Erich Sixt (66) gehört zu Deutschlands bekanntesten Unternehmern. Als Vorstandvorsitzender und Großaktionär von Deutschlands größter Mietwagenflotte kennt seine Marke fast jeder. Auch auf Mallorca ist Sixt überall präsent. Grund genug, uns für den Mann hinter dem Namen zu interessieren. Ergebnis: Er ist mindestens so mobil und ständig unterwegs wie seine Autos. Weil Erich Sixts Terminkalender für die nächsten Monate durchgeplant ist, beantwortete er die Fragen der MZ schriftlich …

Angeblich tauchen Sie öfter mal unangekündigt an Sixt-Schaltern auf. Worauf achten Sie bei Ihren Spontan-Besuchen?

Ich stehe oft an einem Sixt-Schalter. Aber nicht als Vorstandsvorsitzender, sondern als Kunde. Ich merke recht schnell, ob die Mitarbeiter alles daransetzen, die Wünsche ihrer Kunden zu erfüllen, ob sie auch im größten Stress einen ruhigen Kopf behalten und ob alles reibungslos läuft. Kundenorientierung ist bei uns das Maß der Dinge.

Wann haben Sie zum letzten Mal selbst hinter einem Tresen gesessen?

Mich zieht es immer wieder mal an die ´Front´. Es ist wichtig, dass ich weiß, was dort los ist, was der Kunde wirklich will. Es gibt genug Unternehmen, bei denen man den Eindruck gewinnen kann, dass der Kunde bei der Arbeit stört. Das passiert bei uns nicht.

Was ist besonders stressig?

Ich muss gestehen: Die Arbeit am Counter ist schweißtreibend, ein Knochenjob. Sie müssen innerhalb kürzester Zeit unterschiedlichste Wünsche erfüllen, auch mal unkonventionelle Lösungen suchen und den kleinen Dienstweg wählen. Aber es ist auch ein erfüllender Job. Sie halten die Kunden mobil, verhelfen ihnen zu ihrem Traumauto oder erfreuen sie mit einem Upgrade.

Gibt es auf Mallorca Besonderheiten bei der Verleihung von Mietwagen?

Vor allem in den Sommermonaten herrscht eine extrem hohe Nachfrage nach Mietwagen auf der Insel. Das stellt natürlich besondere Herausforderungen an unsere Flottensteuerung: Wenn die Urlauber kommen, müssen genug Mietwagen da sein. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass viele Reisende uns die Treue halten und in ihren Ferien auf Sixt und die Ferienmietwagen von Sixt holiday vertrauen. Orange-Schwarz ist also ein fester Bestandteil und eine spürbare Größe des Tourismus-Geschäfts auf Mallorca.

Sie werben um immer mehr prominente Kunden. Warum sind die so wichtig?

Es wäre mir neu, dass wir gezielt um prominente Kunden werben. Jeder Kunde ist uns wichtig. Das betrifft die Kernzielgruppe der Geschäfts- und Firmenreisenden, die überall auf der Welt mobil bleiben wollen. Und die Privatkunden, die einen entspannten Urlaub verbringen wollen.

Autos sind für Sie angeblich keine Leidenschaft, sondern Zahlenkolonnen.

Setzen Sie sich deshalb als begeisterter Hobbypilot lieber in den Flieger?

Ich habe ein gestörtes Verhältnis zum Auto, das stimmt. Autos bedeuten für mich Abschreibungen, Zinsen, Reparaturen, Rabatte, Rückkaufpreise. Trotzdem kann ich mich an einem gelungenen Fahrzeugdesign oder an einer ausgefeilten Technik erfreuen. Ich besitze einen BMW 328 von 1936 sowie einen alten Mercedes 300 SL, die halte ich natürlich in Ehren. Fliegen ist einfach die schnellste Möglichkeit zu reisen, wenn viele Geschäftstermine anstehen.

Wie oft fliegen Sie?

Ich fliege seltener, als ich gerne möchte. Und ich bin auch seltener auf Mallorca, als ich gerne wäre. Dazu fehlt ganz einfach die Zeit. Aber in den meisten Fällen fliege ich selbst. Das ist ja auch eine Art Leidenschaft.

Warren Buffett (Investmentgenie und einer der reichsten Männer der Welt; Anm.d.Red.) vermietet Flieger. Haben Sie daran auch schon gedacht?

Sie würden sich manchmal wundern, was den Leuten nicht alles einfällt, das ich vermieten könnte. Ich habe viel Fantasie, aber auf manche Sachen wäre ich nie gekommen. Doch im Ernst: Unser Geschäft ist die Fahrzeugvermietung und das Fahrzeugleasing. Und dabei wird es auch bleiben.

Sie waren auf Buffetts Aktionärsversammlung in Omaha. Was halten Sie von der Debatte, dass Reiche sich um die Wohltätigkeit in einer Gesellschaft kümmern sollen?

