Staub wirbelt auf. Reiter und Pferd drehen im Halbmond um die gemeinsame Achse. Der Cowboy, der auf der Finca Bini bei Binissalem seine Runden dreht, ist Frank Mierwaldt. Manche nennen ihn „Pferdeflüsterer". Andere Cowboys kennen ihn als erfolgreichen „Reining"-Reiter, der in der Königsdisziplin des Western-Reitens schon fast alle Turniertitel erritten hat. Vor kurzem hat Mierwaldt auf Mallorca seinen ersten Western-Kurs gegeben.

„Unser wichtigstes Ausbildungsinstrument ist das Knotenhalsband", sagt Mierwaldt und lässt das geknotete Halfter mehrmals gegen den Bauch von „Lady Flit Bars" schwingen. Das goldene Fell der Stute zuckt leicht. Einen Schreck bekommt sie nicht. Mierwaldt geht es bei dieser Übung um Kommunikation und Vertrauen zwischen Reiter und Pferd.

Pferdeflüstern heißt für ihn, das Pferd mit sanften Methoden so zu trainieren, dass es seinem Reiter freiwillig folgt. Die nötige Konsequenz darf dabei nicht fehlen. Denn wie der Hund schätzt auch das Pferd eine klare Rollenverteilung. Das heißt für Mierwaldt aber nicht, dass er dem Pferd mit seinen Sporen weh tun wird. Er hält nichts von rabiaten Reitmethoden. Nicht beim Bodentraining auf dem Platz, nicht beim Reiten und nicht beim Verladen auf den Anhänger. Warum viele Pferde so eine Angst vor dem Anhänger haben, lässt sich auch durch ihren Fluchtinstinkt erklären.

Doch Mierwaldt kennt auch die andere Seite ihres Charakters. „Pferde sind die geborenen Nachläufer", erzählt er und zeigt durch ein paar Schritte weg vom Pferd, wie „Lady Flit Bars" ihm folgt. Nicht, weil sie ihm gehört, denn die zwölfjährige Stute ist seit ihrem ersten Lebensjahr das Pferd von Charlotte Hermann, die Mierwaldt zum Kurs auf die Insel geholt hat. Nein, das fremde Pferd folgt ihm, weil er ihm mit seiner Körpersprache vermittelt: Du kannst mir vertrauen. „Die Western-Disziplin „Reining" ist abgeleitet von dem Arbeitsstil der Cowboys", erklärt Mierwaldt. Schnelle Galoppzirkel wechseln auf langsame, große auf kleine. Bei sogenannten „Spins" macht das Pferd viermal eine 360-Grad-Drehung um die Hinterhand. Das spektakulärste Manöver des „Reining" ist das „Woah", bei dem die Hinterhand des Pferdes stoppt, während die Vorderbeine weiterlaufen. Auch ohne Halfter soll dieser Reitstil funktionieren. Mierwaldt formuliert es so: „Wenn du das Seil entfernst, bleibt nur noch eins: die Wahrheit." Gemeint ist die Frage, ob das Pferd den Reiter wirklich akzeptiert.

Das „American-Quater-Horse" ist vor 150 Jahren im Wilden Westen eigens für den Viehtrieb der Cowboys gezüchtet worden. Pferde dieser Rasse sollen einen angeborenen „Cowsense" haben, also keine Angst davor, auch nahe an die Rinderherde heranzugehen. Mit ihrer kräftigen Hinterhand und der leichten Vorderhand sind die Pferde sehr wendig.

„Das American-Quater-Horse ist auf der Viertelmeile das schnellste Pferd der Welt", sagt Mierwaldt und wirkt ein bisschen wie ein stolzer Vater. Und: „Diese Pferde können einen erwachsenen Menschen einen ganzen Tag lang tragen." Analog zu der Western-Rasse wurde in Südamerika das „Criollo" für die Gauchos in der Pampa gezüchtet. Doch laut Mierwaldt sind fürs Western-Reiten die meisten Pferde geeignet.

Mierwaldt ist selbst über das klassische Dressurreiten zum Western-Reiten gekommen. Das war vor 30 Jahren. Heute betreibt der 50-Jährige einen eigenen Trainingsstall bei Hamburg. Dort trainiert er auch die teuersten Western-Pferde und präsentiert er sie beim „Showing", wie man die Western-Vorführungen nennt. Ein eigenes Pferd hat er nicht. Warum nicht? „Trainer brauchen keine Pferde", sagt Mierwaldt. Und es wäre auch nachteilig fürs Geschäft, wenn sein eigenes Pferd beim „Sho­wing" besser laufen würde als ein Pferd seiner Kunden. Mierwaldt bildet auch Jungpferde aus, hilft bei ­Problemen und gibt Unterricht für Western-Schüler wie Western-Trainer.

Auch die Trainer auf Mallorca haben beim Pilotkurs auf der Insel die Gelegenheit genutzt und sich Tipps von Mierwaldt geholt. Die Organisatorin Charlotte Hermann ist begeistert von Mierwaldts Methode. Sie hat den Cowboy zum Kurs eingeladen und stellt mit ihrer Finca Bini und drei Pferden auch Kurs­ort und Leihpferde. Sie hat das Westernreiten schon vor 15 Jahren für sich entdeckt, reitet seit zwei Jahren Turniere in den Disziplinen „Trail" und „Horsemanship". Mit Mierwaldt möchte Hermann mehr Westernreiter nach Mallorca bringen und auch Freizeitreiter der Insel an die Disziplin heranführen. Im Herbst soll es den zweiten Kurs geben. Zuschauer erwünscht.

www.mierwaldt.de

In der Printausgabe vom 14. Juli (Nummer 584) lesen Sie außerdem:

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