Ein wenig unheimlich-abgründig kommt Beatrice de Son Bages auf den ersten Blick schon rüber, wie sie so daherschreitet. Mit ihren pechschwarzen Fummeln, Ohrringen und Ketten und dem auffallenden Kreuz am Hals. Doch nein, die ausgebildete Architektin und erfahrene Finca-Betreuerin, die demnächst im Kloster Montisión bei Porreres „aus Leidenschaft", wie sie sagt, ein Konzert mit ­Gothic-Musik veranstaltet, ist ausgesprochen umgänglich. So wie ihren Angaben zufolge die meisten Anhänger dieser in den 60ern entstandenen Lebensform. Weder werden Fledermäusen die Köpfe abgebissen, noch labt man sich an den Innereien von Schweine­därmen, noch schläft oder kopuliert man nachts in Särgen, noch nagelt man Frösche an Kreuze.

„Gothic ist eine offene und friedliche Subkultur", sagt Beatrice, die sich wie bei den Schwarzgekleideten üblich ein Pseudonym zugelegt hat und bürgerlich Göbel heißt. Viele Christen befänden sich unter ihnen, man sei notorisch unaggressiv und relaxed und politisch „völlig offen", wenn auch auf keinen Fall rechtsextrem. „Spinnen" täten lediglich fünf Prozent und das auch nur vielleicht.

Und so verwundert es nicht, dass auch die beiden Mitglieder der deutschen Band „Die ­Untoten", die bei Santanyí wohnen und nebst ihrem Kind zum Fototermin am Kloster auftauchen, so nett und unprätentiös wie Beatrice sind. Sie heißen ­Zebastian „Lupus" Gatzke und Greta Csatló. Er gründete die Gruppe 1996 und sie singt. Mit den anderen, in Deutschland lebenden Mitgliedern wird am 3. November im Klosterhof ab 15 Uhr richtig düster einer draufgemacht, und zwar zusammen mit der spanischen Progressive-Metal-Band „Hyde XXI". Und das alles, so sagen sie, mit dem Segen des Pfarrers von Porreres.

Ja ja, die Musik. „80 Prozent macht sie bei den Gothics aus", weiß Beatrice. Man steht in der Szene auf Musiker wie die legendäre 80er-Gruppe The Cure. Und auf die deutsche 90er-Band mit dem eigentümlichen Namen Goethes Erben. Auch die legendären Doors werden akzeptiert, Songs etwa wie „Riders on the Storm" machen jeden Gothic ganz kirre. Ebenfalls wichtig: Accessoires wie Engel, Raben, Kreuze und Kerzen. Und mystische und besinnliche Orte wie Fried­höfe oder die auf Mallorca so zahlreichen Talayot-Ruinen, und die am liebsten, wenn´s richtig schön windig und trüb ist.

Beatrice de Son Bages ist seit 18 Jahren Insulanerin und schätzt die Landschaft sowie das „menschliche Umfeld", das sehr an Italien erinnere, woher eine ihrer Großmütter stamme. „Ich mag die Mallorquiner, und die Mallorquiner mögen mich." Vor erst zwei Jahren kam sie bei einem Gothic-Festival in Leipzig mit etwa 60.000 Leuten auf den Geschmack. Im vergangenen Jahr hatte sie dann erstmals auf Mallorca ein Treffen organisiert, dessen Teilnehmerzahl allerdings überschaubar blieb. Das soll diesmal anders werden.

Das Gothic-Happening auf der Insel beschränkt sich nicht nur auf das Konzert, wie Beatrice sagt. „Es findet wie im vergangenen Jahr auch ein viktorianisches Picknick am Strand von Es Molinar statt - am 4. November von 14 Uhr bis zum Sonnenuntergang." Wer mitmachen will, sollte tunlichst in schwarzer Kleidung auftauchen. Und auch die Kultur kommt - man ist in der Regel gebildet unter den Gothics - nicht zu kurz, etwa mit einer Führung durchs vorgeschichtliche Museum im Bilderbuch-Dorf Montuïri (5. November/11 Uhr) oder einem Abstieg in die Katakomben des Hauptfriedhofs von Palma (8. November/16.30 Uhr). Auch die Besichtigung der Taufkapelle des zentralmallorquinischen Kaffs Pina mit schön beklemmenden Teufelsmotiven (5. November/13 Uhr) darf nicht fehlen. Und das alles solle ganz friedlich und easy vonstattengehen, so wie das eben bei den Gothics ist.

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