In den USA gilt ´privat vor Staat´ – und darum beneide ich die Vereinigten Staaten. Milliardäre wie Warren Buffett, Bill Gates oder George Lucas machen das vor. In Deutschland denkt man bekanntlich anders und vertraut dem allgegenwärtigen Staat. Dennoch kann man sich engagieren. Deshalb hat meine Frau auch die ´Regine Sixt Kinderhilfe´ gegründet. Der Verein arbeitet komplett ehrenamtlich, alle Spenden kommen dort an, wo sie gebraucht werden, ohne Abzug.

Wie haben Sie Buffett als Person empfunden? Ist er für Sie Vorbild?

Warren Buffett ist in vielerlei Hinsicht ein Vorbild. Er steht für Engagement und harte Arbeit: Buffett hat klein angefangen und sich konsequent nach oben gearbeitet. Noch immer strotzt er vor Vitalität, wenn er vor 20.000 Aktionären steht. Buffett steht auch für geschäftliches Geschick: Er hat gezeigt, dass sich langfristiges Engagement und rationales Vorgehen auszahlen.

Sie ärgern sich über überbordende Bürokratie. Was würden Sie sofort ändern, wenn Sie könnten?

Ich würde die Bürokratie beseitigen. Das mag sich vielleicht naiv anhören. Doch gibt die Wirtschaft in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamts jedes Jahr mehr als 47 Milliarden Euro aus, um knapp 9.300 Informationspflichten nachzukommen. Das ist grober Unfug und gehört abgeschafft. Erfolgreiches wirtschaftliches Handeln benötigt Handlungsfreiheit und keine Regulierungen. Der Staat hat die persönliche Freiheit zu schützen, sonst nichts.

Mit Ihrer provokanten Werbung riskieren Sie regelmäßig Klagen. Und nehmen Politiker gerne aufs Korn. Gibt es dafür einen bestimmten Grund?

Zunächst mal: Werbung muss Aufmerksamkeit erregen, sonst hat sie ihren Zweck verfehlt. Wichtig ist, dass die zentralen Botschaften hängen bleiben. Dazu darf und muss sie auch provokant sein. Unsere Kampagnen haben keinen politischen Hintergrund, sondern beherzigen lediglich diesen Grundsatz. Wenn aber ein Politiker Wasser predigt und Wein trinkt, dann fordert er die Satire geradezu heraus.

Es heißt, Sie wünschen sich durchaus Widerspruch und Diskussionen mit Ihren Mitarbeitern. Die meisten Chefs mögen in der Praxis aber lieber Schmeichler. Wie sehen Sie das?

Ein Unternehmen profitiert von Mitarbeitern, die widersprechen und Entscheidungen bezweifeln, wenn sie diese für falsch halten. Selbstständiges Denken führt immer zu besseren Ergebnissen. Nicht umsonst gelten wir als Innovationsführer und sind berühmt für unsere Ideen und die schnelle Umsetzung. Schmeichler dagegen kosten oft eher Geld und bestätigen, was man eh schon weiß. Deshalb machen mir unsere Auszubildenden und auch der Führungskräftenachwuchs viel Freude: Die junge Generation denkt pragmatisch und geht ideologiefrei ans Werk.

Sie gelten als Workaholic. Wie entspannen Sie sich? Stimmt es, dass Sie sich einfach unter einen Baum setzen? Reicht so einMoment?

Ich benötige zumindest kein Wellness-Center. Es reicht mir, die Natur zu genießen oder mich in einen Biergarten zu setzen. Aber ich denke auch nicht in traditionellen Kategorien: Freizeit gibt es für mich nicht, dafür macht es mir zu viel Spaß, das Unternehmen zu führen.

Es ist ein Vergnügen, neue Ideen umzusetzen, etwas aufzubauen und Mitarbeiter von den eigenen Zielen zu überzeugen. Das geht nicht, wenn ich zwei Wochen untätig im Liegestuhl sitze. Eine Horror-

vorstellung …

Zitat Erich Sixt: ´Deutschen wird Neid in den Genen weitergegeben.´ Haben Sie – als philosophisch interessierter Mensch – eine Erklärung dafür?

Neid ist eine Eigenschaft des christlichen Abendlandes. Arme kommen in den Himmel, Reiche haben da eher schlechte Karten. Das wird uns in Deutschland seit der Kindheit anerzogen. In den USA ist das anders: Die Vereinigten Staaten sind vom calvinistischen Denken geprägt worden. Reichtum auf Erden galt bei den Calvinisten als eine Gottgefälligkeit.

Sie sagen auch: ´Man kann nur erfolgreich sein, wenn man Geld verachtet.´ Aber wie wichtig ist für Sie die mit Geld verbundene Möglichkeit, gestalten zu können?

Geld ist für mich ein Maßstab für den unternehmerischen Erfolg. Und die meisten Unternehmer handeln verantwortungsbewusst und langfristig, weil die Mittel aus ihrer eigenen Tasche kommen. Sie sind nicht nur am Geld interessiert, sondern an der Herausforderung. Und sie gehen jeden Tag mit Besessenheit und Leidenschaft ans Werk. Dieses Ziel verfolge ich auch: Ich will mich nicht auf Erreichtem ausruhen, sondern den nächsten Gipfel in Angriff nehmen. Und da kann ich mir noch so einige vorstellen.