Wenn Spanien sein Gesetz anpasst, um eine längst existierende EU-Richtlinie umzusetzen, kann das schon mal zu Komplikationen führen. Jüngstes Beispiel ist die Führerschein-Richtlinie 2006/126/CE. Anders als von Palmas Verkehrsbehörde im Dezember mitgeteilt, von der MZ veröffentlicht und von der Deutschen Botschaft in Madrid bestätigt, können Mallorca-Residenten ihre deutschen Führerscheine doch nicht einfach behalten. Wer länger als zwei Jahre auf der Insel lebt und über keinen neuen, nach dem 19. Januar 2013 ausgestellten EU-Führerschein verfügt, auf dem ein Ablaufdatum vermerkt ist, muss seine Fahrerlaubnis in Spanien „erneuern" - was in der Praxis heißt: Der deutsche Führerschein wird abgegeben, und ein spanischer ausgestellt.

Was sagt das Gesetz?

Entscheidend ist die besagte EU-Richtlinie. Darin heißt es, dass die ab dem 19. Januar 2013 von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine der Klassen AM, A1, A2, A, B, B1 und BE eine Gültigkeitsdauer von zehn oder maximal 15 Jahren haben - je nachdem, wie die jeweilige Regierung es festlegt. Bei den Klassen C, CE, C1, C1E, D, DE, D1, D1E ist die Gültigkeitsdauer sogar auf fünf Jahre begrenzt. Die EU setzte beim Verabschieden dieser Richtlinie eine Übergangsfrist von zwei Jahren fest, die somit am 19. Januar 2015 endete. Ab diesem Zeitpunkt müssen deshalb alle von EU-Staaten ausgegebenen Führerscheine mit einem Ablaufdatum versehen sein. Da spanische Autofahrer schon lange ihre Fahrerlaubnis alle zehn Jahre - bei Erkrankungen oder in höherem Alter auch in kürzeren Abständen - erneuern mussten, sind hierzulande nur Residenten aus dem EU-Ausland betroffen.

Muss ich den deutschen Führerschein wirklich abgeben?

Wer vor hat, länger als zwei Jahre auf der Insel zu bleiben und keine Ordnungswidrigkeit begehen will, kommt darum nicht herum. Anders als bei der Registrierung eines deutschen Führerscheins in Spanien, die bisher üblich oder zumindest empfehlenswert war, wenn man sich länger auf Mallorca niederließ, muss nun das Ablaufdatum auf dem Schein vermerkt werden. Das hierfür von der obersten Verkehrsbehörde in Madrid (Dirección General de Tráfico, DGT) vorgeschriebene Prozedere lautet: Der deutsche Führerschein

wird einbehalten und zunächst gegen eine vorläufige spanische Fahrerlaubnis eingetauscht. Spätestens nach drei Monaten bekommt man dann einen spanischen EU-Führerschein im Scheckkartenformat zugeschickt. Rechtlich allerdings hat die Sache noch einen kleinen Haken: In Artikel 5, Absatz 15 der spanischen Fahrzeugführer-Verordnung, die auf die bisher praktizierte Registrierung Bezug nimmt, heißt es explizit, dass der Führerscheininhaber, der sich als Resident in Spanien bei der Verkehrsbehörde anmeldet, seinen Schein behalten darf. Dieser Passus soll demnächst entfernt werden.

Was muss ich tun?

Laut der spanischen Verkehrs­behörde ist zunächst ein Termin bei der für die Balearen zuständigen Verkehrsbehörde (tráfico) in Palma zu ­vereinbaren (telefonisch unter 060 oder auf der Website www.dgt.es). Hierzu sind Ausweis, die grüne Karte mit der NIE-Nummer und der Führerschein im Original und in Kopie mitzubringen. Die Kopie wird einbehalten und zum Abgleich an die deutschen Behörden geschickt. Haben die die Fahrerlaubnis verifiziert, erhält man per Telefonanruf oder E-Mail einen zweiten Termin. Zu diesem sind mitzubringen: ein Nachweis über den Gesundheitscheck (certificado de aptitud psicofísica), den man in hierfür autorisierten „Centros de Reconocimiento de Conductores" für rund 60 Euro erhält, ein Foto (32 mal 26mm), ein Einzahlungsbeleg über die Gebühr von 23,50 Euro sowie das Antragsformular. Letzteres war zumindest am Montag (19.1.) bei Tráfico in Palma noch nicht erhältlich, sei aber derzeit in Anfertigung, heißt es. Auf www.dgt.es kann es heruntergeladen werden. Sind alle Dokumente vollständig, wird einem vor Ort ein vorläufiger Führerschein (autorización temporal para conducir) ausgehändigt. Dieser ist laut DGT nur in Spanien gültig, für Reisen ins Ausland kann man sich eine vorläufige internationale Fahrerlaubnis ausstellen lassen. Der spanische Führerschein werde einem dann innerhalb einiger Wochen per Post an die Wohn­adresse zugestellt. Wer erst nach dem 19.1.2013 auf die Insel gekommen ist, hat ab dem Tag der Eintragung ins Melderegister zwei Jahre Zeit für diesen Behörden­gang (wer etwa am 6.6.2014 kam also bis 6.6.2016).

Welche Rolle spielt der Stichtag?

Unklare Formulierungen - selbst in Pressemitteilungen der DGT - erweckten den Eindruck, dass der Umtausch erst ab dem 19.1.2015 erfolgen muss. Das aber ist falsch. Theoretisch kann jeder, der seit dem 19.1.2013 oder länger in Spanien wohnt und keinen Führerschein mit eingetragenem Ablaufdatum vorweisen kann, mit einer Strafe von 200 Euro belegt werden. Wegen der herrschenden Verwirrung habe man aber die Polizeidienststellen angewiesen, in der Übergangszeit kulant zu sein, heißt es bei der DGT. Tipp: Die Terminbestätigung für die bereits vereinbarte cita previa ausdrucken und für alle Fälle ins Auto legen.

Wie konnte es zu der Verwirrung kommen?

Unter anderem herrschte Unklarheit über die beiden Vorgänge renovación (Erneuerung) und canje (Eintausch) der Fahrerlaubnis. Obwohl die DGT weiterhin von renovación spricht, handelt es sich dabei in der Praxis um die Abgabe des deutschen Führerscheins - und somit eigentlich um nichts anderes als den Eintausch in einen spanischen. Bei der spanischen Verwaltung allerdings ist mit Eintausch (canje) ein anderer Vorgang gemeint: nämlich der Umtausch eines Führerscheins aus Nicht-EU-Ländern in einen spanischen. Nötig ist der vor allem für Südamerikaner oder Afrikaner, deren Führerscheine hier teils gar nicht gültig wären. Für EU-Bürger ist er hingegen inzwischen vollkommen uninteressant - auf freiwilliger Basis jedoch weiterhin möglich. Ins spanische Punkte­system wird man in beiden Fällen aufgenommen.

Was ist mit denen, die einen nach dem 19. Januar 2013 ausgestellten Führerschein haben?

Die sind vorerst fein raus. Seitdem verfügen auch in Deutschland ausgestellte Führerscheine über ein Ablaufdatum. Als Resident muss man sich deshalb erst um eine renovación kümmern, wenn die Frist abläuft - also frühestens 2028. Denn in diesem Fall erkennt Spanien die deutsche Regelung an, wo die Gültigkeitsdauer 15 Jahre beträgt, sofern keine gesundheitlichen Einschränkungen vorliegen.