Vom Meer her ist Palmas alter Leuchtturm bereits aus einer Entfernung von 22 Seemeilen zu erkennen. Zumindest in der Nacht oder bei Nebel. An Land dagegen fristet der nach dem „Torre de Hercules" im galicischen La Coruña und dem „Torre della Lanterna" von Genua älteste noch in Betrieb befindliche Leuchtturm der Welt eher ein Schattendasein.

Nur die wenigsten Einheimischen – von ausländischen Touristen ganz zu schweigen – wissen überhaupt, dass der über 700 Jahre alte faro von Porto Pi seit 2004 auch ein Museum beherbergt, das nach voriger Anmeldung zweimal in der Woche besichtigt werden kann. Der Eintritt ist kostenlos. „So etwas gibt es in ganz Europa nicht", glaubt daher auch Javier Pérez, der die bis zu 1.000 Besucher pro Jahr – bei der Mehrzahl handelt es sich um Schüler – nicht nur durch die vier mit Optiken, Gaskesseln, Uhr- und Messwerken sowie zahllosen anderen Gerätschaften, Möbeln und Ausrüstungsgegenständen gefüllten Ausstellungssäle führt, sondern mit ihnen auch gleich noch die 127 Turmstufen zum Laternenraum hinaufklettert.

Früher hatte er hier seltener Besuch, bis 1992 war Pérez nämlich der Chef im Haus, der dafür zu sorgen hatte, dass im Turm niemals das Licht ausging. Doch dann wurde er, genauso wie die rund 180 andereren übrig gebliebenen Leuchtturmwärter Spaniens im Zuge der Vollautomatisierung wegrationalisiert. Die meisten von ihnen gingen in den Frühruhestand oder wurden – sofern sie Beamte waren – zwangsversetzt. Pérez dagegen wurde Museumswärter. „Es gibt Schlimmeres" sagt der 54-jährige heute.

Das ist wohl wahr. Ein Zuckerschlecken war die Arbeit des Leuchtturmwärters von Porto Pi nämlich früher gewiss nicht. Pérez´ Vorgänger mussten anfänglich Olivenöl für das Leuchtfeuer auf den rund 40 Meter hohen torre schaffen. Im Laufe der weiteren Jahrhunderte kamen gefährlichere Zündstoffe wie Paraffin und Gas hinzu.

Heute steht im Zentrum des sogenannten Laternenhauses, also der rundum verglasten Leuchtturmkuppel, eine 1.000 Watt starke Halogen-Glühlampe von Osram. Wenn die kaputt geht, steht gleich eine ganz Batterie an Ersatzbirnen im „Maschinenraum" im unteren Teil des Leuchtturms bereit.

Anders sieht es mit der Fresnel-Optik aus (benannt nach ihrem Erfinder, dem französischen Physiker Augustin Jean Fresnel), die seit Mitte des 19. Jahrhundert auf einer um 360 Grad drehbaren und mit Quecksilber gefüllten Stahltrommel montiert ist. „Im 14. Jahrhundert stand auf die mutwillige Zerstörung der Glasoptiken die Todesstrafe", erzählt Javier Pérez. Und minderjährigen Rabauken, die das Glas mit einem gezielten Steinwurf zertrümmerten, wurde – falls man sie erwischte – die Hand abgeschlagen.

Im 17. Jahrhundert kam für den Leuchtturmwärter von Porto Pi noch eine weitere Aufgabe hinzu. So musste er nicht nur die tagsüber und nachts einlaufenden Schiffe registrieren, sondern gleich auch noch entsprechende Flaggen auf den beiden an der Turmspitze horizontal verlaufenden Masten setzen, um somit dem Hafenkommandeur auf der anderen Seite der Bucht Bericht zu erstatten. Fax, E-Mail und SMS waren ja noch nicht erfunden, dafür gab es über drei Dutzend Flaggensymbole. Die Mehrzahl der heutigen Leuchttürme in Spanien geht auf das 19. und 20. Jahrhundert zurück. In einer ersten Phase entstanden um 1813 und 1820 die Leuchttürme von Tarifa und Málaga. Ein gewaltiges Bauprogramm zum Aufbau einer Leuchtfeuerkette mit Schwerpunkt zwischen 1840 und 1870 folgte. Modernisierungen und Ergänzungsbauten gab es zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis zum Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs. Innerhalb der vergangenen 30 Jahre wurden alte Bauwerke durch moderne Türme ersetzt und die Leuchtfeuerkette weiter verdichtet.

„Im Zeitalter von satellitengestützten Navigationssystemen spielen die aber für die Mehrzahl der Skipper kaum noch eine Rolle", sagt Pérez. „Dennoch haben Leuchttürme nach wie vor ihren Platz in der Navigation, wenn auch zumeist nur noch als Sicherungssystem: bei Ausfällen der Elektronik, der Stromversorgung oder bei Unsicherheiten in der Ortung."

Besuche:

Wer Palmas Leuchtturm im Fährhafen Porto Pi einmal besuchen möchte, hat dazu an jedem Donnerstagvormittag Gelegenheit. Die etwa 60-minütige Führung durch das Museum ist kostenlos und findet in spanischer Sprache statt. Eine Voranmeldung per E-Mail an jperez@portsdebalears.com ist allerdings Voraussetzung.