Alles begann mit einem Designerstuhl: Als Student hat Peter Schönhofen zusammen mit seinem Kommilitonen Jürgen Reiter 1981 das Unternehmen Kare in München gegründet. Sie wollten bezahlbare, aber außergewöhnliche Möbel verkaufen. Heute hat Kare 200 Marken-Shops in 40 Ländern und öffnet am Donnerstag (16.6.) eine erste Mallorca-Filiale in Calvià.

Herr Schönhofen, in Ihrem Online-Shop stößt man im Bereich Polstermöbel zu allererst auf massive dunkelbraune Sofa und Sessel. Mögen Sie das rauchige Hinterzimmer-Flair?

In unserem Sortiment gibt es auch Möbel, mit denen man eine solche Lounge einrichten könnte. Diese Stücke korrespondieren gut mit dem Vintage-Trend.

Ist Vintage in der Möbel-Branche weiterhin angesagt?

Die Branche hat viele Trends. Vintage war vor zwei bis drei Jahren das große Ding. Es gibt natürlich auch heute noch Menschen, denen das gefällt. Dann gibt es auch einen Trend hin zu Naturholz und den Skandinavien-Trend. Wir setzen nicht auf ein Material oder eine Richtung, sondern sind ähnlich wie ein Mode-Label. Wir schauen, was der Kunde morgen oder übermorgen spannend findet.

Wo spüren Sie diese Trends auf?

Mein Geschäftspartner und ich reisen sehr viel, sind auf Messen. Zudem betreiben wir ein Mode-Label in München, aus dem wir viel Input für die Möbel-Kollektionen bekommen.

Sie ziehen aus der Mode Inspiration für Ihre Möbel?

Genau, denn Farbempfindungen und Materialien kommen immer zuerst über die Mode.

Mit Ihrer Marke sind Sie in 40 Ländern vertreten. Gibt es Unterschiede in Sachen Trends, was das einzelne Land angeht?

Glamour und Opulenz zum Beispiel haben in Russland und im Nahen Osten mehr Bedeutung als in Europa.

Ist Europa zurückhaltender?

Beim Produktdesign schon, vor allem in Skandinavien. Aber dafür ist Europa bei der Inszenierung, den Farben und der Kombination von Möbeln nicht zurückhaltend.

Was haben Sie für die Mallorquiner mit im Gepäck?

Schreinerarbeiten beispielsweise, die aber einen gewissen Kick haben. Sie sind entweder aus Abbruchholz oder Altholz gearbeitet oder haben Intarsien eingeschnitzt. Das in Europa machen zu lassen, wäre unbezahlbar.

Ihre Möbel werden also nicht in Europa produziert, sondern wo?

Holzmöbel produzieren wir zum größten Teil in Indien. Denn dort gibt es sehr gute Schreiner. Polstermöbel in Europa, Stühle auch. Lackmöbel oder Lampen kommen oft aus China.

Wenn man an Asien denkt, kommen einem auch schlechte Arbeitsbedingungen und Kinderarbeit in den Sinn ?

In den Bereichen, in denen wir arbeiten - zum Beispiel bei Schreiner­arbeiten - ist das kein Thema. Denn das sind alles Berufe, in denen unsere Werkstätten die Arbeiter zunächst richtig ausbilden müssen. Wir haben außerdem ein Verbot von Kinderarbeit eingeführt, und das schon vor 25 Jahren.

Warum Calvià als Standort für Ihren Shop auf Mallorca?

Weil es von Palma aus gut erreichbar ist. Natürlich sind aber auch die Deutschen, die dort ansässig sind, ein Argument für die Standortwahl. Denn sie kennen uns als Laden.

Spanier zelebrieren das Einrichten ihrer Wohnungen nicht so wie Deutsche. Ist das ein Problem für den Standort Mallorca?

Im Gegenteil! Es gibt hier viele Vermögensanlagen: kleine Häuser, Wohnungen, Villen, die Potenzial für eine kreative Möbel-Marke bergen. Auf der einen Seite sind die Deutschen, die dort wohnen. Die kommen von alleine. Auf der anderen Seite gibt es einen riesigen Markt zur Bedarfs­deckung. Die Spanier sind dem Schönen ja nicht abgeneigt. Denen hat es vielleicht noch keiner gezeigt.

Vor mehr als 35 Jahren haben Sie in der Möbel-Branche Fuß gefasst. Hat sich seither etwas verändert?

Als wir damals angefangen haben, war die Branche sehr emotionslos. Da war kein Rock?´n´?Roll drin. In den deutschen Markt haben wir Stimmung und Emotionalität hereingebracht. Das ist auch Teil des Wesens unseres Unternehmens: Wir wollen ein bisschen lauter und extrovertierter sein, uns abheben, das beflügelt die Fantasie.

Sie schreiben auf Ihren Internetseiten von Möbeln mit „Wow-Effekt". Was ist dieses Wow?

Das ist das Phänomen, wenn man in einer Wohnung steht und sich denkt: Wow, das habe ich ja noch nie gesehen. Es geht darum, die Möbel und Accessoires zu inszenieren. Wenn wir in unseren Läden unsere Möbel nicht in Szene setzen würden mit der richtigen Beleuchtung zum Beispiel, dann würden sie keinesfalls so inspirierend wirken. Man muss mit Liebe, mit Seele und Geschmack an die Sache herangehen.

Der Einzelhandel stöhnt über die Online-Shops. Ist das für Ihre Branche auch ein Problem?

Wir haben den dramatischen Vorteil, dass die Menschen vor dem Kauf einmal auf dem Sofa sitzen wollen. Sie wollen den Stoff sehen und anfassen. Den Komfort, das Ganze dann Online bestellen zu können, muss man als Geschäft bieten. Das erwarten die Kunden. Auch auf Mallorca wird es einen Online-Shop geben.

Ihr Unternehmen war ein erfolgreiches Start-up. Haben Sie einen Rat für heutige Jungunternehmer?

Das ist heute wie damals der gleiche: Spinne eine Idee durch, sei in deiner Fantasie so frei, wie es geht, und bringe alles in ein ökonomisches Konzept hinein, damit die Idee tragfähig wird. Es geht nicht nur um Selbstverwirklichung, sondern auch darum, ein kleines Business aufzuziehen. Außerdem braucht man viel Energie. Rückschläge wird es auch geben. Und man kann Gefahr laufen, sich zufrieden zu geben. Dann bleibt man allerdings stehen.

Gab es Flops?

Täglich! Wir treffen aber lieber Entscheidungen, die sich im Nachhinein als falsch rausstellen, als gar keine zu treffen. Das macht uns auch stark. Denn nur so kann man neue Gebiete entdecken.