Wer ein richtiger Sparfuchs ist, kann sich nicht wirklich über die Hitze freuen: Mit den Temperaturen schnellt auch der Strom­verbrauch in die Höhe, und das spiegelt sich auch in den Tarifen wider - zumal diese seit dem 1. Juli nun stündlich auf Basis des Energiekonsums aktualisiert werden. „Das ist wie beim Glas Wasser in der Wüste", sagt Jordi Castilla von der Verbraucherorganisation Facua - die Nachfrage bestimme den Preis, und je größer der Stromverbrauch, desto teurer der Kilowatttarif.

Der 1. Juli war zwar der Stichtag für das neue Tarifsystem, mit dem die neueste Reform des spanischen Energiemarktes umgesetzt wird. Aber die meisten Verbraucher dürften erst im Laufe der kommenden Wochen und Monate etwas davon mitbekommen. Erst im Oktober werde man die Abrechnung umstellen, so Maria Magdalena Frau, Sprecherin des Energie­konzerns Endesa auf den Balearen - erst dann laufe schließlich die Umstellungsfrist ab. Bis dahin herrsche Probebetrieb.

Das neue System, das heißt: Nach der Abschaffung der Auktionen an der spanischen Strombörse Anfang 2014 soll die Rechnung nun die tatsächlich im Abrechnungszeitraum geltenden Preise widerspiegeln, die sich stündlich ändern und die jeweils am Vorabend ab 20.15 Uhr auf der Website des spanischen Netzbetreibers REE veröffentlicht werden. Die Idee: Der Verbraucher kann Strom und Geld sparen, indem er energieintensive Geräte zum Beispiel nachts laufen lässt, wenn der Tarif günstiger ist.

Damit das alles funktioniert, müssen zunächst in allen Haushalten sogenannte Smart Meter installiert werden. Sie zeigen den tatsächlichen Energieverbrauch und die Nutzungszeit an und sind in ein Kommunikationsnetz eingebunden. Mit ihnen steht und fällt das ganze System. Hielt sich Endesa bislang mit Daten zum Stand der Umstellung bedeckt, hat Sprecherin Frau diese nun parat: Bislang seien die contadores de telegestión in 340.000 Haushalten auf den Balearen installiert, Mallorca sei derzeit rund zur Hälfte, Formentera bereits ganz und gar umgestellt.

Die Installation bedeute aber noch lange nicht, dass die Geräte auch in das System integriert seien, gibt Verbraucherschützer Castilla zu bedenken. Ob der eigene ­Stromzähler bereits umgerüstet ist - das heißt, der Verbrauch nicht mehr manuell, sondern ferngesteuert abgelesen werden kann -, sehe man auf der Stromrechnung. In der steht con (mit) oder sin (ohne) contador inteligente. Castilla gibt zu bedenken, dass ab der Installation die monatliche Mietgebühr von 0,81 Euro fällig werde - auch wenn der Smartmeter noch gar keine Daten übertrage.

Bis zur endgültigen Umstellung gelten täglich errechnete durchschnittliche Verbrauchswerte von Kunden, die bereits intelligente Stromzähler haben. Diese werden mit Faktoren multipliziert, die den Verbrauch aller Stromkunden in Spanien im Tagesverlauf widerspiegeln sollen - eine Übergangslösung, die wegen ihrer mangelnden Transparenz Verbraucher­schützern sauer aufstößt.

Aber man kann ja schon einmal schauen, wie die nahe Zukunft aussieht. Auf der Website www.esios.ree.es/pvpc sehen Stromkunden des staatlich garantierten Standardtarifs (Precio Voluntario al Pequeño Consumidor, PVPC), täglich aktuell die drei Untertarife des Folgetages. Die Grafik zeigt eine orangefarbene Kurve für den Standardtarif (2.0 A, peaje por defecto), eine blaue Kurve für den Nachttarif (2.0 DHA, eficiencia 2 periodos) und eine grüne Kurve für einen speziellen Elektroauto-Tarif (2.0 DHS, vehículo eléctrico) für Besitzer entsprechender Fahrzeuge. Während der Standardtarif im Tagesverlauf vergleichsweise wenig schwankt, wird es mit dem Nachttarif ab 23 Uhr sehr günstig - und ab 13 Uhr mittags sehr teuer (Winterhalbjahr 12/22 Uhr).

Wer nun schon mal den Betrieb seiner energieintensiven Haushaltsgeräte für die Nacht vorbereitet, sollte sich nicht auf zuviel Sparpotenziel einstellen - denn der Konsum macht nur einen kleinen Teil der Stromgebühren aus. Im Schnitt nur 37 Prozent des Rechnungsbetrags entfällt auf den Verbrauch, der Rest sind Grundpreis, Steuern und Gebühren unterschiedlichster Art. Die spanische Regierung stellte im vergangenen Jahr aber immerhin rund drei Prozent Ersparnis in Aussicht.

Verbraucherschützer Castilla hält zwar eine minimale Einsparung für möglich, spricht aber von einem im Grunde „teuflischen System": Denn sobald viele Verbraucher ihre Waschmaschinen für Mitternacht programmierten, steige die Nachfrage und damit auch der Preis. Und da in den kommenden Jahren ein steigender Energiebedarf in Folge von Wirtschaftsaufschwung und höherem Stromverbrauch vor allem durch die Elektroautos prognostiziert sei, dürfte am Ende nicht viel zu holen sein.

Wer die Probe aufs Exempel machen will, kann auf der Website des Netzbetreibers REE den Beispielrechner „Lumios" benutzen (www.esios.ree.es/pvpc/#lumios) - nach Angabe von Abrechnungszeitraum (Datum in der Vergangenheit) und verbrauchten Kilowattstunden wird der verbrauchsabhängige Teil der Rechnung angegeben (término de facturación). Und wer jederzeit die Tarife des Folgetags checken will, kann sich die App Smart Viu auf dem Handy installieren.