Eine Überraschung war es nicht, als Heidi Klum nach dem typischen langen Zögern, dem mantra-mäßigen Wiederholen von inhaltsleeren Satzfragmenten, am Donnerstagabend (12.5.) gegen 23.20 Uhr Kim zu Germany's next Topmodel erklärte. Schon vor der Verkündung hatten Menschen mit Zugang zum Backstagebereich berichtet, es sei ein offenes Geheimnis, wer die elfte Ausgabe der Modelshow gewinnen würde.

Mit der Stierkampfarena von Palma hatte das Produktionsteam eine durchaus eindrucksvolle Kulisse gewählt. Ein Ort mit Geschichte, auch mit deutscher Fernsehgeschichte. Es ist Heidi Klum und ihrem Team hoch anzurechnen, dass sie gar nicht erst versucht haben, abgedroschene Spanien-Klischees in die Show zu integrieren. Die Arena war Kulisse, mehr nicht. Statt Auftritten im Flamenco-Kleid gab es einen Asia Walk, statt Enrique Iglesias trat Will.i.am auf.

Zumindest im Fernsehen. Denn beim Warm-Up wurde natürlich alles ausgepackt, was das Trash-Herz begehrt. Publikumsanheizer Christian Oberfuchshuber bemühte "Viva Colonia" und "Fiesta Mexicana" ebenso wie die beliebte Phrase, das einzige, was er auf Spanisch könne, sei der Satz "Una servessa, porrr favorr". Und "uno minutos". Das deutsche Publikum ließ sich trotzdem begeistern.

Vielleicht war es aber eine clevere Strategie, das Niveau schon vorher abzusenken. Denn während Klum und ihr Team nicht in die Klischee-Falle tappten, so boten sie auch nichts als das Flugzeugessen der Abendunterhaltung. Dass es in der Arena mit der Zeit immer kälter wurde, half beim Aufrechterhalten der Stimmung nicht gerade weiter. So standen die hübsch aufgetakelten Menschen lieber am Boulettenstand, statt sich die Show anzugucken.

Wenige Stunden zuvor, als es draußen noch hell war, hatte man den Eindruck, sie könnten nicht schnell genug hineinkommen. Das deutsche Volk hat viele Verdienste, das Schlangestehen hat es aber nicht erfunden. Es herrschte aggressive Stimmung - und Verwirrung. Obwohl es nur drei Eingänge gab, schienen alle Besucher automatisch erstmal zum falschen zu laufen.

Dazwischen erkundigten sich neugierige Anwohner nach dem Anlass des Tohuwabohus, worauf sie von deutschen Produktionsmitarbeitern ein knappes "Programa! Television!" hingebellt bekamen. Aber auch drinnen gab es überraschend viele Spanier. Einige von ihnen zeigten sich überrascht, dass sie trotz inexistenter Deutschkenntnisse der Show problemlos folgen konnten, was vielleicht am besten die gut drei Stunden beschreibt, die das Publikum erdulden musste.

Ein showerfahrener, spanischer Journalist zeigte sich aber dennoch beeindruckt von der Professionalität der Produktion. So große LED-Wände habe er noch nie auf Mallorca gesehen. Auch, dass internationale Stars wie Will.i.am und Sean Paul für jeweils einen Song auf die Insel gelockt werden konnten, sei alles andere als normal. "Wir müssen das mehr wertschätzen, was solche Shows hier für Leute herbringen."

Nächstes Jahr, so Gerüchte, die während der Show im Umlauf waren, soll die Show wieder auf Mallorca stattfinden. Dann könne man auch besser planen und vielleicht auch das obere Drittel der Publikumsränge füllen. Vielleicht könnte man sich dann aber auch überlegen, das Konzept des Finales zu überarbeiten. Denn die Abfolge von eingespielten Rückblenden auf die Staffel, Werbepausen und ein paar lieblos präsentierte Walks und Fotoshootings sind auch im elften Jahr nicht spannender geworden.

Da hilft auch keine Stierkampfarena. /pss