Bayern und Andalusien sind sich in so mancher Hinsicht ziemlich ähnlich. Die Menschen in den beiden südlichsten Landesteilen von Deutschland und Spanien feiern die Feste, wie sie fallen. Was den einen das Oktoberfest ist, ist den anderen ihre feria de abril. Und genauso wie die Bayern sind auch die Andalusier davon überzeugt, dass ihr Fest das einzig Wahre ist.

Die Feria de Abril hat ihren Ursprung natürlich - wo sonst - in der andalusischen Metropole Sevilla, wo sie im Jahr 1847 als Viehmarkt zum ersten Mal stattfand. Aber wie jede Veranstaltung, die funktioniert - siehe die Oktoberfeste in aller Welt -, ist auch die Feria de Abril inzwischen zumindest in alle Winkel Spaniens exportiert worden, in denen es Andalusier gibt. Und die gibt es aufgrund der vielen Andalusier, die anderswo Arbeit gesucht haben oder suchen, so gut wie überall.

Auf Mallorca begeht man die Huldigung der sevillanas genannten Flamenco-Tänze, des rebujito (ein Mix aus dem Sherrywein Manzanilla und Zitronenlimonade) und des pescaíto frito (gebratene Fischchen) auf einem ganz und gar nicht standesgemäßen Gelände im Gewerbegebiet von Son Rossinyol an der Straße nach Sóller. Man fragt sich unwillkürlich, ob es Bosheit der bisweilen ein wenig trockenen Mallorquiner war, die üblicherweise lebensfrohen und lauten Andalusier in ein Gewerbegebiet am Rande der Stadt zu verbannen, dessen Wege sich bei Regen in wahre Seenlandschaften verwandeln.

Nun, der Andalusier nimmt´s mit Humor und ist schon dankbar, dass die Daten für die diesjährige Feria endlich stehen, denn das war lange Zeit unklar, wie Javier del Rey, einer der Organisatoren der Casa Andalucía auf Mallorca, erklärt. „Wir wollten eigentlich am 22. April starten, aber dann dachten wir, dass die Leute am Monatsende mehr Geld haben, weil sie ihr Gehalt schon bekommen haben."

Nun öffnet sich also erst am 29. April der Vorhang, und über das sehr überschaubare Festgelände weht zumindest ein Hauch von Flamenco und südlicher Lebensfreude. Wer das Original in Sevilla kennt, wird von der Kopie in Palma höchstwahrscheinlich schwer enttäuscht sein. In diesem Jahr gibt es acht Zelte, ein paar Fressstände und zwei, drei Fahrgeschäfte für Kinder. Nicht unsympathisch, das Ganze, aber eben auch nicht vergleichbar mit dem großen Vorbild vom Guadalquivir.

In Sevilla lassen es die Leute krachen. Die Feria ist neben der Semana Santa und der Wallfahrt Rocío an die Küste nach Huelva eines von drei nahezu heiligen Ereignissen in der Stadt. Echte Patrioten, und die meisten sevillanos sind echte Patrioten, nehmen schon mal ohne mit der Wimper zu zucken einen Kredit auf, um sich ein standesgemäßes Feiern leisten zu können. Wer bei der Feria beispielsweise einer von 15 Teilhabern eines privaten mittelgroßen Zeltes (70 Quadratmeter) ist, der muss für das sechstägige Fest, dieses Jahr vom 12. bis zum 17. April, mit Kosten von 1.200 Euro rechnen. Aber man will sich ja nicht lumpen lassen.

Selbstverständlich müssen auch schon einjährige Kinder, speziell natürlich Mädchen, in ein Flamenco-Kleidchen gesteckt werden. Aber es lohnt sich: Das Ambiente auf der Original-feria in Sevilla ist einzigartig. Wer dort durch die Straßen des nahe der Altstadt gelegenen Festgeländes flaniert, der fühlt sich in eine andere Welt versetzt. Hier ein spontaner sevillana-Tanz auf der Straße, dort eine geschmückte Pferdekutsche, dazu dieses andalusische Licht. All dies gibt es in Palma nicht. Aber immerhin eine Ahnung davon. Und das ist doch auch

schon was.