Ab Freitag (11.1.) werden bei RTL wieder Dschungelcamp-Folgen ausgestrahlt - unter anderem mit Schauspieler Helmut Berger und Kaufhaus-Erpresser Arno „Dagobert" Funke. Kommentiert wird das Geschehen von Sonja Zietlow; für die Gags ist ihr Mann Jens Oliver Haas (46) verantwortlich. Beide leben einen Teil des Jahres in Artà im Nordosten von Mallorca. Haas antwortet per E-Mail aus ­Australien auf die Fragen der MZ.

Wie inspiriert man sich auf ­Mallorca für ein Dschungelcamp in Australien?

Gar nicht. Auf Mallorca tanken wir Kraft für die 19 härtesten Tage unseres Jahres. Und hinterher erholen wir uns auf Mallorca davon. Die Inspiration kommt von alleine durch das, was im Camp passiert. Wir haben gelernt, dass der Dschungel immer am besten ist, je weniger man plant, vorarbeitet oder erwartet. Bisher wurden wir immer überrascht, und meistens positiv.

Sie wohnen zeitweise in Artà - mit Sonja Zietlow und drei Hunden. Was bringt das Ihrer Arbeit als Gag-Schreiber?

Abstand. In meinem Job hat man nie Dienstschluss. Mein Büro und mein Arbeitsgerät sind mein Kopf - den kann ich weder abschalten noch irgendwo abstellen. In Deutschland bin ich immer im Dienst, ob ich jetzt bei Facebook poste, eine Mail schreibe oder durch die Agenturen und News-Portale surfe. Auf der Insel können wir abschalten, weil wir die Nebensachen zur Hauptsache machen: Wandern, Kochen, Einkaufen oder mal einen Film anschauen, ohne sofort nur auf Drehbuch oder Regie zu achten.

Was hat Sie nach Mallorca geführt? Und warum Artà? Das gilt ja als jwd€

Meine Mutter kommt aus Valencia und hat als junges Mädchen länger auf Mallorca gelebt. Meine Frau und ich haben auf Mallorca geheiratet - und als wir irgendwann beschlossen, uns innerhalb von zwei Flugstunden ein Winterdomizil zu suchen, kam nur die Insel in Frage. Und mit unseren drei Hunden kann es uns gar nicht abgelegen und ruhig genug sein. Trubel, Party, Bussi-Bussi und Sektempfang haben wir in unserem normalen Leben genug. Deshalb lieben wir auch den Winter auf Mallorca, wenn wir die Strände für uns haben, und die Hunde mit ans Wasser können.

Wie stellen Sie es an, unter Zeitdruck permanent auf originelle Witze zu kommen?

Das ist mein Beruf. Wenn ich das nicht könnte, wäre ich da falsch. Und wenn es wirklich mal hart auf hart kommt, kann man sich als ­Autor immer noch mit Handwerk über den Tag retten. Schreiben und Humor ist auch nur ein Beruf, den man lernen kann - und vor allem lernen sollte.

Wie muss man beschaffen sein, und was muss man möglichst beruflich gemacht haben, um ein ­guter Gag-Schreiber zu werden?

Ein bisschen bekloppt muss man schon sein. Lachen entsteht immer durch Überraschung, Erleichterung und Freude. Also muss ein guter Gag-Schreiber immer das suchen, womit die Leute nicht rechnen. Wer als Comedy- oder TV-Autor immer nur von A nach B denkt, ist bei uns falsch. Ansonsten ist die Truppe der Autoren genauso bunt und vielfältig wie unsere Arbeit. Da gibt es jeden Charakter: Vom Klassenkasper bis zum Langweiler ist alles dabei - wobei die vermeintlichen Langweiler oft die Lustigsten sind. Und die Klassenclowns, „die schon immer zum Fernsehen wollten", oft verpuffen wie Silvester-Raketen.

Die Kommentare beim Dschungel­camp gehen zuweilen über die Schmerzgrenze hinaus. Hat Ihr Vorleben als „Bild"-Reporter Sie zu einem Zyniker gemacht?

