Es gab eine Zeit, da wurde Elke Sommer durchaus als eine Art ­internationale Film-Diva gehandelt. Damals, als sie in Hollywood eine nicht ganz kleine Nummer war. Aus dieser Zeit stammt etwa der Streifen „Der Preis" mit dem blonden Fräuleinwunder und dem unvergessenen Paul Newman.

Doch diese Zeit begann erst nach 1962. In jenem Jahr – also vor genau einem halben Jahrhundert – war Elke Sommer gerade mal ein bisschen über 20 Jahre jung und nur in Deutschland leidlich bekannt. Und wie das so ist, wenn man noch keine Berühmtheit ist, musste sie auch das ein oder andere nicht ganz so attraktive Angebot annehmen, um Geld aufs Konto und Essen auf den Tisch zu bekommen.

Und so ließ sich Elke Sommer vom sich nach Jahrzehnten harter Diktatur langsam aufweichenden und der Außenwelt öffnenden Franco-Regime für ein luftig-gefühliges Schönwetter- und Schöne-Landschaften-Melodram mit dem Originaltitel „Bahía de Palma" (zu Deutsch: „Spiel und Leidenschaft") engagieren – ein Film, der round about von einem auf der Insel weilenden Konzert-Pianisten (gespielt von Arturo Fernández) und dessen Liebeleien handelt und von spezialisierten Online-Lexika entweder ignoriert oder nicht gerade als ­herausragendes Qualitätsprodukt gewürdigt wird.

Käme in diesem Streifen nicht ein im damaligen Spanien undenkbarer Vorgang vor, wäre er inzwischen möglicherweise dem Vergessen anheim gefallen: Elke Sommer bewegte sich – prall und ansehnlich wie sie damals war – mit verträumtem Engelsblick im Bikini über die Strände!

Noch heute sorgt in Spanien für Verwunderung, wie es passieren konnte, dass die Zensur des klerikal-faschistischen Regimes dergleichen zuließ. Als völlig normal galt etwa, dass nicht verheiratete Paare in Hotels getrennte Zimmer beziehen mussten. Und zeigte sich damals eine spanische Frau an einem Strand in einem Bikini, wurde sie in der Regel von der Guardia Civil gemaßregelt, wenn nicht gar gleich als sündige Quasi-Hure abgeführt.

Dass die katholische Kirche Sturm gegen den Streifen lief, versteht sich fast von selbst: Sie stufte das Werk für sämtliche Altersgruppen als „sehr gefährlich" und „nicht empfehlenswert" ein.

Es ist wohl so, dass das Ungeheuerliche geschehen konnte, um im Ausland einen nicht allzu prüden Eindruck zu hinterlassen. Schließlich hatte sich der damalige Tourismusminister Manuel Fraga Iribarne – er starb erst voriges Jahr – in den Kopf gesetzt, solvente Touristen an die spanischen Strände zu locken – gerade aus „Alemania", England und anderen kühleren Nord-Ländern, in denen die Moralvorstellungen auch damals schon nicht gar so streng wie am Mittelmeer waren. Klar, dass da eine wie die Sommer gerade recht kam.

Der Film mit der deutschen Bikini-Frau lockte die Menschen in Spanien in Massen an. In Madrid lief er geschlagene drei Monate – ungewöhnlich lang. Die Menschen hätten sich bereits im Voraus mit Tickets eingedeckt, um bloß hereinzukönnen, erzählt Arturo Fernández. Und dies trotz entschärfter Film-Plakate: Die Schauspielerin wurde von den Zensoren in ein Jäckchen gesteckt, um den Hals trug sie ein Kreuz, der Bikini war nicht zu sehen. Um neugierige Minderjährige vom Gang in die Kinosäle abzuhalten, bezogen dort gar Angehörige der Guardia Civil Position.

Beim Dreh selbst kam heiliger Ernst allerdings nicht vor: Zwei „lustige Monate" habe alles gedauert, so Arturo Fernández. Man habe in Palma, Santa Ponça, am Kap Formentor und in Andratx Aufnahmen gemacht, um so die Schönheiten der Insel dem geneigten Publikum zu vergegenwärtigen.

Dass die vom Schicksal gebeutelten Nachkriegs-Deutschen auch wegen des auch bei ihnen erfolgreichen Bikini-Films zunehmend den Drang verspürten, auf das geschickt als warmer Garten Erden promotete Mittelmeer-Eiland zu kommen, ist nicht verwunderlich – Elke Sommer, Arturo Fernández , den weiteren Darstellern und Manuel Fraga Iribarne sei Dank.

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