Der Verkäufer in der Buchabteilung des Corte Inglés ist sicher: Dieses Buch wird bald aus dem Verkehr gezogen. Dabei ist es ein echter Kassenschlager: Innerhalb von drei Tagen war die erste Lieferung an das Kaufhaus ausverkauft und auf verschiedenen spanischen Bestsellerlisten liegt es seit Erscheinen auf Platz eins.

Die heiß begehrte Publikation trägt den Titel „La soledad de la Reina" (Die Einsamkeit der Königin). Autorin Pilar Eyre erzählt in ihrer nicht autorisierten Biografie der Königin von Spanien auch pikante Details von zahlreichen angeblichen Affären, die König Juan Carlos im Laufe der Jahre gehabt haben soll.

Die Gerüchte um außereheliche Liebschaften des Monarchen sind nichts Neues. Doch bisher galt in der spanischen Presse das ungeschriebene Gesetz: Alle reden davon, aber keiner schreibt darüber. Diese Hemmschwelle in der Berichterstattung ist unter anderem der Grund, warum Spanien in Sachen Pressefreiheit im internationalen Vergleich der Vereinigung Reporter ohne Grenzen auf Platz 39 landet – hinter Ländern wie Mali, Jamaika oder Costa Rica.

Die Monarchie steht unter besonderem Schutz. In Artikel 490 des spanischen Strafgesetzbuches ist festgeschrieben, dass Verleumdungen oder Beleidigungen der Königsfamilie mit Haftstrafen von sechs Monaten bis zu zwei Jahren bestraft wird. Zuletzt war der Paragraf im Jahr 2007 angewandt worden. Damals hatte die Satirezeitschrift „El Jueves" eine Karikatur von Thronfolger Felipe und seiner Ehefrau Letizia in eindeutiger Stellung im Ehebett auf der Titelseite abgebildet.

Noch am Erscheinungstag wurde die Ausgabe auf Betreiben des Königshauses hin verboten und an sämtlichen Verkaufsstellen konfisziert. Die beiden verantwortlichen Autoren erhielten im anschließenden Gerichtsverfahren eine Geldstrafe von jeweils 3.000 Euro aufgebrummt, zudem sind sie seitdem vorbestraft.

Die Autorin des jetzt erschienen Buches über die Königin, Pilar Eyre, war sich bewusst, dass sie sich auf dünnes Eis vorwagt. Die Journalistin ist dem Publikum aus den nachmittäglichen Klatschsendungen im spanischen Fernsehen bekannt. Doch ausgerechnet ihr Haussender Telecinco hat Eyre jetzt entlassen. So zumindest stellt die Journalistin es dar, die sowohl über Twitter als auch in ihrer Kolumne in der Tageszeitung „El Mundo" über den Rausschmiss berichtete. Laut Eyre hat der Sender ihr mitteilen lassen, dass auf Telecinco keine Berichterstattung über ihr neues Buch erfolgen werde und sie entlassen sei. Gegenüber der Online-Zeitung „periodistadigital" gab sich die Sendergruppe Mediasat kurz angebunden: „Frau Eyre braucht wohl dringend Werbung für ihr Buch." Doch nicht nur Telecinco habe die Journalistin für den Tabubruch abgestraft. Auch Telemadrid hätte sie eingeladen, ihr Buch vorzustellen – nur wenige Stunden vor der Aufzeichnung sei dann jedoch die Absage gekommen.

In Medienkreisen wird nun darüber spekuliert, ob sich das Königshaus aktiv in die mediale Behandlung der Biografie eingeschaltet hat oder ob es sich um vorauseilenden Gehorsam der Senderverantwortlichen handelt.

Für das Königshaus kommt das Skandalbuch zur Unzeit, wegen des Gerichtsverfahrens gegen Prinzessin Cristinas Ehemann Iñaki Urdangarin wegen mutmaßlicher Korruption ist die familia real derzeit ohnehin ständig in den Schlagzeilen. Im Umgang mit Urdangarin nimmt Sofía den spanischen Medien zufolge eine Sonderstellung ein. Während der König sich in seiner Weihnachtsansprache zumindest indirekt von seinem skandalgebeutelten Schwiegersohn distanzierte, eilte Sofía nach Washington, um Cristina und ihre Familie zu besuchen.

Der Hintergrund dieses Besuches wird bis heute diskutiert. Handelte es sich ausschließlich um die Unterstützung einer Mutter für Tochter, Schwiegersohn und Enkelkinder? Oder wollte sich das Königshaus durch diese „solidarische Mission" auch die Loyalität des ehemaligen Handballprofis Urdangarin sichern? Etwa um zu verhindern, dass der Baske sich ausgestoßen fühlt und Ende Februar vor Gericht mehr sagt, als dem Ruf der familia real zuträglich ist?

Die Klatschzeitung „Diez Minutos" titelte Anfang Januar, die Königin sei von der Unschuld ihres Schwiegersohns überzeugt und von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen hart getroffen „Sie weint den ganzen Tag", zitiert das Blatt Palastangestellte. Zudem berichtet es, Sofía habe Silvester mutterseelenallein im Palast verbracht: Cristina blieb mit ihrer Familie in Washington, Felipe und Letizia feierten mit den Eltern der Prinzessin, die älteste Königstochter Elena war bei Freunden zu Gast und der König auf der Jagd.

Neben dem Lebenslauf der gebürtigen Griechin findet sich in dem Buch auch eine neue Version einer dramatischen Begebenheit in der Jugend von Juan Carlos. Dieser hatte mit 18 Jahren im portugiesischen Exil seinen zwei Jahre jüngeren Bruder Alfonso erschossen. Ein Unfall, da ist sich auch die Buchautorin sicher. Doch sie will einen neuen Zeugen aufgetrieben haben, dessen Version von den bisherigen Berichten abweicht. Demnach hätten die beiden Brüder in einem Saal des Anwesens in Estoril abwechselnd auf eine an der Wand angebrachte Zielscheibe geschossen. Als Juan Carlos wieder an der Reihe war, erzählt der Zeuge, sei der kleine Bruder, den er als leichtfertigen und hyperaktiven Jungen beschreibt, direkt in die Schusslinie gelaufen.

Die glücklichste Zeit verlebte Sofía dem Buch zufolge zu Beginn ihrer Ehe. Zu verdanken gewesen sei dies ausgerechnet Franco. Der Diktator, der Juan Carlos als Nachfolger aufbauen ließ, hätte für den späteren König einen Verhaltenskodex aufgelegt. Dieser beinhaltete unter anderem die Vorschrift, ein untadeliges Privatleben zu führen und sich abseits der Arbeit in erster Linie Sofía und den Kindern zu widmen.

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