Es ist etwas früh für das Training an diesem Dienstagmittag, aber Iván Pons schlüpft extra für die Fotos in seine Trainingskleidung. Ein nicht besonders groß gewachsener 13-Jähriger. Blonde Haare. Schlank. Er trägt ein weißes Oberteil, eine enge, schwarze Hose und Ballettschuhe.

Dann beginnt er im grauen Trainingsraum der Tanzschule „9 Espai Escenic" in Palma zu tanzen. Seine Trainerin gibt ihm Anweisungen für Figuren, die er für die Kamera vorführen könnte. „Achte auf deinen Gesichtsausdruck", sagt sie streng. Sie legt einen Tango von Astor Piazzolla auf, damit er sich einfühlen kann in die Bewegungen. Um die Spannung zu lösen.

Es ist das gleiche Stück, mit dem der junge Tänzer Ende Juni einen Preis beim 19. Tanzfestival in Ribarroja bei Valencia gewonnen hat. Das war bereits sein zweiter Wettbewerbssieg in diesem Jahr. In April hatte er in Lyon gewonnen. Iván Pons ist eines der großen Talente des mallorquinischen Tanzes.

Die Assoziation mit dem Film „Billy Elliot" liegt nah. Natürlich. Ein Junge, der tanzt, so kurz an der Grenze oder in den ersten Stadien der Pubertät. Eine Zeit, wo Altersgenossen so langsam die Vorzüge von Kiffen, chronischer Masturbation und endlosen Ballerspielsessions an der Playstation für sich entdecken. Was nicht heißt, dass man das nicht auch als Tänzer machen kann.

Aber dann blickt man in Iván Pons´ Gesicht bei der Frage, was er denn sonst so hobbymäßig mache, und sieht dieses kurze, verwunderte

Zögern, als ob die Frage völlig absurd wäre, bevor er dann sagt: „Eigentlich nichts. Ich habe wenig Zeit." Dieser Junge hegt wohl für wenig ­anderes so eine Leidenschaft wie für den Tanz.

Das mag er mit Billy Elliot gemein haben. Oder auch mit den Figuren aus „Black Swan". Aber seine Geschichte ist eine andere. Geradliniger. Konfliktfreier. „Ich war vier Jahre alt und meine Schwester hat getanzt. Ich fand das spannend, und wollte auch damit anfangen." Ivan Pons erzählt knapp, wie man es wohl von einem Teenager erwarten kann. Aber er ist nicht schüchtern. In seiner Gestik, seiner Stimme liegt eine gewisse Souveränität. Eine Natürlichkeit, die zu sagen scheint: Ist doch alles nicht so spannend.

Es entwickelt sich nur mühsam ein Gespräch. Aber irgendwo muss es doch was geben. Ein Anzeichen dafür, dass unsere Gesellschaft noch nicht so weit ist, zu akzeptieren, dass ein 13-Jähriger tanzt, weil er Bock darauf hat. Die Eltern? „Haben mich immer unterstützt." Die Mitschüler? „Freuen sich für mich, wenn ich was gewinne." Es ist der Fragesteller, der mit seinen vorgefertigten Schablonen zum Sonderling wird. Der junge Tänzer scheint es gar nicht anders zu kennen, als dass seine Leidenschaft von seinem Umfeld akzeptiert wird.

Ein Hobby ist es schon lange nicht mehr. Insoweit man das von einem so jungen Menschen behaupten kann, ist Iván Pons ein Besessener. Er trainiert 18 Stunden in der Woche. Das sind drei Stunden pro Tag, auf sechs Tage verteilt. Seit drei Jahren macht er das schon so.

„Meine Trainerin hat meiner Mutter gesagt, dass ich sehr gut sei und dass ich an Wettbewerben teilnehmen soll." Jetzt möchte er professioneller Tänzer werden. Sollte es dabei bleiben, „wird er das Land verlassen müssen, hier ist so eine Karriere schwierig", sagt Mar Moreno, die Pons schon seit Jahren betreut.

Tanztraining kann sehr hart sein. Sehr langsam. Körperspannung und Körperhaltung müssen minutiös trainiert werden. Es dauert sehr lange, bis sich erste Erfolgserlebnisse einstellen. „Nicht alle Kinder halten das aus. Sie wollen lieber herumtoben", sagt Moreno. „Iván hatte das auch nicht immer. Als kleiner Junge war er ein Wirbelwind."

Beim Foto­shooting merkt man ihm an, was diese Disziplin für Früchte tragen kann. Iván Pons ist hochkonzentriert. Seine Bewegungen sind nicht die eines Kindes oder eines Teenagers. Jeder Schritt ist präzise gewählt, jeder Sprung bis ins Detail durchdacht. Der etwas wortfaule Junge verwandelt sich in einen Profi. „Auf der Bühne sieht man, dass er ein richtiger Künstler ist", sagt seine Trainerin.

Pons tanzt Ballett, zeitgenössischen und neoklassischen Tanz. Es gibt ein Video von ihm auf der Homepage der Tanzschule. Es zeigt die Eleganz, die Anmut seiner Interpretation. „Der zeitgenössische Tanz erlaubt mir mehr Freiheit", sagt er. Sein Idol ist der russische Balletttänzer Daniil Simkin. Der ist bekannt für seine Nutzung der sozialen Medien. Simkin will, dass sich das Ballett öffnet. „Ich schaue mit gerne seine Videos auf Youtube an", sagt Pons. Auch Ballett erreicht Kinder über das Internet direkt im Kinderzimmer.