2017 an erster Stelle? Gibt es ein konkretes Projekt, das da­rauf wartet, realisiert zu werden? Welcher Wunsch soll sich im neuen Jahr erfüllen, und welche Verantwortung übernehmen Residenten für ihre Insel? So lauteten die Fragen, auf die jeder persönliche Antworten finden sollte.

Fotograf Oliver Brenneisen (48) schickte seine per Bild.

Das Foto der Hände trägt den Titel Integrität, es stellt die Kraft des Zusammenhalts in der kleinsten Einheit der Familie dar. Die Integrität, die alles zusammenhält und der Wille dazu, sind Olivers Wünsche für die Welt 2017. Das Bild steht für die Nähe der Menschen zueinander und das Miteinander, den sozialen Zusammenhalt und die Wahrhaftigkeit. Die Hände bilden einen Stamm, in dem sich die Kraft vieler bündelt. Im ­neuen Jahr freut sich der gebürtige Heidelberger, der seit rund zehn Jahren auf Mallorca lebt, auf Begegnungen mit Menschen, die sich mit ­Zukunftsfragen befassen. Beruflich möchte er sich weiter auf die Porträt­fotografie konzentrieren und so die Bandbreite menschlicher Gefühle und menschlicher Schönheit abbilden. Ein Porträt bezeichnet der Foto­künstler als gelungen, wenn es Charakterzüge sichtbar macht und eine Geschichte erzählt.

Bäcker Edwin Villarroel (44) stammt aus einem Dorf im Zentrum Boliviens. Vor 15 Jahren folgte er dem Ruf seines Bruders und kam nach Mallorca. Hier steht er ebenfalls in der Backstube und bäckt ensaimadas, cuartos und cocas für das Traditionscafé Can Joan de s´Aigo in Palmas Altstadt. Wenn die Schicht um vier Uhr in der Früh beginnt, hat er nachmittags Zeit, mit seiner Frau zu telefonieren. Die lebt seit über einem Jahr mit den beiden gemeinsamen Kindern (fünf und zwölf Jahre) in Bolivien, um die kranke Mutter zu pflegen. Für Edwin steht die Familie an erster Stelle, und dazu zählen eben auch die Angehörigen in der Heimat. Sein größter Wunsch ist es, nächstes Jahr auf Mallorca eine Wohnung zu kaufen. Derzeit teilt er sich ein kleines Apartment mit einem Mitbewohner, bis seine Frau und die Kinder zurückkommen. Wann das sein wird, weiß er noch nicht. „Hoffentlich im neuen Jahr", so Edwin.

Maurer Rafael Vidal (41) hat seinen Betrieb mit 18 Jahren und in dritter Generation von seinem Onkel übernommen. „Derzeit läuft die Arbeit gut, es reicht zum Leben und es bleibt noch genügend Zeit für die Freunde, was sehr wichtig ist", so der Mallorquiner aus Llucmajor, der mit seinen Kumpels jagen geht und im Sommer auf einem gemeinsamen Boot in See sticht. Seinen größten Wunsch für 2017 teilt er mit seiner Frau: Sie wünschen sich ein Baby, ob Junge oder Mädchen, ist ganz gleich. Und dass die Zukunft friedlich bleibe, sagt Rafael. „Sollte der Terror nach Mallorca kommen, sind die Touristen weg und mit ihnen viele Jobs."

Sein Handwerk lernte Coiffeur Patrice Heughebaert (39) auf den Champs-Élysées, wo er unter den Fittichen des Pariser Star-Friseurs Jean Louis Davide arbeitete, um ­anschließend, nach seiner Ausbildung, den ersten Toni&Guy-Salon in Frankreichs Hauptstadt mit aufzubauen. „Jean Louis Davide verbot uns, zum Haareschneiden die Schere zu benutzen, bei Toni&Guy war dann der elektrische Haarschneider tabu", erinnert sich der aus Flandern stammende Belgier, der 2012 nach Mallorca zog. Vor sechs Wochen eröffnete Patrice in Palmas Innenstadt seinen eigenen Friseursalon Urban Lab. Ins neue Jahr möchte er bescheiden rutschen und erst einmal gute Basisarbeit leisten, bevor er den Salon - sein größter Traum - zu einem Art Concept-Store ausbaut, wo man auch Kaffee trinken, in Kunstbüchern blättern, Bücher lesen und hübsche Deko einkaufen kann. „Wenn du unbedingt etwas tun willst, findest du auch einen Weg dorthin", so seine Devise, „vorausgesetzt, du bist gesund." Wie radikal sich das Leben durch Krankheit verändern kann, hat er selbst erfahren. Seitdem ist für Patrice, dessen zweite Leidenschaft Design und Architektur ist, nichts mehr selbstverständlich.

