Lakki Patey und seine Partnerin Hildegunn Almas sitzen entspannt auf ihrer Hängecouch in Santa Maria. „¿Te gusta hablar conmigo?", fragt Lakki Patey (Unterhältst du dich gern mit mir?). Almas liest die Antwort von einer Spielkarte: „¿Se lo dices a todas las mujeres?" (Sagst du das allen Frauen?) und muss dann lachen: „Du hast dir die Fragen ausgedacht - jetzt wissen wir warum!"

Die Idee zum Sprachspiel „New Amigos", oder wie es auf Deutsch heißt „New Amici", kam Lakki Patey allerdings schon in den 80er Jahren. Damals tourte der Norweger noch als Gitarrist um den Globus. Bei einer Reise nach Französisch Guayana brachte er sich innerhalb von zwei Wochen genug Französisch bei, um sich irgendwie mitteilen zu können. „Die Leute haben gesagt, dass sie noch nie so schlechtes Französisch gehört haben. Ich habe geantwortet, dass wir uns gerne auch auf Norwegisch oder Englisch unterhalten können", sagt der 57-Jährige, der seit fünf Jahren auf Mallorca lebt. Die Kritiker gaben klein bei, die Quintessenz blieb: Lakki Patey nahm am Gespräch teil.

Es war eine praktische Erfahrung darin, wie sich das sogenannte Zipfsche Gesetz auf die Sprach­praxis auswirkt: Mit den 100 häufigsten Wörtern versteht man etwa 50 Prozent einer Sprache. Patey beschloss, ein Spiel zu entwickeln, mit dem Menschen möglichst schnell Fremdsprachen so lernen, dass sie sich an Gesprächen beteiligen können. „Das Problem beim Sprach unterricht ist meistens, dass der Fokus auf Perfektion liegt und nicht darauf, sich unterhalten zu können", sagt Patey. Als er Ende der 90er Jahre einen ersten Protoyp für „New Amigos" entwickelte, drehte er dieses Prinzip um: schweigender Perfektionsanspruch ist Silber, fehlerhaftes Reden Gold. „Es ist viel besser, wie beim Pidgin-Englisch kleine Tricks zu verwenden, und beispielsweise Zeitangaben statt einer Vergangenheitsform zu verwenden", erklärt Lakki. Aus I went to the beach wird also Yesterday I go to the beach.

Das Spiel eignet sich für alle ab sieben Jahren und führt bis zu vier Einzelspieler oder Teams über drei Schwierigkeitsstufen bis hin zum B1-Niveau. Einfache Ausdrücke werden sukzessive zu ganzen Sätzen, und Sätze schließlich zu kurzen Dialogen. Level 1 hat 140 Vokabeln, das gesamte Spiel 1.800. Der internationalen Lautschrift muss man auch nicht mächtig sein, denn die Aussprache wird mit entsprechenden Phonetik-Hinweisen in „normalen" Buchstaben verdeutlicht. Lernt ein Spanier das deutsche Wort hübsch steht auf der Karte jupsh. Nicht perfekt, aber problemlos zu verstehen.

Ebenfalls besonders: Die Teilnehmer können gleicher oder auch unterschiedlicher Nationalität sein. Ein Spanier sitzt mit einem Deutschen am Tisch, beide lernen die Sprache des Gegenübers und Wissenswertes über sein Land. Denn wer gewinnen will, muss auch die Quizfragen richtig beantworten: Welches ist das südlichste Ski­gebiet Europas? Antwort: Sierra Nevada, bei Granada.

2002 kam „New Amigos" in Norwegen für Norwegisch und Englisch auf den Markt und ging innerhalb der ersten drei Monate 15.000 Mal über den Ladentisch. Inzwischen gibt es das Spiel in 28 Sprachkombinationen, wobei es noch keine Version mit der Inselsprache Katalanisch gibt. Insgesamt sei es schon 400.000 Mal verkauft worden, 250.000 Mal davon in Deutschland. Seit 2007 dient es als Basis für den Bundescup „Spielend Russisch lernen" des Deutsch-Russischen Forums, an dem in diesem Jahr 25.000 Schüler teilgenommen haben. Auch die Goethe-Institute in Russland verwenden das Brettspiel.

Was nicht zuletzt daran liegt, dass Lakki Patey und seine Partnerin Hildegunn Almas eine ungewöhnliche Marketing-Strategie wählten: In einem Wohnmobil reisten sie drei Jahre lang durch Europa und organisierten mit „New Amigos" Sprachcafés. „Die Leute haben wirklich neue Freunde gefunden oder sogar ihre Partner über uns kennengelernt - es gibt sogar New Amigos-Babys", sagt Hildegunn Almas.

In Norwegen sind nicht nur ­Ausgaben für Nord- und Süd-Sami, zwei von drei Minderheiten­sprachen in Norwegen verfügbar, das Spiel wird dort auch genutzt, um Flüchtlingen die Landessprache beizubringen. Das Problem: Noch gibt es keine Version für das Arabische, die Hilfsorganisation verwendet deshalb die Norwegisch-Englische Ausgabe, doch viele Flüchtlinge sprechen kein Englisch.

Lakki Patey möchte das ändern und ist deshalb auf der Suche nach Sponsoren, besonders für eine Version für Deutsch-Arabisch. „Wir haben Erfahrung mit anderen Schriften, aber wir brauchen Investoren", sagt Patey. Sobald die Finanzierung steht, würde es acht Wochen dauern, bis das Spiel fertig entwickelt und produziert ist. Patey Lakey ist überzeugt: „Das Spiel bietet Deutschen und Flüchtlingen eine riesige Chance für ein besseres, gegenseitiges Verständnis und würde helfen, Spannungen zu vermeiden."

Das Spiel kostet 39 Euro. Beim Kauf über die Website erhalten MZ-Leser zehn Prozent Rabatt (Code MZ angeben, wegen Deutsch-Spanischer Version per E-Mail anfragen).

Mitte November hat in Sóller das erste „New Amigos"-Café geöffnet, am Donnerstag (26.11.) bietet der Universal Bookshop in Portals Nous ab 18 Uhr einen Stammtisch an. In Kürze sollen weitere Cafés in Binissalem und Palma folgen. Die Schottin Libby Picket organisiert die Events (Tel.: 617-92 06 24). Facebook:„New Amigos Mallorca".

www.newamigos.com