Zur Krönung des neuen spanischen Königs Felipe VI. an diesem Donnerstag im Palacio Real in Madrid sind, anders als allgemein üblich, keine Vertreter europäischer Königshäuser oder Staatschefs geladen. Nicht einmal der scheidende Monarch Juan Carlos und Königin Sofía werden unter den Gästen sein. Dafür aber rund 2.000 ausgewählte Vertreter der spanischen Gesellschaft, darunter auch Gewerkschaftsführer und Mitglieder von Wohltätigkeitsverbänden. Auf den Pomp früherer Tage soll verzichtet werden. Mit der Krönung will das Königshaus schließlich ein Zeichen setzen in Zeiten, in denen ein Großteil der Spanier unter den Folgen der Wirtschaftskrise leidet.

Felipe VI. ist sich wohl bewusst, dass vor ihm ein gewaltiges Stück Arbeit liegt, um die Anerkennung und das Vertrauen seiner Landsleute in die Institution wiederzugewinnen. Nach der zu diesem Zeitpunkt überraschenden Abdankung von Juan Carlos am 2. Juni brach im ganzen Land ein in diesem Ausmaß ebenso wenig erwarteter Proteststurm gegen die Monarchie aus. Auf Dutzenden Demonstrationen forderten Zehntausende, meist junge Spanier die Einführung einer Republik oder zumindest eine Volksabstimmung über die zukünftige Staatsform nach dem Ende der 39-jährigen Regentschaft von Juan Carlos.

Dieser Forderung schlossen sich auch die linken Parteien und die linken Nationalisten im Parlament an, die bis zur letzten Abstimmung über die Abdankung am Dienstag (17.6.) im Senat für ein Referendum warben. Doch die beiden Volksparteien, die konservative PP und die sozialistische PSOE, ließen keine Diskussionen zu und brachten die notwendigen Gesetzesänderungen schnell durch die Instanzen.

Spaniens Politiker hatten während der vergangenen Jahrzehnte offenbar keine Zeit gefunden, um den gesetzlichen Rahmen der Thronfolge im Falle einer Abdankung auszuarbeiten. So wird nun noch eifrig am rechtlichen Status für das scheidende Königspaar gearbeitet. Es geht im Wesentlichen darum, Juan Carlos ein hohes Maß an Sicherheit vor Strafverfahren zu gewähren. Er darf sich weiterhin als „Rey" ansprechen lassen und bleibt als Generaloberst der Reserve den Streitkräften verbunden.

Juan Carlos verdankte den Thron seinerzeit dem Willen des Diktators Franco, verdiente sich aber mit seinem Einsatz für die Demokratie in Spanien den Respekt der Bürger. Sein Sohn Felipe muss, trotz aller Sympathien für ihn, erst noch seine Feuerprobe bestehen. Für Rosa Díez, die Vorsitzenden der Zentrumspartei UPyD, ist der Nachfolger eine Art König in der Probezeit. „Er muss durch seine Arbeit erst noch das Vertrauen der Bürger gewinnen", sagte sie am Dienstag.

Klar ist, dass sich das neue Oberhaupt der Bourbonen keine Patzer leisten kann, da sonst die Straßen sofort wieder voller republikanischer Flaggen wären. Die Ablehnung der Monarchie hat nach Umfragen zwar keine Mehrheit in der Bevölkerung, sie ist aber bei den unter 30-Jährigen am Stärksten ausgeprägt. Felipe ist sehr interessiert an den Strömungen und Schwankungen in der öffentlichen Meinung, die er nach Angaben von Mitarbeitern auch intensiv über die sozialen Netzwerke verfolgt. Kenner können sich unmöglich vorstellen, dass er sich wie sein Vater mitten in einer schweren Rezession bei der Elefantenjagd in Botswana erwischen lassen könnte.

Felipe hat es in jüngster Zeit verstanden, sich von den Skandalen des Königshauses zu distanzieren, was sich in recht guten Umfragewerten auszahlt. So hat er trotz aller Verbundenheit von seiner Schwester Cristina und deren Ehemann Iñaki Urdangarin, die sich wegen unlauterer Geschäfte vor Gericht verantworten müssen, deutlich Abstand genommen. Das Paar ist zu keinem der Staatsakte der Krönung eingeladen worden.

In den vergangenen Monaten, in denen über einen möglichen Thronverzicht von Juan Carlos gemunkelt worden war, hatten der bisherige Prinz und seine Frau Letizia ­gewissenhaft an ihrem Image gearbeitet. Seit der Abdankung haben sich nun die öffentlichen Auftritte - Ausstellungseröffnungen, Preisverleihungen oder etwa die Amtseinführung des neuen Präsidenten von El Salvador - vervielfacht. Besonders häufig war das junge Paar in diesem Jahr in Katalonien zu Besuch, und das nicht ohne Grund, denn in dem abtrünnigen Landesteil planen die Nationalisten im November auch ohne juristische Grundlage eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit.

Der 46-jährige neue König engagiert sich dabei schon länger in Katalonien, wo er etwa die Stiftung Príncipe de Girona aufgebaut hat, in der viele katalanische Unternehmen eingebunden sind. Kataloniens Ministerpräsident Artur Mas, von den konservativen Nationalisten der CiU, bat den neuen König nun darum, im verfahrenen Streit mit der Zentralregierung in Madrid als Schlichter einzugreifen. CiU hat einen ambivalenten Standpunkt in der Debatte um das Königshaus eingenommen. Die Partei respektiert das neue Staatsoberhaupt, hält aber unbeirrt am Kurs Richtung Abspaltung fest. Mas wollte der Krönung erst fernbleiben, änderte dann aber seine Meinung.

Dem König sind in politischen Themen die Hände gebunden und alle öffentlichen Reden müssen von der Regierung abgesegnet werden. Mit kleinen Gesten und Hintergrundgesprächen könnte Felipe VI. jedoch seinen Teil zur Überbrückung der Differenzen beitragen, falls das überhaupt noch möglich sein sollte.

Um die Popularität im spanischen Unternehmerlager muss sich das neue Staatsoberhaupt dagegen nicht sorgen. Zum jährlichen Treffen der Mäzene der Stiftung Prinz von Asturien, nur eine Woche nach der Abdankung von Juan Carlos, erschienen diesmal, anders als üblich, die Vertreter aller 75 Sponsoren, welche die führenden Unternehmen und Banken des Landes einschließen.