23 Kilometer Kabel für die Lichttechnik sind verlegt, etwa 700 Scheinwerfer montiert. Der technische Aufbau für die „Wetten, dass ..?"-Show aus dem Coliseo Balear wird diesen Donnerstagmorgen so gut wie abgeschlossen sein. Thomas Gottschalk und Michelle Hunziker befinden sich im Anflug. Es kann also fast losgehen in der Stierkampfarena, wo am Sonntagabend (20.15 Uhr im ZDF) nach 1999, 2007 und 2009 zum vierten Male „Wetten, dass ..?" live von der Insel ausgestrahlt wird. Fast 10.000 Zuschauer werden in der Stierkampfarena sitzen und womöglich über zehn Millionen zu Hause vor ihren Fernsehapparaten.

Die Geschichte von ­„Wetten, dass ..?" auf Mallorca beginnt eigentlich schon 1991 und zwar nicht in Palma, sondern in Xanten am Nieder­rhein. Dort fand damals die erste Open-Air-Produktion statt. Am Tag der Sendung schüttete es wie aus Kübeln. Lkw-weise wurde Sand für den Untergrund angekarrt, damit Moderator Thomas Gottschalk und seine Gäste nicht durch fußhohe Pfützen waten mussten. Auch wegen dieser Erfahrung sei Mallorca ins Spiel gekommen, erinnert sich Axel Beyer, der bei der Planung der ersten Auslandsausgabe von „Wetten, dass ..?" Unterhaltungschef beim ZDF war. Wenn schon Open Air, dann doch bitte dort, wo auch die Sonne scheint. Geboren worden sei die Mallorca-Idee beim Brainstorming im kleinen Kreis, dem neben Beyer noch Moderator Thomas Gottschalk sowie die für die Auswahl der Wetten zuständige Redaktionsleiterin Beate Weber angehörten.

Die Notwendigkeit, ein Highlight zu setzen, bestand eigentlich nicht. Bis zu 18 Millionen Menschen verfolgten damals die Sendungen. Auf Gottschalks Sofa saßen hochkarätige Gäste wie Michail Gorbatschow oder der King of Pop, Michael Jackson. „Wir waren aber der Ansicht, dass man gerade, wenn man oben ist, nachlegen muss, um auch oben zu bleiben", erzählt ­Beyer. Außer der Insel waren auch die Türkei und Griechenland im Gespräch. Doch Mallorca, das Sinnbild deutscher Urlaubsträume, stach die Konkurrenzdestinationen gleich aus mehreren Gründen aus: „Wir mussten sicherstellen, dass wir die Ränge füllen konnten", so Beyer. Zum anderen war die Insel schon damals Hauptflugziel des heute wichtigsten Kooperationspartners Air Berlin. Auch hausintern wurde die Idee des Mallorcas-Ausflugs schnell gutgeheißen. Der damalige Programmdirektor und heutige ZDF-Intendant Markus Schächter war auf Anhieb begeistert.

Die erste Show, 1999, kam gut an, zumindest bei den deutschen Zuschauern. Probleme gab es im Umfeld der Arena. Die Nachbarn fühlten sich durch das erhöhte Verkehrsaufkommen und den Lärm gestört. Und viele Mallorquiner wurmte, dass Showgrößen wie John Bon Jovi oder Montserrat Caballé einem ausschließlich deutschen Publikum vorbehalten werden sollten. Das ZDF löste die Problematik, indem es den Mallorquinern Eintritt zu den Generalproben gewährte. Dennoch: Ein fader Beigeschmack blieb. Allerdings waren die Probleme nach Ansicht von Manfred Teubner, seit 2001 Unterhaltungschef beim ZDF, nicht der Grund dafür, dass die Show erst 2007 auf die Insel zurückkehrte. „Wir hatten eigentlich nie vor, aus dem Event eine Serie zu machen. Obwohl ich immer wieder mal den Gedanken hatte, nach Mallorca zurückzukehren", sagt Teubner.

