Tierschützern mag er ein Dorn im Auge sein, aber der Stierkampf zählt in Spanien zu den Schönen Künsten - so wie Malerei, Literatur, Musik oder Theater. Deshalb vergibt das Kulturministerium in Madrid seine höchste Auszeichnung, die Medaille der Schönen Künste, auch jedes Jahr an einen Torero. Diesmal sorgte die Wahl der Jury allerdings für einen noch nie dagewesenen Skandal - und dies ausgerechnet zum Auftakt der Saison.

Gekürt wurde Francisco Rivera Ordóñez. Der 35-Jährige stammt aus einer der größten Torero-Dynastien Spaniens: Sein Vater war der berühmte "Paquirri", ein Idol, das 1984 in der Arena von einem Stier aufgespießt und getötet wurde. Seine Verdienste um die Förderung der alten Tradition streitet ihm niemand ab, aber Rivera Ordóñez gilt als Matador eben nicht als einer der Großen - gerade beim Töten des Stieres mit dem Degen zeigt er nach Ansicht von Experten kein "arte" (Kunst). In ihren Augen zählt er daher nur zum Mittelmaß der Branche.

Prompt löste seine Wahl in der Fachwelt und unter Kollegen Proteste aus - obwohl ein ungeschriebenes Gesetz besagt, dass Toreros sich niemals öffentlich gegenseitig kritisieren. Es gebe viele andere Matadoren, die die Auszeichnung mehr verdient hätten, so der Tenor. Spaniens derzeit bester Stierkämpfer José Tomás ist gar so erbost, dass er ankündigte, die ihm 2007 ebenfalls zuerkannte Medaille zurückzugeben. "Ich finde die Wahl beschämend. Die Kunst des Stierkampfes wird damit entwürdigt", schrieb der 33-Jährige in einem von der Presse zitierten Brief an das Kulturministerium. Dies könnte auch als ein Affront gegen König Juan Carlos gewertet werden, denn der stierkampfbegeisterte Monarch höchstpersönlich überreicht die Auszeichnung.

Doch der "Steingott", wie Tomás wegen seines Mutes und seiner Nervenstärke im Angesicht des Stieres genannt wird, steht nicht alleine da. Auch Stierkampfidol Paco Camino, bekannt als "El Niño Sabio" (Das weise Kind), kündigte die Rückgabe seiner Medaille an. Der 68-jährige Ex-Torero hatte sie 2004 erhalten. "Die Verantwortlichen im Kulturministerium haben von Stierkampf keine Ahnung", meinte auch José Antonio Morante, der ebenfalls zur ersten Garde der Matadoren zählt. Für den Stierkampfexperten Vicente Zabala de la Serna steht fest, dass die Verleihung der milliardenschweren Branche schweren Schaden zufügt: "Das Prestige der Ehrung ist tot."

Bei dem Streit spielt auch mit, dass Preisträger Rivera Ordóñez sein Geld längst nicht nur mit dem Stierkampf verdient. Der gut aussehende "Fran", wie ihn viele nennen, hat sich auch als gut bezahltes Model und Werbefigur für Uhren oder Immobilienfirmen einen Namen gemacht. Und dass er wegen seiner Liebesaffären regelmäßig die Titelseiten der Klatschpresse ziert, stört viele Traditionalisten auch. So war der 35-Jährige mit der Tochter der Herzogin von Alba verheiratet, Spaniens wohlhabendster Aristokratin. Sein Bruder Cayetano (33), ebenfalls ein Stierkämpfer, ist als der "Armani-Torero" bekannt, weil er für den italienischen Modedesigner defilierte.

Selbst die Regierung sah sich genötigt, in dem Skandal Stellung zu beziehen. "Wir respektieren alle Meinungen", hieß es vorsichtig. Rivera Ordóñez tut seine Kritiker als Neider ab. "Ich bin für meinen Fleiß und meine Hingabe ausgezeichnet worden." Die Stierkampfgegner indes freuen sich, liefert der Streit ihnen doch willkommene Munition. "Es zeigt sich eben, dass Toreros keine Künstler sind, die eine Würdigung verdienen, sondern Folterer und Tierquäler", sagte Manel Maciá von der Anti-Stierkampfinitiative PACMA.