Der ebenso arrogante wie brillante Dr. Steven Strange alias Benedict Cumberbatch fährt mit seinem Sportwagen eine kurvenreiche Gebirgsstraße entlang. Lässig - wie die Helden der Marvel-Filme meist sind - spielt er mit seinem Smartphone herum und achtet nur wenig auf den Verkehr. Ein riskantes Überholmanöver, und schon ist es passiert: Er stößt mit einem anderen Auto zusammen und fliegt von der Klippe.

Es scheppert und kracht im Saal Nummer 6 des neuen Kinos im Einkaufszentrum FAN - und plötzlich fangen die Sitze unter den Zuschauern heftig an zu vibrieren. Wie Dr. Steven Strange auch fühlen wir jede Felskante, auf die das Auto schlägt. Der ganze Körper bebt, als der Wagen mit voller Wucht auf dem Boden der Schlucht aufschlägt. Dann kommt das nunmehr schrottreife Auto zum Stillstand, und auch außerhalb der Leinwand ist es wieder ruhig.

Das 4-D-Kino ist auf der Insel angekommen. Seit bald zwei Wochen gibt es die neue Attraktion in dem im September eröffneten Einkaufszentrum FAN. Es ist das elfte Kino der Firma Artesiete spanienweit. In acht Sälen finden in Palma nun 1.200 Zuschauer Platz, drei davon sind für die neue Technik hergerichtet.

Wer sie ausprobieren möchte, muss erst einmal zusammenrücken. Am Donnerstag (10.11.) sind nur knapp 30 Zuschauer zur Abendvorstellung von „Dr. Strange" gekommen - und alle sitzen sie trotz vieler freier Reihen zusammengedrängt in der Mitte. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Im Kinosaal 6 fangen nur diese 27 Sessel an zu wackeln. Sie sind im Gegensatz zu den normalen Plätzen grau statt schwarz. Sozusagen eine offene VIBrier-Lounge.

Nach dem Unfall begleiten die Zuschauer Dr. Strange dann noch ins Krankenhaus und auf seinem Weg zum Superhelden. In den ruhigen Phasen tut sich unter den Kinobesuchern nichts. Nur in den lauten und actionreichen Szenen vibriert es wieder.

Wer für den Aufpreis von 50 Cent das volle 4-D-Vergnügen erhofft, wird etwas enttäuscht. Die Vibration erinnert nach geraumer Zeit an ein Handy in der Gesäß­tasche, das gerade angerufen wird. Die Sitze bewegen sich nicht hin und her, wie es in anderen 4-D-Kinos der Fall ist. Auch mit Rauch, Geruch oder Wasser wird nicht gearbeitet.

Dafür hat Artesiete reichlich Geld in das neue 4K-Videosystem mit Laserprojektor investiert. Die Bilder sind bei den surrealen Ausflügen des Doktors gestochen scharf und farbintensiv. Auch akustisch machen die neuen Säle einiges her. 36 im Saal 6 verteilte Lautsprecher bieten neue Möglichkeiten. Aus unterschiedlichsten Richtungen kommen die Stimmen und Geräusche.

Die Eintrittspreise rangieren von 4 Euro am Mittwochnachmittag bis 8 Euro am Wochenende. Für das Geld gibt es außer dem Geruckel reichlich Komfort. Nur die Frage der Begleitung sollte wohlüberlegt sein. Frischverliebte könnten bei den doppelten Armlehnen Probleme beim Anschmiegen oder In-den-Arm-nehmen haben.