Mit einem Stapel voller Phantomzeichnungen stehen Jenny Ahlke (23) und ihre Schwester Christina (25) an der Playa de Palma. Jenny kommt aus Duisburg und sucht auf Mallorca den Vater ihres drei Jahre alten Sohnes Tyler, der im Kinderwagen in der Sonne schläft. Begleiten lässt sie sich bei ihrer Suche von einem Fernseh-Team von RTL.

Als Jenny mit 20 im zweiten Monat schwanger war, machte sich ihr damaliger Freund aus dem Staub. Das Jugendamt, das bisher für den Unterhalt von Tyler aufgekommen ist, hat sie jetzt aufgefordert, den Vater ausfindig zu machen, damit er seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommt. Anhaltspunkte hat sie wenige. Seine Familie lernte sie in den zwei Jahren, die sie mit Martin S. zusammen war, nie kennen. Aber von seiner Eigentumswohnung auf Mallorca hat er oft erzählt. Deswegen ist sie jetzt hier und sucht ihn.

Nachdem S. sie hat sitzen lassen, zog Jenny den Jungen mit Hilfe ihrer Mutter selbst groß. Eine Arbeitsstelle hat sie nicht, die Ausbildung zur Altenpflege-Helferin musste sie wegen der Schwangerschaft abbrechen. Über das Tattoo mit dem Namen des Ex, das sie auf dem rechten Unterarm trug, hat sie sich ein Sternenmuster stechen lassen. Auf dem linken Unterarm steht jetzt in geschwungenen Lettern der Name ihres Sohnes.

Anfang des Jahres sei sie durch Zufall auf ein TV-Team gestoßen. Man kam ins Gespräch, sie erwähnte die vergebliche Suche nach dem Vater ihres Kindes. Nach einem Casting habe ihr die Produktionsfirma angeboten, sie mit der Kamera bei ihrer Suche zu begleiten.

Um die Reise nach Mallorca zu finanzieren, habe Schwester Christina einen Kredit aufgenommen. Sie selbst musste auch mit, denn das Fernsehteam fand, das mache sich so besser. Jenny kennt sich nach vier Tagen schon gut aus, lässt Fachausdrücke wie „Schnittbild" fallen.

Unter der Adresse seiner angeblichen Wohnung ist Martin S. nicht zu finden. Also verteilen sie die Phantomzeichnungen an der Playa. Ein richtiges Foto von Tylers Vater hat Jenny leider nicht mehr. Die hat sie alle weggeschmissen, aus Wut darüber, dass er sie hat sitzen lassen. Auch bei Facebook konnte sie ihn nicht ausfindig machen, sein Allerweltsname ergibt Hunderte von Ergebnissen. Ein Treffer war nicht dabei. Die Fernsehleute haben ihr dann ein Programm auf dem Computer installiert, mit dem sie das Phantombild anfertigte.

An der Playa sind die Menschen hilfsbereit. DJ Düse hat im Bierkönig sogar eine Durchsage gemacht, berichtet Jenny. Und auch Fahrlehrer Micha aus Arenal hat versprochen, die Augen aufzuhalten. Vielleicht, so hofft sie, meldet sich ja jemand auf die Anzeigen, die sie auch in der Mallorca Zeitung hat schalten lassen. Ohne Phantombild, das Geld reichte nur für eine Kleinanzeige.

Wenn sie Martin S. findet, möchte sie vielleicht eine kleine Familie mit ihm gründen. Denn schließlich ist er doch irgendwie ihre erste große Liebe.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 1. März (Nummer 617) lesen Sie außerdem:

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