Schwarzarbeit und Betrug am ­Sozialstaat sind hier auf Mallorca und im restlichen Spanien so weit verbreitet, dass sie von vielen fast als Kavaliersdelikt abgetan werden. Und viele Mallorquiner sind außerhalb der Feriensaison offiziell arbeitslos gemeldet, jobben aber ­illegalerweise nebenbei.

Dieser sehr laxe Umgang könnte sich mit diesem Jahr ändern. Denn Anfang des Jahres ist eine Änderung im spanischen Strafgesetzbuch in Kraft getreten, die aus vielen Gesetzeswidrigkeiten, die bislang nur als Vergehen (falta) behandelt und mit geringen Bußgeldern geahndet wurden, eine Straftat (delito) macht, die relativ schnell mit Freiheitsentzug bestraft werden kann (siehe Kasten). Das betrifft sowohl die illegal angestellten Arbeitnehmer wie auch die Arbeitgeber.

„Was bislang meist ein Vergehen war, wird jetzt schnell zur Straftat, die zu einer Haftstrafe führen kann", bestätigt der Arbeitsrechtler José Manuel Raya vom Unternehmensberater DMS Consulting in Palma. Die Änderung sei nötig geworden, weil es in den vergangenen Jahren zu immer dreisterem Betrug am Sozialstaat gekommen war. So gab es illegale Scheinunternehmen, die gegen Geld - meist rund 1.000 Euro - Arbeitsverträge ausstellten, ohne die Dienste der auf diese Weise Schein-Angestellten in Anspruch zu nehmen. Nach Ablauf einer bestimmten Frist wurden die Angestellten wieder entlassen. Diese konnten sich auf diese Weise ein Recht auf Arbeitslosengeld erschleichen. Flog der Betrug auf, kamen die Verantwortlichen meist mit geringen Bußgeldern davon.

Dies wird sich nun durch eine Verschärfung der Strafen verändern, prophezeit Raya im Gespräch mit der MZ. Aber die Änderung könnte einen Nebeneffekt haben, der sich noch viel stärker auf die Eindämmung der Schwarzarbeit auswirken könnte, spekuliert der Jurist: „Bislang ist Schwarzarbeit nur dann aufgeflogen, wenn es eine Inspektion durch die Behörden gab", meint Raya. Durch Aufwertung vom Vergehen zum Delikt könnte es aber immer häufiger dazu kommen, dass sich Konkurrenz­unternehmen gegenseitig anschwärzen.

„Nehmen wir das Beispiel eines Friseursalons in Palma, der eine Mitarbeiterin entlässt, die anschließend schwarz für einen anderen Friseur arbeitet und womöglich noch feste Kunden mit rüber zur Konkurrenz mitnimmt." Da es sich bei der Schwarzarbeit jetzt um einen Delikt handele, könne der ehemalige Arbeitgeber die Straftat bei der Polizei anzeigen. Und diese wäre verpflichtet, der Anzeige nachzugehen, was bislang nicht der Fall war. „In Zukunft muss der ­Arbeitgeber also auch auf Kontrollen durch die Polizei gefasst sein", erklärt der Jurist.

Haftstrafen und GeldbußenDie Veränderungen beruhen auf den am 28. Dezember 2012 im spanischen Gesetzblatt veröffentlichten und seit dem 17. Januar 2013 gültigen Änderungen des Artikels 307 im Strafgesetzbuch.Geahndet wird der Betrug am Sozialstaat. Dieser entsteht zum Beispiel dann, wenn jemand Arbeitslosengeld kassiert, obwohl er einer nicht gemeldeten Beschäftigung nachgeht. Auch wer jemanden - zum Beispiel einen Freund oder Verwandten oder auch gegen Geld einen Dritten - nur für kurze Zeit anstellt, um ihm damit ein Recht auf Arbeitslosengeld oder andere Hilfen zu verschaffen, macht sich des Betrugs strafbar.Bislang drohten in diesem Fall nur dann Haftstrafen, wenn dem Staat ein Schaden von mindestens 120.000 Euro innerhalb eines Jahres entstand. Nun reichen 50.000 Euro über den Zeitraum von vier Jahren. Diese Summe ist leicht erreicht, beispielsweise wenn man zwei Beschäftigten Recht auf Arbeitslosengeld für zwei Jahre verschafft.Da für diese Straftat jetzt Haftstrafen von bis zu sechs Jahren fällig werden, verlängert sich auch die Verjährungsfrist für diese Art des Betrugs: von bislang fünf auf nun zehn Jahre.Wer Unterlagen fälscht, um bei einer Inspektion vorzutäuschen, er habe die Sozialversicherung für seine Angestellten bezahlt, macht sich ab sofort nicht mehr nur der einfachen Urkundenfälschung, sondern auch dem härter bestraften Fälschen amtlicher Dokumente schuldig.