Man könnte jetzt wieder das Vorurteil vom akkuraten Schweizer auspacken. Es trifft ja auch ein bisschen zu: Der Rasen präzise gemäht, die Autos untergestellt in einem Carport, das Haus und die Terrasse in einem picobellosauberen Zustand. Dazu die Putzfrau sowie mehrere Gärtner am Werkeln - es ist offensichtlich, dass die Finca Son Naava bei Montuïri von gut organisierten Hausherren bewohnt wird. Es sind Ivan Levy und seine Frau Sheela, die vor fünf Jahren das liebevoll restaurierte Haus und den 80.000 Quadratmeter großen Garten erstanden haben. Und doch: Es wird den beiden nicht gerecht, wenn man sie als typische Schweizer bezeichnet.

Zum einen, weil Sheela Inderin ist, die in Kenia aufgewachsen ist. Zum anderen, weil auch der 58-jährige Levy in seinem Leben schon so viel herumgekommen ist, dass er sich eher Weltbürger nennen müsste: Geburt in Zürich, Internat in Shrewsbury, Studium der Ökonomie an einer Uni im Speckgürtel von London, erster Job als Manager in der Hochseeschifffahrt in Genf, dann Italien, dann ein Jahr dem Schwiegervater bei dessen Textilfabrik in Kenia unter die Arme gegriffen, zurück nach Genf, dann wieder nach London - und nun Mallorca, wo er sich nach Möglichkeit vier bis fünf Monate im Jahr von seinem bislang sehr bewegten Leben erholt.

1983 war es, als Levy die Kosmetik­kette „The Body Shop" in die Schweiz brachte, sieben Jahre nach der Eröffnung des ersten Ladens in London. Er kaufte die Franchise-Rechte für das kleine Land - damals eher eine Notlösung, denn eigentlich wollte er in den Mittleren Osten. „Doch die Rechte für dort waren bereits vergeben", erzählt er. So legte Levy eben in seiner Heimat los und überzog die Schweiz nach und nach mit immer mehr Filialen.

An die 50 waren es 2010, als der Sohn eines Schuhhändlers beschloss, sein Lebenswerk zu verkaufen. Einen Teil des Geldes steckte er in die Finca auf Mallorca. Dabei wollte er eigentlich nie auf die Insel. „Wir brauchen doch kein Ferienhaus", postulierte er immer. Doch wie es nun mal so geht, eines Tages fand sich das Paar in einem Maklerbüro wieder und Sheela nahm eine Broschüre mit. Als sie nach 58 Objekt-Besichtigungen schließlich die Finca bei Montuïri entdeckte, war es Liebe auf den ersten Blick.

Aber Levy ist nicht umsonst studierter Betriebswirtschaftler. Er betrachtet sein kleines Paradies mitten auf dem Land nicht nur als Ort der Entschleunigung, sondern hat das klare Ziel, dass die Finca sich in ein paar Jahren selbst trägt.

Die Voraussetzungen dafür scheinen günstig, denn im Garten stehen rund 3.000 Olivenbäume. Und diese werden nicht einfach irgendwann Ende September abgeerntet und dann zu Öl verarbeitet. Der mallorquinische Öl- und Weinbauer Carlos Feliu bewirtschaftet die Bäume nach der ganzheitlichen Demeter-Methode, die vorschreibt, komplett auf Chemikalien zu verzichten. Auch eine Reihe weiterer Bedingungen gilt es zu erfüllen. „Wir müssen zum Beispiel die Ersten sein, die bei der Kooperative pressen, damit das Öl nicht durch andere Öle, die vorher gepresst sind, verunreinigt wird", erklärt der Hausherr, der auf seiner ausladenden Terrasse sitzt und den Blick in die Ferne über seine Olivenhaine schweifen lässt.

Eigentlich sei es ja nie sein Ziel gewesen, zum Olivenölproduzenten zu werden. Doch der 58-Jährige ist jemand, der die sich ihm bietende Möglichkeiten beim Schopfe packt und nicht lange überlegt. Und wenn die Ölbäume schon mal da sind, müssen sie eben auch genutzt werden. Deshalb möchte Levy das Öl im großen Stil verkaufen. Das Schweizer Großhandelsunternehmen Coop stand bereits kurz nachdem die erste Flasche 2012 abgefüllt war, auf der Matte und führt das Öl seitdem im Sortiment.

Im vergangenen Jahr gaben die Bäume schon 7.000 Flaschen her, ein guter Teil davon ging in die Schweiz, der Rest wurde an die mallorquinische agromart-­Kooperative verkauft. „Für das kommende Jahr habe ich ein Luxus­problem: Ein Kunde möchte vielleicht die gesamte Ernte abkaufen, ich wollte allerdings in China anfangen, mein Öl zu vertreiben." Dann sollen es 14.000 Flaschen sein.

Asien ist ein weiteres Steckenpferd von Levy. Nach dem Verkauf von „The Body Shop" engagiert er sich bis heute beim „Magic Bus", einem groß aufgezogenen Hilfsprojekt im ganzen asiatischen Raum. Das Programm soll Kindern aus armen Verhältnissen mit sogenannten Life Skills ausstatten, die es ihnen leichter machen sollen, später eine gut bezahlte Arbeit zu finden. „Es geht uns dabei nicht ums Belehren, sondern darum, dass die Kinder sich selbst kennenlernen und lernen, wie man sich benehmen muss, um einen Job zu bekommen."

Die schwierigere Aufgabe dabei sei oft, die Eltern für das Thema zu sensibilisieren, gerade bei Mädchen. Zu häufig sei die Ansicht verbreitet, junge Frauen sollten gar nicht arbeiten gehen, sondern sich daheim um Haus und Kinder kümmern. Bislang sind bereits mehrere hunderttausend Kinder und Jugendliche in dem Programm, das von zahlreichen Konzernen unterstützt wird, untergekommen. „Ende des Jahres soll es eine halbe Million sein", sagt Levy, der, auch wenn es sich um eine wohltätige Organisation handelt, ein Gehalt bekommt. Die älteren Teilnehmer des Programms mit 16 bis 18 Jahren sollen in naher Zukunft auch noch direkter an ihre künftigen Arbeitgeber herangeführt werden - in Form von schulbegleitenden Praktika.

Und mit China hat auch Levys Kunstengagement zu tun. Er hat gemeinsam mit einem Freund und der Immobilienagentur Sotheby´s die Finanzierung für die Ausstellung „China 8" übernommen, die zur Nit de l´Art im Casal Solleric in Palma eröffnet wird (s. Sonderbeilage,

S. 12). 50 Objekte der erfolgreichen Fotoausstellung, die bis vor wenigen Tagen in Deutschland gastierte, kommen auf die Insel. „Ich habe zur Bedingung gemacht, dass dafür zwei Fotokünstler aus China bei mir auf der Finca vorbeischauen und sich inspirieren lassen. Ihre Fotos sollen im besten Fall dabei helfen, mein Öl auch in China zu vertreiben."

Ganz der Betriebswirtschaftler eben ?