Ganzjährig werden in luftiger Höhe Urlauber und Einheimische zu den Highlights der Inselhauptstadt chauffiert. Palmesaner sogar umsonst.

Es ist kurz vor 10 Uhr, die ersten Erlebnishungrigen stehen bereits Schlange an der Avenida Antoni Maura, unmittelbar unterhalb des Almudaina-­Palastes. Engländer, Deutsche, Franzosen und ein paar Festlandspanier sind dabei. Alle warten auf Alejandro, den aber niemand der Wartenden beim Namen kennt.

Der 26-Jährige ist einer von elf Fahrern, die im Wechsel die fünf Volvo-Doppeldecker-Busse lenken, mit denen überwiegend Palma- Besucher im 20-Minuten-Takt an den Sehenswürdigkeiten der Stadt vorbeikutschiert werden. Die knallroten Fahrzeuge der City-Bus-­Linie 50 sind nicht nur wegen ihrer leuchtend roten Farbe schnell zu erkennen. Sie sind auch mit Abstand die größten Cabriolets der Insel. 80 Personen finden darin Platz, mehr als die Hälfte davon auf dem Sonnendeck.

Auch wenn die Busse eine Stadtbusnummer haben und auf dem großen Stadtbusparkplatz bei Palmas Großmarkt Mercapalma abgestellt werden dürfen, haben sie mit den öffentlichen Verkehrsbetrieben der Balearen-Hauptstadt nichts zu tun. Sie gehören einer Firma in Sevilla, die auf Franchise-Basis unter anderem auch in der andalusischen Metropole Sightseeing-Busse betreibt. Weltweit sind für den Franchisegeber City Sightseeing Worldwide mit Sitz im britischen Essex 250 Doppeldecker-Cabriolets in mehr als 80 Städten im Einsatz. Darunter New York, Sydney, Singapur, Moskau und Berlin.

Überall funktioniert das System ähnlich. In Palma erwirbt man mit dem für 13 Euro gelösten Ticket das Recht, 24 Stunden lang mit dem Bus zu fahren und an jeder der insgesamt 16 Haltestellen, so oft man will, aus- und einzusteigen. Wer nicht aussteigt, benötigt für die Rundtour etwa 80 Minuten. Im Fahrpreis sind Kopfhörer enthalten, über die mittels in den Sitzen integrierter Buchsen achtsprachig über die jeweiligen Highlights informiert wird. Wer nachweisen kann, dass er in Palma wohnt, darf den Bus, so der Deal mit dem Rathaus, gratis benutzen.

Alejandro schließt die Türen, und sein bis zu 19 Tonnen schwerer Arbeitsplatz setzt sich gemächlich in Bewegung. Der durchzugstarke Sieben-Liter-Sechszylinder mit 275 PS ruckelt auch an der Steigung zum Schloss Bellver nicht, und selbst an den engsten Stellen hat Alejandro die üppigen Maße seines Gefährts gut im Griff. Bei Ästen, die in die Fahrbahn ragen, wird es in 3,90 Meter Höhe aber mitunter knapp. „Aufstehen ist während der Fahrt zumindest oben strengstens verboten.“