Nichts Geringeres als einen Beitrag zu leisten, die Erde zu retten, hat sich Riane da Silva (47) für 2017 vorgenommen. Die Kanadierin und Mutter von drei Kindern nahm ein halbes Jahr Auszeit, um zu reisen und neue Erfahrungen zu sammeln. Das Portal helpX führte sie als Erstes nach Mallorca, wo sie auf einer Finca ein neues Zuhause auf Zeit gefunden hat und gegen Gartenarbeit Kost und Logis erhält. „Ich möchte die Menschen zum Nachdenken anregen, was auf unserem Planeten passiert", so Riane, die auf einer kleinen Insel zwischen Vancouver und Vancouver Island lebt, wo sich die Bewohner größtenteils mit Lebensmitteln aus eigenem Anbau versorgen. Kanada sei nicht so grün und umweltbewusst, wie viele denken, sagt Riane, die eine Zeit lang ohne Strom und Wasser lebte und mit wenig auszukommen weiß. Sie erzählt vom Abbau des Teersandes zur Rohölgewinnung in Nord-Alberta und vom letzten Primärregenwald in Walbran Valley auf Vancouver Island, der höchst gefährdet sei. Im Sommer will sie an großen Demonstrationen gegen einen Staudamm in British Columbia teilnehmen. Über hundert Qua­dratkilometer landwirtschaftliche Fläche sollen geflutet werden, gegen den Willen der Bewohner an den Ufern des Peace Rivers. „Unser Wasser zu schützen", heißt ein weiteres konkretes Riane-Projekt. Umsichtig mit Wasser umzugehen sei auch auf Mallorca lebenswichtig.

Zusammen gründeten As­trid Stavro (44) und Pablo Martín (52) vor drei Jahren Design by Atlas in Palma, eine Agentur für Grafikdesign mit Büros in Barcelona und bald auch in New York - Astrids und Pablos großer Wunsch, der sich 2017 erfüllen wird. „Wir werden Mallorca mit dem Big Apple verbinden und unser Design in die Welt exportieren", freut sich das Paar, das zu den Überfliegern seines Fachs gehört. Die Italienerin studierte mit besonderer Auszeichnung am Royal College of Art in London und ist wie Pablo, der aus Barcelona stammt, Mitglied in der Alliance Graphique Internationale (AGI), einem in Paris gegründeten Eliteverein weltweit renommierter und einflussreicher Grafik- und Kommunikationsdesigner. „Zwischen Privatleben und Geschäft zu unterscheiden, fällt nicht immer leicht", erzählt Pablo, „im neuen Jahr möchte ich in beide Bereiche mehr Zeit investieren." Auf Mallorca angesprochen, wünschen sich Astrid und er mehr Qualität in der Infrastruktur, dem öffentlichen Verkehrsnetz, der Kultur. „Unsere Aufgabe ist es, das weltbeste Design von dieser wunderschönen Insel aus zu entwerfen", so das Paar.

Joe Holles (32) ist in England geboren und in Valldemossa aufgewachsen. Er engagiert sich als Gründungsmitglied des Vereins Tramuntana XXI für den Schutz und die Regeneration des gefährdeten Ökosystems der Insel. Dazu zählt auch sein Hauptjob auf dem über 500 Jahre alten Landgut Son Moragues in Valldemossa. Auf der Finca kümmert er sich um den Erhalt von über 10.000 Olivenbäumen. Aus den Oliven wird auf Son Moragues ein Bio-Öl gepresst, das Joe über die Insel hinaus bekannt machen möchte: „Ich will hart dafür arbeiten, die natürliche Form der Landwirtschaft zu erhalten und rentabel zu machen." Hätte er einen Wunsch für 2017 frei, träumt Joe von der Entdeckung eines Pflanzenschutzmittels gegen das Feuerbakterium - ein Krankheitserreger, der mehr als hundert Pflanzenarten befällt, da­runter auch Mandel- und Oliven­bäume. Bis es so weit ist, fordert er zumindest eines: „Die sofortige Einfuhrsperre von Pflanzen, die das Bakterium poten­ziell in sich tragen."

