Als Nicht-Kölner mag einem das närrische Dreigestirn aus Prinz, Bauer und Jungfrau, das dem Karneval in der Millionenstadt offiziell vorsteht, reichlich spanisch vorkommen. Im kommenden Jahr liegt man damit nicht mal daneben, denn zumindest die Jungfrau lebt auf Mallorca und ist im außerkarnevalistischen Leben Hotelier. Jörg Hertzner, der zusammen mit seiner Frau Nicole Bibard das Landhotel „Finca Amapola" bei Campos betreibt, ist mit seinen beiden Jugendfreunden Thomas Elster und Ulrich Anton Maslak am Freitag (4.9.) zum Dreigestirn 2016 gekürt worden. Die MZ hat mit Jungfrau Johanna, wie sich Jörg Hertzner nennt, gesprochen.

Guten Morgen, Ihre Lieblichkeit ?

So dürfen Sie mich offiziell erst ab dem 8. Januar nennen. Dann beginnt unsere Regentschaft. Momentan bin ich noch der Jörg. Ab Aschermittwoch dann auch wieder. Dazwischen dürfte es für uns ganz schön stressig werden.

Was kommt denn da auf Sie zu?

Wir haben exakt 408 öffentliche Auftritte. An einem Tag sind es sogar mal 17. Wir besuchen vor allem soziale Einrichtungen und Karnevalssitzungen. Dort sollen wir hauptsächlich Spaß verbreiten. Das Dreigestirn geht in diesem Jahr zum ersten Mal auch in ein Kinderhospiz. Das wird eine Herausforderung, denn niemand will ja ein weinendes Dreigestirn sehen. Auf so etwas wartet die Presse nur, die uns in dieser Zeit quasi nicht von der Seite weicht. Wir werden in der Karnevalszeit im Rheinland die meistfotografierten Personen sein. Aber wir sind keine Medienprofis.

408 Auftritte? Wie überlebt man das?

Mit einem strammen Terminkalender und zahlreichen Helfern. Wir haben unter anderem einen Protokollchef, der die Auftritte koordiniert. Dann hat jeder von uns einen persönlichen Adjutanten und natürlich Personal zum Schminken, vor allem ich. Dazu kommen wir in den Genuss, während unserer Regentschaft einen Leibarzt zur Verfügung zu haben, den wir 24 Stunden rund um die Uhr zu uns zitieren können. Beim kleinsten Anflug von Schüttelfrost ist der da. Ab November bekommen wir schon Spritzenkuren, um den Körper auf die Belastung vorzubereiten. Aber wir müssen auf jeden Fall auch ein bisschen auf den Hometrainer, speziell meine beiden Mitstreiter sind figürlich etwas „wohlproportionierter".

Das klingt nach harter Arbeit, Wo bleibt da der Spaß?

Wir können uns abschminken, bei jeder Veranstaltung zu feiern, als gäbe es kein Morgen. Das würden wir nicht durchhalten. Vielleicht gibt es manchmal am Abend beim letzten Termin ein Kölsch, aber das war´s dann auch. Nach den vier Wochen hätte ich wohl, rein körperlich, gute Chancen, am Ballermann alle in Grund und Boden zu feiern.

Wieso ist eigentlich Ihnen die Rolle der Jungfrau zugefallen?

Es war schon immer mein Wunsch, die Jungfrau zu repräsentieren. Da kann man am meisten Unsinn machen und steht nicht so im Mittelpunkt wie der Prinz. Außerdem habe ich dank der Nivea-Salbungen als Kind durch meine Mutter die zarteste Haut von uns dreien. Da war es keine Frage.

Stehen Sie dann jeden Morgen vor dem Spiegel und überlegen sich, was Sie anziehen?

Zum Glück nicht, denn wir haben alle unsere sogenannten Ornate. Als Jungfrau werde ich in ein römisches Gewand gekleidet sein, das an die Kaiserin Agrippina die Jüngere erinnert. Trotzdem dürfte das Anziehen und Schminken einige Zeit in Anspruch nehmen. Ich rechne da mit etwa einer Stunde. Wir sind ja auch nicht mehr die Jüngsten, ohne Botox geht da nichts mehr. Da wird schon gespachtelt werden müssen.

Sorgt das in Ihrer Ehe nicht für Verwirrung, wenn Sie jetzt auf einmal die Jungfrau sind?

Meine Frau ist keine Kölnerin und auch keine eingeschworene Karnevalistin, aber ich bearbeite sie seit 15 Jahren mit diesem Thema. Meine Arbeit hat Früchte getragen, sodass sie mich inzwischen unterstützt und wie die gesamte Familie voll hinter mir steht.

Wie bringen Sie Arbeit im Hotel und Arbeit im Dreigestirn unter einen Hut?

Ich werde fünf Wochen komplett von Mallorca weg sein. Da wir aber das Hotel von November bis März ohnehin schließen, geht das. Im Winter bearbeiten wir nur Buchungen oder renovieren ein wenig. In der Zeit habe ich zwei Mitarbeiter vor Ort.

Und wie wollen Sie sich in der Zwischenzeit auf Mallorca, weit weg vom Kölschen Frohsinn, in Stimmung bringen?

Ich glaube, es tut ganz gut, dass ich hier nicht direkt im Karnevalsumfeld unterwegs bin. Aber ich muss ja vor unserer Regentschaft noch häufig nach Köln zurück - unter anderem für Absprachen mit dem Festkomitee, zum Probe­schminken, zum Bühnentraining und zum Fernseh-Coaching mit dem WDR. Außerdem habe ich vier Termine, um mein Ornat anzuprobieren. Eigentlich hätte ich meine Berufung hier auf der Insel noch ein paar Wochen geheimhalten wollen. Aber so etwas spricht sich natürlich schnell herum. Ballermann-Barde Peter Wackel wollte mir schon ein Ständchen bringen.