Beim Anruf der MZ macht Joey Kelly gerade Pause in einem kleinen Dorf im Norden Bayerns. Der 37-Jährige befindet sich für Spiegel-TV auf einer Wandertour von Wilhelmshaven zur Zugspitze. Am 17. Oktober will Kelly, Extremsportler und Mitglied der berühmten Kelly Family, in Palma zum 40. Mal einen Marathon laufen. Geboren wurde Joey Kelly, der heute mit seiner Frau und drei Kindern bei Köln lebt, in Toledo, wo er auch die ersten Jahre seines Lebens verbrachte. „Meine Muttersprache ist Spanisch", sagt er.

Sie sind jetzt zehn Tage unterwegs, wie geht es Ihren Füßen?

Ich bin Belastungen gewohnt und kann meine Kraft gut einteilen.

Wie viele Kilometer laufen Sie an einem Tag?

Na, so um die 40 bis 50.

Sie laufen eigentlich nie Marathons im Ausland, weil Ihnen der Aufwand zu groß ist. Warum machen Sie auf Mallorca eine Ausnahme?

Weil Mallorca einer meiner Lieblingsorte ist. Ich will mir auch irgendwann auf der Insel Eigentum zulegen. Ich habe viele Bekannte dort, und die Lebensqualität ist einfach sehr hoch.

Sehen Sie sich heutzutage mehr als Musiker oder Sportler?

Von Beruf bin ich Musiker. Sport ist mein Hobby.

Werden Sie auf der Straße als Joey Kelly erkannt?

Manchmal, aber es hält sich in Grenzen. Ich war ja auch eigentlich nicht der Liebling der Fans. Die fuhren mehr auf meine Geschwister Angelo und Paddy ab. Das war auch in Ordnung, ich habe es nie darauf angelegt, im Mittelpunkt zu stehen.

Ihr Bruder Angelo hat mittlerweile eine Solokarriere gemacht. Kam für Sie ein eigenes Album nicht in Frage?

Um Himmels Willen, nein. Ich würde das selbst nicht kaufen wollen und will das auch keinem anderen zumuten. Wegen des Geldes würde ich es schon gar nicht tun.

Haben Sie ausgesorgt durch den Erfolg mit Ihrer Familie?

Ich würde sagen: Mir geht´s gut.

Sie waren als Kind immer unterwegs mit Ihrer Familie. Fällt es Ihnen heute schwer, sesshaft zu sein?

Nein, ich habe ja eine eigene Familie und genieße es, ein Zuhause zu haben. Dennoch reise ich gerne.

Sind die Kellys auch nach dem Ende ihrer gemeinsamen musikalischen Laufbahn noch eine harmonische Familie?

Ja, wir verstehen uns gut. Natürlich gibt es auch mal Stress. Aber auch nicht mehr als in anderen Großfamilien. Ich habe eigentlich am meisten Kontakt zu allen, weil ich die Firma meines Vaters zehn Jahre als Geschäftsführer geleitet habe. Wir haben uns ja selbst vermarktet und keine Plattenfirma dazwischengeschaltet. Auch heute noch treffen wir die Entscheidungen zusammen.

Herrschte bei Ihnen Basisdemokratie?

Als mein Vater noch lebte, hat er letztendlich die Entscheidung getroffen. Aber wir haben alle unsere Meinung mit eingebracht.

Ihr Vater galt als Patriarch.

Er war ein ungewöhnlicher Kämpfer, der gegen den Strom schwamm. Er hat sich nie kaufen lassen. Er liebte die Freiheit und hat diese Freiheitsliebe auf uns übertragen. Wir haben uns nie vorschreiben lassen, wo und vor wem wir spielen.

Sie betonen oft, dass Ihre Familie arm war, zunächst auf der Straße gelebt hat. Die Kellys sind unter anderem durch Spanien, Deutschland, Frankreich, Holland und durch die USA gezogen.

Ja, ich bin sehr stolz auf das, was wir 30 Jahre lang geleistet haben. Jeder hatte seinen Teil der Arbeit, und den hat er mit Leidenschaft ausgefüllt. Ich ziehe heute den Hut vor meinen Eltern und zehre von den Werten, die sie uns mitgegeben haben.

Zum Beispiel?

Ich gehe nicht – wie viele Menschen – mit einer ständigen Angst durchs Leben. Ich kann auch das Gejammer in Deutschland nicht verstehen. Schlechte Zeiten sind schlecht für Schlechte. Es gibt immer Chancen. Man muss sie nur nutzen. Die Kelly Family ist ein Beispiel dafür, dass man mit Fleiß und Disziplin alles schaffen kann. Uns hat keiner geholfen. Wir haben alles aus eigener Kraft erreicht. Wir hatten Ausdauer, weil wir wussten, dass wir eines Tages den Durchbruch schaffen werden. Wir waren ein Team – ich bin sehr stolz, dass ich dazugehörte. Diese Erfahrung war der Wahnsinn.

Gibt es irgendwann einmal ein Comeback?

Nein, das ist vorbei. Es war schön. Comeback, nein. Forget it.

Würden Sie Ihren eigenen Kindern Ihre Kindheit wünschen?

Jeder ist auch ein Produkt seiner Zeit. Die Zeit hat sich verändert. Deshalb kann man diesen Vergleich nicht anstellen.

In der Printausgabe vom 7. Oktober (Nummer 544) lesen Sie außerdem im Ressort Gesellschaft:

- Empfang zum Jahrestag der deutschen Einheit auf Mallorca

- Karnevalist in weiß-blauer Mission

- Der Neue vom Oktoberfest

- Hoffest wird zur Pilgertour: Peter Maffay und der gute Zweck

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