So wie Raúl Prieto daherkommt, ist ihm durchaus zuzutrauen, tagelang ohne Essen und Trinken auszuhalten. Der 35-jährige auf Mallorca lebende Survival-Spezialist und Ein-Mann-Unternehmer ist braungebrannt, wohlgenährt und muskulös. „Ich bin bei Überlebens-Trips noch nie in eine richtig ernste Notlage geraten“, sagt das durchtrainierte Ex-Mitglied der Elitetruppe Boinas Verdes des spanischen Heers. Deswegen mache er sich auch keine großen Sorgen vor seinem nächsten Abenteuer: Prieto will sich ab dem 4. März auf einem festgelegten Rundweg zehn Tage durch die 280 Quadratkilometer große

Tabernas-Wüste bei Almería bewegen - dort, wo Western-Klassiker wie „Spiel mir das Lied vom Tod“ gedreht wurden. Er weiß, dass er in der Gegend besonders intensiv auf die vielen Skorpione achten muss. „Die sind leider vor allem nachts aktiv“, ärgert er sich.

„Ich will mir Pfeil und Bogen vor Ort bauen, damit gehe ich dann auf die Jagd“, fügt der geborene Galicier hinzu, den es vor 20 Jahren nach Mallorca verschlug. Viel wichtiger noch als Essen sei aber das ­Wasser. „Ich hoffe, dass ich welches finde“, sagt der Berufsabenteurer. Anziehsachen zum Wechseln nimmt er keine mit, und als Schlafgelegenheit reicht ihm eine spezielle Isomatte. Auch bei ihm geht es halt nicht ganz ohne: Sollte er in Lebensgefahr geraten, kann er sich mit einem Satellitentelefon mit der Außenwelt verständigen und eine Spezial-Verpflegungs-Ration des spanischen Heers öffnen, die er versiegelt mit sich führt.

Zuletzt war Raúl Prieto im Oktober unterwegs. Der Vater einer siebenjährigen Tochter schlug sich neun Tage lang barfuß durch das dünn besiedelte obere Ebro-Tal, ernährte sich von Früchten auf Apfelbaumplantagen und machte Wasser aus dem Fluss durch Erhitzen über einem Feuer keimfrei. „Dort war die Feuchtigkeit das Problem“, sagt er. Nasse Kleidung könne auch den Gesündesten krank machen und einem die Tour verhageln. Und dies auch dann, wenn man - wie er - mit einer starken Psyche beseelt sei. „Man muss unempfindlich genug sein, Schmerzen auszuhalten, die entstehen, wenn man etwa durch das Reiben mit einem Holzstab Feuer machen will“, sagt Raúl Prieto. Die Zeit als Elitesoldat beim Heer habe ihn abgehärtet. „Ich sage nie, dass ich nicht weitermachen kann.“ Einmal boina verde, immer boina verde, so der ausgebildete Scharfschütze. Wer in der Natur überleben will, müsse „intelligent sein und zugleich eine Kriegermentalität haben“.

Wenn er gerade nicht auf Extremtour ist oder Soldaten oder Angehörige der Guardia Civil auf der spanischen Halbinsel survivalmäßig fit macht, bietet Raúl Prieto auf Mallorca zuweilen Anfängerkuse im Überleben an. Zahlende Kunden müssen für zwei Tage mit einer Übernachtung unter freiem Himmel je nach Jahreszeit 120 bis 160 Euro berappen. „Wir nehmen dann natürlich etwas zu essen und zu trinken mit und lernen unter anderem, Feuer ohne Streichhölzer zu machen oder auf dem GPS-Gerät Koordinaten richtig zu lesen.“ Der Überlebensprofi und seine Jünger sind dann vor allem an einsamen Küstenabschnitten und in der Serra de Tramuntana unterwegs. Auch Übungen, um sich im Meer längere Zeit über Wasser zu halten, gehören zu der Angebots­palette von Raúl Prieto.

Dabei arbeite er auch - natürlich kostenlos - mit Stiftungen wie Shambhala zusammen, die sich um den Nachwuchs sozial ­schwacher ­Familien kümmert, sowie mit krebskranken Kindern. Am Survival-Leben fasziniere ihn, dass er dabei immer wieder merke, „woher wir kommen“. Auf sich allein gestellt zu überleben, festige den „Respekt für die Natur“. Immer wieder werde aufs Neue klar, „wie glücklich wir uns schätzen dürfen, eben mal Wasser aus einem Wasserhahn trinken zu können“. Das hätten viele komfortverwöhnte Menschen „vergessen“.

Dieser Tage bereitet sich Raúl Prieto auf sein nächstes Abenteuer zwar vor, übertreibt dabei aber nicht, weil er um seine widerstandsfähige Natur weiß. „Ich bewege mich deutlich mehr und esse nur ein einziges Mal am Tag, und das nicht zu einer bestimmten Uhrzeit.“ Die MZ wünscht viel Glück.

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