Just am 11. November um 11.11 Uhr, als in Düsseldorf die fünfte Jahreszeit anbrach, saßen ein paar Exil-Jecken im Deutschen Eck´ an der Playa de Palma. Die Kneipe von Michael Bohrmann ist nicht nur ein beliebter Residenten-Treffpunkt, sondern seit jeher auch die Mallorca-deutsche Karnevalshochburg. Zum vollkommenen Glück fehlte aber zuletzt ein im Rheinland unverzichtbares Element der närrischen Tage: ein Prinzenpaar. „Bei einem Bierchen" habe man deshalb noch am selben Tag die „interne Proklamation" von Ernst I. und Sabine I. vorgenommen, erzählt Wirt Bohrmann.

Das aus Düsseldorf stammende Rentnerpaar, das seit 15 Jahren auf der Insel lebt, kann bereits Erfahrung als Prinzenpaar vorweisen. Sowohl in der Karnevalssaison 2007/2008 als auch 2009/2010 haben Ernst und Sabine Siebert an der Playa de Palma regiert. Damals noch im Namen des Deutsch-Mallorquinischen Karnevals­vereins. Um den aber ist es seit den missglückten Teilnahmen an den Faschingsumzügen in Arenal und Palma im Februar 2013, wo der Wagen der Truppe einmal wegen des angeblich zu hohen Alkohol­pegels der Mitfahrer und einmal wegen unerlaubten Kamelle-Werfens aus dem Verkehr gezogen wurde, recht still geworden.

Der nun erfolgte Neuanlauf habe mit dem Verein auch nichts zu tun, betonen die Sieberts und Michael Bohrmann. „Wir machen das jetzt ohne Verein, ohne Mitgliedsbeiträge und ohne Stress." Den harten Kern bildeten rund 15 Leute, deren Ziel nichts anderes ist, als ausgelassen Karneval zu feiern. Aus Deutschland bekannte Feindseligkeiten zwischen Düsseldorfern und Kölnern spielten an der Playa keine Rolle. Bei der Party im Deutschen Eck´ an Altweiberfastnacht (Donnerstag, 12.2.) seien alle Jecken willkommen. „Hauptsache sie erscheinen verkleidet", sagt Bohrmann, der sein Kostüm - ein gediegenes Bischofsgewand - schon mal probegetragen hat. „Da bellte nicht mal mehr unser Hund."

Die erfahrungsgemäß bis zu 300 Gäste kämen von der ganzen Insel angefahren, karnevalsmäßig sei ­Mallorca schließlich eher Diaspora. Es gibt zwar auch hier Umzüge, aber die machen die Einheimischen vor allem für die Kinder - denen hierfür oder für die Karnevalsfeiern in den Schulen tolle Kostüme gekauft oder gebastelt würden. „Im Rheinland dagegen ist das eine Endlos-Party für Erwachsene, zu der man die Kinder eben mitnimmt", sagt der Wirt, der seit einem Vierteljahrhundert auf der Insel lebt, fast ein wenig wehmütig. „Ich würde gern mal wieder zum Karneval in Deutschland sein, aber ich kann nicht weg, hier in der Kneipe ist am Donnerstag die Hölle los."

Unter das Partyvolk mischten sich alljährlich auch einige Spanier. „Die finden das spannend, vor allem das Verkleiden gefällt ihnen", sagt Bohrmann. Wobei sich die tiefere Bedeutung so mancher rheinländischer Karnevalstradition den Einhei­mischen freilich nicht erschließe. „Was es mit 11.11 Uhr auf sich hat, verstehen die nicht." Wenn um diese Zeit die Party im „Deutschen Eck" beginnt, werden in diesem Jahr ­sogar ein paar Düsseldorfer Freunde zugegen sein, die zum 30. Geburtstag von Bohrmanns Lebensgefährtin Feli anreisen. Besonders glücklich fällt ihr Ehrentag allerdings nicht - welcher Jeck´ verlässt während der närrischen Zeit schon freiwillig das Rheinland, wo tagelang nonstop der Bär steppt?

An der Playa de Palma geht es verglichen damit eher zu wie beim Seniorenfasching. „In Düsseldorf hetzt man als Prinzenpaar von einem Termin zum anderen", erzählen die Sieberts, die während ihrer vergangenen Amtszeit als Mallorca-Prinzenpaar in die ehemalige Heimat eingeladen wurden. „Hier dagegen gibt es gar nicht so viele Lokale, in denen wir vorbeischauen könnten." Im Kalender steht deshalb lediglich eine Visite in der nahen Tangobar, wo sich ebenfalls viele Residenten versammeln. Im Bier­könig hingegen sei kaum was los, der MegaPark gar geschlossen. Nach der Sause am Donnerstag können sich die Narren somit erstmal einen Tag Pause gönnen, ehe am Samstag noch mal kräftig im Deutschen Eck gefeiert wird. Allerdings auch nur dort, denn der Umzug an der Playa am Samstagnachmittag ist kein Pflichttermin für die Narren. Einen deutschen Wagen gibt es in diesem Jahr ohnehin nicht - und nur zuschauen? Ein ordentlicher Gaudiwurm müsse außerdem vormittags um 11.11 Uhr starten, finden die Düssseldorfer. „Und nicht am Nachmittag, wenn es schon fast dunkel wird."

Ein Gutes hat der gedämpfte ­Karnevalsspaß auf Mallorca dann aber doch: Man kommt wesentlich billiger davon. „In Düsseldorf musst du als Prinz eine halbe Million auf dem Konto haben", sagt Michael Bohrmann. Für Hotelübernachtungen, Fahrer, Orden und all die Schnäpse gehe schließlich ein Vermögen drauf. Die Sieberts indes mussten sich nicht mal neue Kostüme anschaffen - sie holten einfach die alten wieder aus dem Schrank. „Wobei die damals auch 4.500 Euro gekostet haben", betont Sabine. „Das ist Samt, handgearbeitet." Und natürlich original aus Düsseldorf.

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