gut zwei Wochen nach dem Absturz einer Spanair-Maschine in Madrid hat die Untersuchung der Unglücksursache eine neue Wende genommen. Die Katastrophe könnte durch einen Pilotenfehler und einen elektronischen Defekt ausgelöst worden sein, berichtete die US-Wirtschaftszeitung "Wall Street Journal" am Donnerstag. Ermittler prüften die Hypothese, ob der Pilot beim Start möglicherweise vergessen hat, die Startklappen auszufahren.

Ein Fehler in der Elektronik könnte dazu geführt haben, dass das - für einen solchen Fall vorgesehene - automatische Alarmsignal nicht ertönte. Das Blatt berief sich auf Informationen aus dem Kreis der Ermittler, dem auch US-Experten angehören. Die Maschine vom Typ MD-82 der spanischen Fluggesellschaft Spanair war am 20. August unmittelbar nach dem Start vom Madrider Flughafen abgestürzt. 154 Menschen starben, 18 wurden verletzt.

Drei Familien, die bei dem Unglück Angehörige verloren hatten, kündigten in den USA eine millionenschwere Schadenersatzklage gegen den Boeing-Konzern an, zu dem der Flugzeughersteller McDonnell Douglas gehört. Die Familien beauftragten ein Anwaltbüro mit der Klage. Es sei zu erwarten, dass sich auch andere Hinterbliebene der Klage anschlössen, betonten sie.

Bisher war vermutet wurden, das Unglück sei durch einen Triebwerksbrand oder Probleme mit dem Umkehrschub ausgelöst worden. Nach dem Bericht des "Wall Street Journal" ergab eine erste Auswertung der Flugschreiber jedoch, dass beide Triebwerke der Maschine korrekt funktionierten und es vor dem Aufprall auf die Erde kein Feuer gegeben habe.

Die Cockpit-Besatzung prüft vor dem Start im Rahmen einer Check- Liste, ob die - an der hinteren Seite der Tragflächen angebrachten - Startklappen ("flaps") ausgefahren sind. Die Klappen dienen dem Flugzeug als Auftriebshilfe. Es werde untersucht, ob der Flugkapitän und sein Co-Pilot bei den Checks abgelenkt waren oder überhastet vorgegangen seien, berichtete das Blatt.

Zudem werde ermittelt, weshalb das automatische Warnsystem nicht funktionierte. Die Maschine hatte vor dem Unglück einen Startversuch abgebrochen, weil es Probleme mit einem Temperaturfühler gab. Dieser Defekt habe mit dem Absturz wohl nichts zu tun, betonte die Zeitung. Er könne aber auf Mängel im elektrischen System hindeuten.

Vor 21 Jahren war in den USA eine MD-82 abgestürzt, weil die Piloten die Startklappen nicht ausgefahren hatten. Bei dem Unglück am 16. August 1987 in Detroit starben - ebenso wie in Madrid - 154 Insassen; obendrein kamen zwei Menschen am Boden ums Leben. Damals war aufgrund der Katastrophe eine Verbesserung des Alarmsystems empfohlen worden. "Es wäre eine schwerwiegende Unterlassung, wenn die damaligen Empfehlungen nicht umgesetzt wurden", betonte Manuel Chamorro, Vizedekan der spanischen Pilotenschule.