Gaby Hauptmann (52) braucht nur noch einen café - dann ist sie bereit zum Gespräch. Diese Woche erscheint ihr neuer Roman ­„Ticket ins Paradies" (Piper Verlag, 8,95 Euro). Das Paradies liegt auf Mallorca. Hauptmann nimmt die Insel und ihre deutschen Bewohner genau unter die Lupe. Denn Mallorca kennt ­Gaby Hauptmann seit fast 20 Jahren. Allerdings eher als Individual-Touristin. Für ihren neuen Roman, die Fortsetzung von „Rückflug zu verschenken", lernte sie die Insel auf eine ganz andere Art kennen: „Ich versetzte mich in die Lage meiner Protagonistin Clara, die nach ihrer Trennung kaum Geld hat. Also ging ich ins Reisebüro und sagte: Ich will mit 500 Euro eine Woche durchkommen. Eine Pauschalreise hatte ich ewig nicht gemacht."

Im Reisebüro reagierte man erstaunt - schließlich gehört Gaby Hauptmann zu Deutschlands erfolgreichsten - und bestverdienenden - Bestsellerautorinnen: „Frau Hauptmann, wollen Sie sich das wirklich antun? In dieser Preisklasse sind die Hotels Kästen, nichts fürs Auge. Und die Wände sind hellhörig." Frau Hauptmann wollte. Und machte spannende Erfahrungen: „Ich kam erst abends an. Das Restaurant hatte schon geschlossen, eine Minibar auf dem Zimmer gab es auch nicht. Zum Glück hatte ich nette Balkonnachbarn. Auf die Frage, woher ich noch Mineralwasser bekomme, antworteten sie: ´Aus dem Supermarkt. Aber da geht man eine halbe Stunde.´ Meine Verzweiflung rührte sie offenbar. Der Mann forderte mich auf: ´Reichen Sie mal Ihr Zahnputzglas rüber.´ Ich bekam es gefüllt zurück - mit Brandy. Danach war mir erst mal alles egal." Am nächsten Morgen ging es an den Strand: „Ich wollte die Atmosphäre schnuppern. Viele Szenen aus meinem Buch habe ich dort so erlebt. Ich habe sehr nette, bodenständige Menschen kennengelernt. Wie meine Romanfigur Clara, die aus einer ganz anderen Welt dorthin gelangt." Bei ihrem Recherche-Urlaub war Gaby Hauptmann überaus konsequent. „Ich bin zum Beispiel Bus gefahren statt Taxi. Weil ich dachte: Clara könnte sich jetzt kein Taxi erlauben."

Und darum geht es im neuen Buch: Romanheldin Clara, 37, Mutter und promovierte Kunsthistorikerin, hat eine Krise. Ihr Partner ist weg - und damit ihr Luxusleben. Einen Job findet sie nicht. „Weil sie einerseits überqualifiziert ist, andererseits seit Jahren raus aus dem Beruf." Auf Mallorca hat sie eine neue Liebe gefunden - den Restaurant­besitzer Andres. Aber auch auf der Insel ist das Leben voller Tücken. Was bringt in Krisensituationen ein Ortswechsel? „Wenn ich alles hinwerfen müsste, würde ich denken, dass ein Wechsel der ­Region nicht schlecht wäre. Ich bin in meinem Leben auch immer wieder ins kalte Wasser gesprungen. Beruflich und privat. Meist habe ich, wenn ich den Job gewechselt habe, den Mann auch gleich ausgetauscht. So ein Aufbruch gibt Energie", sagt Hauptmann. Woher sie ihre Ideen nimmt? „Mich rufen viele Frauen an, die plötzlich mittellos sind. Die Angst vor einer Scheidung haben. Die Situation, dass von heute auf morgen alles weg ist, man abstürzt, ohne Netz und Boden, kann jedem passieren. Das kann eine Trennung sein oder eine Kündigung. Auf jeden Fall läuft das Leben plötzlich aus dem Ruder."

Ihr selbst ging es so vor rund 18 Jahren: „Damals haben einige Männer bei dem Fernsehsender, bei dem ich gearbeitet habe, versucht, mich auszubooten. Nachdem ich dann ein Kind hatte, stand ich vor dem Nichts." Was ihr damals geholfen hat? „Frauenfreundschaften. Die haben mir über alle Klippen des Lebens geholfen. Auch in meiner damaligen Situation. Eine Freundin hat mich mit ihrem Gehalt unterstützt. Und es war auch eine Frau, die mir den Wiedereinstieg in den Beruf ermöglicht hat." Anders als ihre Romanheldin hat Gaby Hauptmann nie daran gedacht, sich von einem Mann abhängig zu machen: „Ich könnte das gar nicht. Ich verlasse mich lieber auf mich. Die Umstände können sich heutzutage so schnell ändern." Auch Eifersucht, wie sie ihre Romanfigur erleidet, ist ihr fremd: „Ich bin fast gar nicht eifersüchtig. Mir Claras Reaktion vorzustellen, als sie ihren Liebhaber der Untreue verdächtigt, war für mich deshalb ein echtes Problem. Ich ließ mir von einer Freundin, die sehr eifersüchtig ist, schildern, wie sich das anfühlt." Privat ist die Autorin seit zehn Jahren glücklich mit dem Stuttgarter Anwalt Botho von la Chevallerie (48). Aber zusammenleben? „Er hat seine Kanzlei in Stuttgart, wohnt auf einem Familienschloss in der Nähe. Ich in Allensbach am Bodensee. Und unter der Woche würden wir uns wahrscheinlich nur blockieren. Zum Glück haben wir eine ähnliche Einstellung. Dafür haben wir an den Wochenenden Zeit für uns. Und im Urlaub."

Scheinbar wie am Fließband schreibt sie jedes Jahr mindestens einen Roman. Meist abends: „Ich bin eine Nachtarbeiterin. Tags-über ist oft zu viel hier los." Da ist ihre 18-jährige Tochter, es gibt Pferde und viele Bekannte, die auch gerne „spontan vorbeikommen. Und meinen Vorsatz, zu arbeiten, manches Mal durcheinanderbringen." Gönnt sie sich auch mal Ruhe? „Ich hatte meinem Körper versprochen: Wenn du den Winter durchhälst, ohne krank zu werden, gönnst du dir einen ganzen Tag im Bett. Das habe ich dann auch gemacht. Es war herrlich - ich kommandierte nur herum, ließ mir Kaffee ans Bett servieren. Und mir wurde klar, dass mein Naturell eigentlich sehr bequem ist." Davon merkt man nichts. So viel Erfolg ist schließlich Höchstleistung. „Es stimmt, ich habe immer viel gearbeitet. Weil ich es auch muss. Ich habe eine Tochter, Angestellte, Pferde. Das alles kostet." Apropos Pferde: Die und ihre Tochter inspirierten sie auch zu ihrer Jugendbuchserie „Kaya": „Mit Reitställen und Teenagern kenne ich mich bestens aus." Sagt´s - und schreibt weiter an ihrem neuen „Kaya"-Buch. Dem Neunten!

In der Print-Ausgabe vom 18. März (Nummer 515) lesen Sie außerdem:

- Ministerpräsident Matthias Platzeck über Erholung, Burn-out und Bürgersteige

- Auf eine Ensaimada mit Dagmar Wintersteller

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