2007 war es so weit, weil sonst kein großes anderes Event wie eine Fußball-WM oder Olympische Spiele anstand. Den entscheidenden Impuls habe dabei wohl Air-Berlin-Chef Joachim Hunold und dessen guten Kontakte zum ZDF und zu Thomas Gottschalk gegeben, glaubt Álvaro Middelmann, der Spanienchef der Airline. Tatsächlich hat Air Berlin das Geschäft mit „Wetten, dass ..?" kontinuierlich ausgebaut. Bei der Ausgabe 2009 vertrieb das Unternehmen über das Online-Reiseportal Binoli (gehört zu 49 Prozent der Fluggesellschaft und zu 51 Prozent dem L-Tur-Chef Heinz Kögel) die Show erstmals als Reise-Gesamt-Paket mit Flug, Unterkunft und Eintrittskarte. Mit ins Boot holten die Veranstalter auch die mallorquinische Hotelkette Sol Melià, in der ein Teil der Zuschauer, aber auch die ZDF-Crew logieren.

3.000 „Wetten, dass-Fans" kamen 2009 mit diesen Paketen aus Deutschland auf die Insel geflogen. Darunter viele Eingefleischte Fans, aber auch solche, die die Sendung mit einem Kurzurlaub auf der Insel verbinden, so Binoli-Sprecher Sven Ickstadt. In diesem Jahr verkaufte Binoli mit knapp 4.000 Paketen noch 25 Prozent mehr. Darunter seien viele Wiederholungstäter, die bereits im vergangenen Jahr mit dem Gesamtpaket auf die Insel gekommen waren.

Und wohl auch weiterhin kommen werden. Denn mittlerweile hat „Wetten, dass ..?" einen Seriencharakter. „Wenn wir keine ­großen ­Fehler machen, wird die Show von jetzt an jedes Jahr einmal aus der Arena übertragen", glaubt Álvaro Middelmann. In Palma ist die Sendung mittlerweile mehr als willkommen. Die Kooperation mit den Behörden sei hervorragend, bescheinigt Teubner. Der Inselrat unterstützt die Produktion auch finanziell. Die genaue Summe wollte bis Mittwoch niemand offiziell nennen, zuvor war von 150.000 Euro Zuschuss für die After-Show-Party die Rede.

Aus den Fehlern von einst haben alle Beteiligten gelernt. Beispielsweise werden beim Aufbau Ruhezeiten eingehalten und die Zuschauer mit Bussen zur Arena gebracht. Auch die örtliche Gastronomie um die Plaza de Toros herum freut sich über die rund 250 Mitarbeiter, die während des zweiwöchigen Aufbaus den Umsatz in den Bars und Restaurants steigern. Doch den größten Nutzen, da ist sich Álvaro Middelmann sicher, trägt Mallorca als Urlaubsziel davon. „Wetten, dass ..?" ist eine Gratis-Werbung zur Prime-Time im deutschen Fernsehen, wo die Werbeminute normalerweise bis zu 1.430 Euro kosten würde. Susanna Sciacovelli, die Chefin der landeseigenen Tourismuswerbeagentur Ibatur, saß denn auch bei der Vorjahresausgabe der Sendung auf der Tribüne und zählte euphorisch, wie oft Showmaster Thomas Gottschalk das Wort Mallorca in den Mund nahm. „Von der Fernseh- und Internetwerbung für die Sendung im Vorfeld ganz zu schweigen", sagt Sciacovelli.

Dafür, dass die Live-Sendung aus der Stierkampfarena bei den Zuschauern Lust auf einen Mallorca Urlaub weckt, werden die Fernsehmacher auch diesmal wieder sorgen: Bei der Show auf der Insel sei immer alles ganz anders, sagt Manfred Teubner. „Hier ist eben alles auf Party ausgelegt." Nicht nur für die Zuschauer: Eine Art Betriebsausflug vor der Sommerpause sei das, meinte Thomas Gottschalk im vergangenen Jahr. Und so etwas erhöht bekanntlich die Motivation.

In der Print-Ausgabe lesen Sie außerdem:

- Im Gespräch: Schauspielerin Katerina Jacob

- Wetten, dass. ..?: Allein unter 10.000 Deutschen

- Wetten, dass ...?: Der Regisseur und seine Malocher

- Wetten, dass ...?: Das passende Outfit zur Sendung

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