Ich empfehle mal unsere Texte neben die Texte der Kollegen von den Zeitungen und Zeitschriften zu legen und zu vergleichen. Sie werden mit Erstaunen feststellen, wie charmant unsere Spitzen wirken, wenn man sieht, wie stumpfsinnig und tumb da sogar in vermeintlich anspruchsvollen Medien sprachlich drauf gehämmert wird. Unser kreatives Kleeblatt Sonja, Daniel und mein Autoren­kollege Micky Beisenherz und ich bewegen uns ja tagtäglich im gleichen Umfeld wie die Dschungel-Stars - das ist zumindest bei einigen der Plan. Das müssen wir bei jedem Spruch immer im Hinterkopf haben. Und das einzige, zu was mich „Bild" gemacht hat, ist zu einem hervorragenden Rechercheur, der rechtzeitig gemerkt hat, dass er für „Bild" nicht abgebrüht genug ist.

Wie sehen Sie die Zukunft des Dschungelcamps nach Dirk Bachs Tod, zumal der ja durch die Art, wie er Ihre Gags vortrug, besonders viele Menschen vor die TV-Schirme lockte?

Dirk ist nicht zu ersetzen. Und wir merken jetzt in Australien erst so richtig, wie er uns auch privat fehlt. Dirk und Sonja sind ja mehr als nur die Moderatoren des Formates gewesen. Das hier ist 16 Tage lang wie eine Familie, und unsere kleine Welt dreht sich um unsere zwei schillernden Fixsterne. Wenn Dirk nachts immer bunt und laut wie ein Pfau bei uns auf der „Base" aufschlug, dann ging so richtig ein Ruck durchs Team, das bis dahin ja schon fast am Ende seiner Knochen-Schicht war. Aber weil das hier ein Team ist, werden wir auch ohne Dirk erfolgreich sein. Der Dschungel ist ein Format, das allen Beteiligten erlaubt, ihr Bestes zu geben. Weil wir hier alle machen dürfen, was wir am besten können und für richtig halten. Und weil auch Daniel Hartwich ein Besessener ist und seinen Job so sehr liebt wie beherrscht, wird das auch mit ihm ganz wunderbar werden.

Überkommt Sie angesichts der Leute, die sich im Dschungelcamp tummeln, nicht manchmal eine gewisse Scham?

Ich schäme mich für Dummheit, Arroganz und Ignoranz. Und die finden Sie im Dschungel-Camp genauso oft und wenig wie überall. Nach sechs Staffeln mit über 60 Kandidaten wissen wir alle, dass unsere Sendung eine gewaltige Plattform bietet. Was jeder daraus macht€ das ist die Sendung. Und wird von uns gnadenlos kommentiert.

Sie beliefern auch Rand­gruppen-Formate wie „Big Brother" mit Witzen. Haben Sie da nicht manchmal Bauchschmerzen?

„Big Brother" ist ein Format, das die deutsche TV-Landschaft maßgeblich mitgeprägt hat. Die Macher wollten in der Jubiläumsstaffel noch einmal Akzente setzen und haben gehofft, dass ich dazu beitragen kann. Das ist uns gelungen, und die zehnte Staffel war ein voller Erfolg. Ich wüsste nicht, warum ich darauf etwas anders als stolz sein soll. Und mit dem plakativen Begriff „Randgruppe" sollte man vorsichtig sein. Ich hab ja auch kein Problem, einer Randgruppen-Zeitung ein Interview zu geben.

Wo sehen Sie für sich - was Witze und Zoten angeht - eine Grenze, die man nicht überschreiten darf?

Die Frage ist die Antwort. Wenn der Witz zur Zote wird, muss man genau überlegen, ob es das wert ist. Im günstigsten Falle stellt man sich bei jedem Gag vor, wie man zwei Wochen später vor dem Betreffenden steht und sagt: „Hallo, ich bin der Oliver - ich hab den Spruch XY über dich geschrieben." Wenn ich dann weiß: Ja, das war gerechtfertigt, und ich stehe dazu - dann ist alles in Ordnung. Man darf nur nie vergessen, dass wir in der Position sind, Humor auch als Waffe und Gags als Munition zu benutzen. Wir können Menschen weh tun und sie sogar schwer verletzen. Also haben wir auch Verantwortung.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 10. Januar (Nummer 662) lesen Sie außerdem:

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