Die Motivation, über einen Sprachkurs zu helfen, wurzelt bei Myriam Fraile und Maties Catalán in den Reisen in das Land, das derzeit weltweit die meisten Flüchtlinge stellt. Nach Angaben der UN-Menschenrechts­kommission sind derzeit 3,88 Millionen Syrer auf der Flucht.

Fraile und Catalán, beide Arabisch­lehrer der Escuela Oficial de Idiomas (EOI) in Palma, gingen Anfang des Jahrtausends mit einem zweijährigen Stipendium nach Jordanien. Beide reisten von dort aus regelmäßig ins Nachbarland. „Damals war Syrien ein sehr ruhiges Land, ich hätte nie gedacht, dass es dort zu einem Bürgerkrieg kommen würde," sagt Catalán. Die Bewohner seien liebenswert und ehrlich. Seine Kollegin stimmt ihm zu: „Syrien ist nicht nur sehr schön, sondern auch kulturell und historisch reizvoll. Aber das aller, aller Wundervollste sind seine Menschen."

Mallorca will 250 bis 300 von ihnen aufnehmen. Wann genau es so weit sein wird, ist unklar. Die vereinbarte EU-weite Verteilung von über 150.000 Flüchtlingen in Länder, die nicht Deutschland, Österreich oder Schweden heißen, ist immer noch nicht richtig angelaufen.

Auf der Insel aber will man vorbereitet sein. Myriam Fraile und Maties Catalán aber hatten eine Idee: Konversationskurse im syrischen Dialekt anzubieten, die sich insbesondere an Sozialarbeiter und andere Berufsgruppen richten, die Kontakt mit den Flüchtlingen haben könnten. Die beiden legten der Balearen-Regierung ein entsprechendes Konzept vor, und die Behörden räumten ihnen einen Platz im Stundenplan der EOI ein.

Im November hat der erste Kurs begonnen. Anfangs hatten die Lehrer mit etwa 20 Interessenten gerechnet. Die Nachfrage war jedoch so groß, dass Catalán statt einer inzwischen zwei Gruppen mit etwa 35 Teilnehmern unterrichtet. „Wir waren sehr überrascht. Das sagt viel über die Hilfsbereitschaft der Mallorquiner aus", sagt Fraile.

Etwa die Hälfte aller Schüler arbeiten tatsächlich in sozialen Bereichen im weiteren Sinn. Ärzte, Psychologen, Polizisten, Krankenpfleger, aber auch Menschen, die selbst Flüchtlinge aufnehmen wollen, lernen jeden Dienstag oder Donnerstag eine Stunde lang nützliche Sätze auf Arabisch im Eilverfahren. „Es geht vor allem darum, dass die Schüler so schnell wie möglich sprechen", sagt Catalán. Auf das Unterrichten der arabischen Schriftzeichen verzichtet er deshalb ganz. Der gesamte Kurse umfasst lediglich 20 Stunden, selbst für ein paar Brocken einer neuen Sprache nicht viel.

In der dritten Stunde des Donners­tagskurses am 10. Dezember stellen die Teilnehmer sich gegenseitig vor, lernen Berufsbezeichnung und eine umgangssprachliche Ver­sion des Verbs „wollen". „Für Hoch­arabisch könnt Ihr das ­vergessen, das ­funktioniert nur in der Alltagssprache", warnt

Maties Catalán.

Andreas Greiling schaut konzentriert über den Rand seiner Brille. Der 67-Jährige lebte als Kind in Mannheim, anschließend in der Schweiz, 30 Jahre lang in Argentinien und seit 13 Jahren auf Mallorca. „Ich mache den Kurs nicht wegen der Flüchtlings­thematik, sondern weil das einstündige Konzept praktisch für mich ist", sagt er.

Greiling belegte in der EOI schon Kurse in Chinesisch und Russisch, Arabisch ist die elfte Sprache, die er lernt. Ein Natur­wissenschaftslehrer, der zehn Sprachen konnte, inspirierte ihn als Schüler, mindestens genauso viele zu lernen. Den Arabischkurs schätzt er just wegen des hohen ­Konversationsanteils: „Wir machen sonst nur Grammatik und Vokabeln, sprechen lernst du hier normalerweise nicht", sagt er.

Den Arabischkurs für Sozial­arbeiter findet er wichtig, um einen eventuellen Mangel an Übersetzern zu überbrücken. Selbst möchte er aber nicht einspringen. Bei Mar Estrellas ist das anders. „Ich interessiere mich für Menschenrechte, wenn ich kann, will ich den Flüchtlingen helfen", sagt die Jurastudentin. Ana Malagrava und José Morillo haben wieder eine andere Motivation: Die beiden sind Zeugen Jehovas und wollen die Sprache nutzen, um mit Syrern über ihren Glauben zu sprechen.

Unabhängig vom individuellen Hintergrund versichert Maties Catalán, dass die Schüler in den beiden Kursen engagierter seien als in anderen Gruppen. „Viele von ihnen sind direkt in das Thema involviert und arbeiten sehr konzentriert, weil sie in den wenigen Stunden so viel wie möglich lernen wollen." Ob es weitere oder fortführende Kurse geben wird, weiß er noch nicht. „Wir würden gerne weitermachen, aber das ist nicht nur von uns abhängig." Dass diese Kurse sinnvoll wären, schon: „Es geht zunächst darum, den Menschen ein wenig Erleichterung in ihrer schwierigen Lage zu verschaffen. Der Kontakt ist herzlicher, wenn man sich mit ihnen in ihrer Sprache unterhält."