Wenn David Carreras auf die spanische Filmbranche zu sprechen kommt, verfinstert sich seine Miene in Sekundenschnelle. „Hier muss man dankbar sein, überhaupt als Regisseur arbeiten zu dürfen", stößt er hervor. Der 53-Jährige sitzt an einem Tisch im Café Central in Sóller, wo er seit zehn Jahren wohnt. Sein Blick, der entfernt an den von Frauenschwarm George Clooney erinnert, schweift flackernd und wütend auf die Plaza Constitución. Früher - vor der Wirtschaftskrise - war Carreras gut beschäftigt im spanischen Filmgeschäft, drehte etwa Serien wie „Hospital Central" für den TV-Kanal „Telecinco". Doch dann brach der Werbemarkt ein. Würde er sich jetzt beruflich nur in Spanien betätigen, wäre dies sein Ende, sagt er.

Andererseits hat der lange Jahre auch als Produzent tätige Regisseur gut Lachen. In Deutschland wird seine Arbeit sehr wohl gewürdigt. „Sieben bis acht Monate im Jahr halte ich mich in München, Düsseldorf, Erfurt oder sonstwo auf", sagt er. „Im Augenblick bin ich für die ARD-Krimi-Reihe ´Heiter bis tödlich´ tätig, für das ZDF drehe ich Sequenzen für ´Aktenzeichen XY ... ungelöst´." Auch in seichteren Gefilden tummelt sich der gebürtige Katalane seit Jahren - etwa als Regisseur von Folgen der ARD-Krankenhausserie „In aller Freundschaft" oder vor einigen Jahren des ZDF-Formats „Julia - Wege zum Glück".

Den Anfang machte 1994 ein Drehbuch für eine Sitcom zum Thema Kochen. Ein Freund hatte mit ihm gewettet, dass er damit in Deutschland landen könnte, Carreras versuchte es einfach mal. Dann kamen immer mehr Aufträge, und der Spanier verbesserte sein Deutsch so sehr, dass er es jetzt fast perfekt spricht. Beim Dreh einer Folge von „Lena - Liebe meines Lebens" lernte er zudem 2011 seine Lebensgefährtin Jenny Jürgens kennen.

In welchen Genres er gerade unterwegs ist, sei zweitrangig. „Wichtig ist doch, zu drehen und damit den Lebensunterhalt zu verdienen", sagt er und nippt an einem Glas ­Weißwein. Würde er sich nur Intellektuellem widmen, etwa - wie bereits geschehen - einem Film über den Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger, ginge er am Bettelstab. „Meine Leidenschaft ist, Geschichten zu erzählen, und das macht mich glücklich."

Zu David Carreras beruflicher Zufriedenheit trägt auch die Tatsache bei, in Deutschland als Troubleshooter zu gelten. „Wenn ein Team nicht funktioniert, dann holt man mich von außen." Die Film- und Fernsehbranche in Deutschland sei hierarchisch sehr starr durchstrukturiert, Ängste spielten dort eine große Rolle, und da er jeden am Set - vom selbstverliebten Star bis zur scheuen Catering-Kraft - gleich behandele, helle sich das Klima schnell wieder auf. Dass er mit seiner unkomplizierten Art im Land des totalen Ernstes ebenfalls gut ankommt, weiß er, wiewohl er dort nicht den hallodrihaften „Mariachi" gibt, wie er sagt.

David Carreras sieht Mallorca nicht nur als Ort, um zwischen den Drehs zu entspannen. „Mein Traum ist, in Sóller das schon jahrzehntelang leer stehende ´Fantasio´-Kino zu einem Kulturzentrum vor allem für Kinder umzugestalten", sagt der Bewunderer von Uruguays linkem Präsidenten José Mújica und bekennende Anhänger der neuen Podemos-Bewegung in Spanien, die bei Umfragen weit oben liegt. Dieses Kino sei ein „magischer Ort". Das Projekt will er mit der Kommune und privaten Geldgebern umsetzen. Außerdem hat Carreras vor, leer stehende Tunnel auf einem ehemaligen Militärgelände bei Port de Sóller kulturell aufzuwerten - mit Konzerten etwa.

Ganz glücklich schaut er dabei nicht drein, weil er in punkto Kulturplanung schlechte Erfahrungen auf Mallorca gemacht hat. 2010 wollte Carreras ein Filmfestival namens „Maiff" auf die Beine stellen. Das scheiterte daran, dass die von dem damaligen Tourismus­minister Miquel Nadal zugesagten Gelder verschwanden. Der Politiker der inzwischen aufgelösten Regionalpartei Unió Mallorquina sitzt wegen Korruptionsdelikten mittlerweile im Gefängnis. David Carreras ist noch heute darüber empört, wie sein Festivalprojekt damals gegen die Wand gefahren worden sei. Die Kulturpolitik in Spanien im Allgemeinen und auf Mallorca im Besonderen sei seit vielen Jahren ein „Desaster".

Aber Carreras ist nicht einer, der zu oft herumlamentieren will. „Bei allem Ärger schaue ich in die Zukunft und will Probleme lösen." Vielleicht ändere sich in Spanien ja dermaleinst was zum Positiven. Deswegen betreibt er auf der Insel weiter eine Produktionsfirma namens „Mallorca Shots". In den vergangenen Krisenjahren drehte Carreras damit zwar keine großen Filme, aber einige Werbestreifen für Fernsehen und Internet, etwa für Nivea oder Gillette, sprangen heraus. Immerhin.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 16. Oktober (Nummer 754) lesen Sie außerdem:

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