Beim Einkaufen geht es heutzutage nicht mehr nur darum, einfach Sachen zu erwerben. Heute spielt das Erlebnis eine immer wichtigere Rolle. Vor allem im Luxus-Segment.

„Früher fuhr man in die Stadt, um eine konkrete Sache zu kaufen", sagt Tony Prat (40), der zusammen mit seiner Frau Julie Herzig (37), einer Stuttgarterin, die Beratungsfirma Costagin in Palma führt. Heute zähle vor allem, dass man sich beim Einkaufen überraschen lassen kann und dass man sich glücklich fühle, so der Mallorquiner.

Wie Einkaufen neu in Szene gesetzt wird, kann man sich derzeit an vielen Ecken Palmas anschauen. Zum Beispiel in dem gerade eröffneten Rapha an der Plaça del Rosari, einer britischen Marke für Fahrradbekleidung. Im Erdgeschoss gibt es eine Kaffeebar, die junge Passanten aller Couleur anzieht. Ist man schon mal hier, sieht man sich das Angebot in der oberen Galerie gleich mit an. Auch in den Carrer Sant Nicolau kommt Bewegung. Den früheren Eckladen der Polsterei Juncosa bezog die französische Marke American Vintage, in derselben Straße folgten Vilebrequin (französische Luxus-Bademode), Essentiels (Modedesign aus Antwerpen) und Mason's (Prêt-à-porter-Mode aus Italien). Sie alle kamen auf Initiative von Costagin.

„Die großen Einzelhandelsunternehmen sehen noch nicht die Notwendigkeit, sich auf Mallorca anzusiedeln, doch wir wollen das ändern", so Tony Prat, der in Barcelona und Madrid Design studierte und Verkaufsräume von Apotheken in Barcelona gestaltete. Dort traf er Julie Herzig, die nach der Ausbildung zur Hotelfachfrau in einem Start-up für Unternehmensexpansion arbeitete. Zusammen ging das Paar eine Zeit lang nach Saudi Arabien, wo Tony Prat die Einrichtung von Duty-free-Bereichen übernahm.

Zurück in Spanien bauten sie 2009 Costagin auf Mallorca auf. „Es gab auf der Insel keinen umfassenden Service für Einzelhandelsunternehmen, aber großen Beratungsbedarf", so Julie Herzig, verantwortlich für Expansion und die Locations. Da die Einzelhandelsbranche ein eiliges Geschäft ist, ­bietet Costagin mehrere Dienstleistungen gleichzeitig an, um Projekte zu beschleunigen. Zum zwölfköpfigen Team gehören Architekten, (Möbel-)Designer, Bauunternehmer, Montagetechniker, Spezialisten für Sicherheit und Gesundheit. Costagin holt auch behördliche Informationen ein, wenn es beispielsweise darum geht, ob ein Lokal legal ist oder die Deckenhöhe ausreicht, um die rechtliche Erlaubnis zum Umbau zu bekommen. „Zwischen der Konzeption einer neuen Marke bis zur Eröffnung vergeht bei uns weniger als ein Monat", sagt Tony Prat, der Läden von Hugo Boss, Deichmann, Gerry Weber, Tous, Pretty Ballerina oder Escada einrichtete, die meisten im Luxus-Segment angesiedelt.

„Natürlich ist es schade, dass die alten Läden aus Palmas Zentrum verschwinden", sagt Julie Herzig. Doch Bewegung habe es immer gegeben, schon vor den zahlreichen Touristen, und die Mallorquiner freuten sich, für ein festliches Kleid nicht mehr nach Barcelona fliegen zu müssen, glaubt die dreifache Mutter. Die begrenzten Verkaufsflächen in Mallorcas Hauptstadt regelten zudem Angebot und Nachfrage. „Aktuell fehlen für Kunden wie Gucci oder Armani schlicht Lokale in der richtigen Lage, zum teuersten City-Pflaster zählen der Paseo del Borne, die Avinguda de Jaume III und der Carrer Sant Miquel", sagt Julie Herzig, die Kunden auch mal von unpassenden Immobilien abrät und empfiehlt, noch zu warten: „Innenstädte gehen mit der Zeit, sie verändern sich und wachsen auf natürliche Weise."

Dass sich nicht alles steuern lässt, kann man aktuell an der Plaça de Frédéric Chopin beobachten, wo vier neue Läden einzogen, die den Platz aufwerten sollen - was bislang, trotz direkter Nachbarschaft zum Carrer Sant Nicolau, noch nicht funktioniert hat. Auch im Carrer Constitució gäbe es noch einiges zu tun, sagt Tony Prat. Schon länger wird gemunkelt, dass in die Hauptpost ein Hotel kommt, sicher ist bisher nur, dass Zara Home in den ehemaligen Sitz von Telefónica einzieht.

Langweilig wird es den Unternehmern indes nicht. Neben Projekten in Alcúdia, London, Berlin und auf Ibiza beschäftigt sie derzeit ein neues Kunstgalerie-Konzept in Palma, in dem, so viel sei verraten, ein Restaurant mit einem Michelin-Stern eine Rolle spielen wird.