Das neue Jahr startet für Mercedes Korzeniowski (47) mit einem neuen Zuhause, das sie für sich und ihre Familie gemütlich einrichten möchte. Ende Januar muss alles fertig sein, denn dann gilt ihre Aufmerksamkeit dem New Years Brunch 2017, einem internationalen Fest für zeitgenössische Skulptur, das sie als Leiterin des Kulturzen­trums CCA Andratx organisiert. Mercedes stammt aus Villingen-Schwenningen in Baden-Württemberg, als Jugendliche zog sie mit ihren deutsch-spanischen Eltern nach Madrid, studierte in der Schweiz und wirkte lange für die Kunstmesse Art Basel. „Orte wie das CCA heben Mallorca positiv von anderen Urlaubs­orten ab", sagt Mercedes, „weil Gäste neben Sonne und Strand auch kulturell viel geboten ­bekommen." Ihr Wunsch für 2017: das ­Kunstmuseum noch stärker als internationalen Treffpunkt für Künstler, Geschäftsleute und Touristen zu etablieren. Auch die Umwelt liegt ihr am Herzen, auf ihren Spaziergängen und beim Schwimmen im Meer sammelt sie täglich Müll ein oder säubert in Gruppen Mallorcas Naturstrände.

Auch Marketing-Experte und Kultur-Promoter Sergio G. García (50) ist schon viel in seinem Leben herumgekommen. Mit 16 verließ er seine Heimat Honduras. Er studierte und lebte zehn Jahre in den Vereinigten Staaten, zog nach Belgien und landete 1994 auf Mallorca. Bei Exposia in Palma gibt er Marketing-Seminare für Künstler und Unternehmer, organisiert Spanish Boot Camps für Urlauber sowie Konversa­tionskurse in Spanisch, Englisch und Französisch im Club de Conversación quecuando.com. „Berufliche Zufriedenheit stellt sich bei mir nur ein, wenn auch die innere Beziehung stimmt, ich den Kontakt zur Familie pflege und mich mit Freunden umgebe, die mir guttun", lautet Sergios Glücksrezept für 2017. Um sein Mallorca-Paradies zu schützen, engagiert er sich in der Sophia-Stiftung in Palma sowie in dem Denkmalschutzverein ARCA (Associació per a la Revitalització dels Centres Antics). „Je bewusster wir mit dem umgehen, was wir besitzen, umso mehr wissen wir dessen historischen Reichtum zu schätzen", sagt Sergio.

Schon als Kind träumte Karlien van Opstal (31) von einem eigenen Restaurant auf einer Insel in ihrer Heimat Zeeland im Südwesten Hollands. 25 Jahre vergingen, bis sich ihr Traum auf Mallorca vor ein paar Wochen erfüllte und sie mit Lebensgefährten Miguel Bosch (35) in Llucmajor das Tapas-Lokal El Contrabando eröffnete. Beide studierten an Hotelfachschulen, Karlien in Holland, Miguel auf Mallorca, ihre Wege kreuzten sich während eines Praktikums in Köln. Der größte Wunsch des Paares: „Dass unser Restaurant gut läuft." In den vergangenen Monaten floss alle Energie in ihr Herzensprojekt, monatelang renovierten sie das Lokal und richteten es mit vielen originellen Details zur Geschichte Mallorcas ein. Um die Menschen vor Ort zu unterstützen, bezieht das Paar die meisten Produkte aus der Umgebung und gibt sein Geld, wenn möglich, in Llucmajor statt anderswo aus.

Letztlich aber hat für Karlien und Miguel die Liebe Priorität: Müssten sie sich irgendwann zwischen ihr und dem Geschäft entscheiden, wäre ihnen die Beziehung wichtiger.