Wenn die Ratten aus ihren Löchern flüchten, verspricht das nichts Gutes. Einer der berühmtesten Romane von Camus, „Die Pest“, beginnt so. Eines Tages geht jemand aus seiner Wohnung und trifft im Hausflur auf einen dieser Nager. Es gibt ein stillschweigendes Übereinkommen zwischen Menschen und Ratten, nicht in das Territorium der anderen einzudringen. Wir brechen es häufiger als sie, nicht um sie auszurotten, was fast unmöglich ist, sondern damit ihr Bestand stabil bleibt und sie nicht ihre Nischen auf der Suche nach Nahrung verlassen müssen. Es wäre ein Skandal, wenn zu Beginn einer Arbeitswoche eine Rattenfamilie die Hauptstraße irgendeiner Stadt überqueren würde.
Nun waren vor Kurzem nachts gegen halb zwei ein paar Leute in
Madrid unterwegs, als etwas im Inneren eines Geschäftes ihre Aufmerksamkeit erregte. Das Geschäft war eine Bäckerei, auf dessen Auslage in aller Seelenruhe einige Ratten promenierten. Die Leute filmten sie, meldeten den Fall, und er gelangte an die Öffentlichkeit, wo er für großes Aufsehen sorgte. Wir assoziieren
Ratten mit Massensterben. Wenn die Ratten, wo auch immer sie leben, herauskommen, schläft niemand ruhig. Sie stellen etwas dar, was uns betrifft, vielleicht etwas, was mit unseren entferntesten Anfängen zu tun hat: etwas, vor dem wir seit Beginn aller Zeiten fliehen. Eine Ratte in einer Bäckerei lässt selbst die Beherrschtesten unter uns erschaudern. Die Polizei geht dem Fall nach.
Ratten und Menschen leben nur am Rande der Wirklichkeit zusammen. Dort, wohin die gesellschaftliche Maschinerie diejenigen ausstößt, die sich nicht anpassen, dort, wo die Ratten auf den Körpern schlafender Kinder spazieren gehen. Die Mischung von Kindern und Ratten erschreckt uns, deshalb kommt sie häufig in Horrorgeschichten vor. Aber das, was ich Ihnen hier erzählt habe, ist eine
Meldung.