Das Treffen könne frühestens ab 13 Uhr stattfinden, sagt der am Ballermann als Steve Young bekannte Sänger: „Da klingelt bei mir gerade erst der Wecker, schließlich steh´ ich bis 4.30 Uhr im Bierkönig auf der Bühne", erklärt der Mann, der im bürgerlichen Leben Wolfgang Jung heißt und mit seinen 67 Jahren am kommenden Samstag sein 50-jähriges Bühnenjubiläum feiert.

Gerade einmal 17 war er bei seinem ersten professionellen Auftritt in einer Diskothek in Düsseldorf. „Da ging die Muffe - und zwar sehr lange", erinnert sich der in Osnabrück aufgewachsene Entertainer. Schon während der Ausbildung zum Werkzeugmacher hatte er nebenher Musik gemacht, und nach dem Auftritt in Düsseldorf und vor allem nach der ersten Gage entschied er sich ganz für die Musik.

Jung gründete eine Band, die ständig wuchs und mit ihrem Repertoire - „wir spielten die Musik der Zeit, Mr. Tambourine von the Byrds und solche Sachen" - auch international gut ankam. Also musste auch ein passender Name her: Zunächst hießen sie „The Young Ones", später dann „Steve Young Band" - und unter diesem Namen tritt Jung seit nunmehr 40 Jahren auf.

Zunächst lange in der Schweiz, wo Tanzlokale mit Live-Bands der große Renner waren. Bald aber auch auf der Insel: 1979 kam er zum ersten Mal nach Mallorca - der einstige Saalchef aus Düsseldorf, bei dem er zum ersten Mal auf der Bühne gestanden hatte, leitete mittlerweile einen Musikclub in Arenal und buchte Jung und Band für einen Auftritt im Gran Joy. Dort sah ihn ein Berater von Tolo Cursach, dem einheimischen Big Player in Arenal - und überzeugte seinen Chef davon, den Deutschen für das Riu Palace zu verpflichten.

„Musikalisch waren das ganz andere Zeiten. Im Riu gab es abends noch Showtime mit Orchester, das war richtig pompös." Doch nach neun Jahren waren „sowohl wir als auch die Gäste" etwas älter geworden. Also kaufte Cursach das heutige Paradies - „den Laden hat er praktisch für mich gemacht" - und verfrachtete die erfolgreiche Band mitsamt den 30- bis 40-jährigen Gästen dorthin. Nachdem Jung den Club etabliert hatte, wurde er für Cursach eine Art Joker: „Er hat mich da hin geschickt, wo es gerade gebrannt hat. Lief der Laden wieder, ging´s für uns in den nächsten."

In seinen langen Jahren im Musik-Business hat Jung unzählige Kollegen kennengelernt: Den Queen-Gitarristen Brian May kutschierte

er zwei Wochen lang in seinem Privat­auto vom und zum Festival in Montreux, Matthias Reim war der unbekannte Keyboarder, der ihn bei Aufnahmen für Dino Music im Studio begleitete, Udo Jürgens besuchte ihn häufig im Paradies.

Fast hätte es auch mit der Platten-­Karriere geklappt - gleich mehrmals. Doch Jung schien vom Pech verfolgt: „Sobald ich eine Platte aufgenommen und mein Lied zum ersten Mal im Radio gehört hatte, ging das Label vier Wochen danach pleite." Das passierte ihm nicht nur bei der Firma Deutsche Vogue, sondern auch bei Dino Music oder K-Tel. „Ich war dazu verurteilt, mein Geld mit Live-Auftritten zu verdienen", sagt er lachend. „Da hat sich da oben wohl jemand gesagt: Der muss reisen und auftreten."

Auch mit 67 begeistert er also die Mallorca-Urlauber, die ihn auf seiner Facebook-Seite als „den wahren König von Mallorca" bezeichnen: „Das junge Publikum ist begeisterungsfähiger als das ältere - da sind es vor allem die Frauen, die dann doch aufstehen und mitflippen. Aber die Jungen machen das ganz automatisch."

Und wissen oft ganz genau, wer Steve Young ist. Mittlerweile kämen Jungs und Mädchen direkt auf ihn zu: „Meine Mutter hat gesagt: ´Geh mal gucken, ob der Steve noch da ist´", berichten sie ihm dann. „Teilweise kommt sogar schon die dritte Generation, bei der die Oma mich noch hat spielen sehen. Bei der vierten Generation meld´ ich mich dann bei Joopi Heesters, und wir singen gemeinsam im Himmel ein Ständchen." Selbst im Winter-Exil im thailändischen Pattaya werde er angesprochen: „Steve, wann biste wieder auf Malle?", wollen die Landsleute dann von ihm wissen.

Dass er immer noch auf der Bühne steht, war eigentlich nicht geplant. „Mit 50 wollte ich aufhören", sagt er. Doch dann habe er in finanziellen Dingen den falschen Personen vertraut, und das finanzielle Polster war plötzlich weg.

Den großen Kick erfuhr Jung vergangenes Jahr: „Ich sollte zur EM probehalber mittags im Bier­könig spielen. Vor einem Publikum mit Durchschnittsalter 20! An dem Tag war ich wirklich oft auf der Toilette." Eigentlich hätten ihm die Chefs nach drei Tagen Bescheid sagen sollen, ob seine Gigs verlängert werde oder nicht - doch von Anfang an sei es so brechend voll gewesen, dass er ganz ohne weitere Gespräche einfach für den Rest der Sommersaison gebucht worden sei.

In der Nebensaison braucht Cursach ihn nun wieder „da, wo´s brennt" - seit Montag (9.9.) spielt die Steve Young Band im Salsa Rosa. Dort findet am Freitagabend (13.9.) ab 22 Uhr übrigens auch die Feier zum runden Bühnenjubiläum statt - für Fans und solche, die es werden wollen.

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