Wenn es vier Wörter gibt, die schneller über die Lippen von Jürgen Drews (72) gehen als „Ein Bett im Kornfeld", dann sind es: „Das mache ich nicht." Vielleicht die typische ablehnende Haltung eines Deutschen, der drei Monate vor Ende des Zweiten Weltkriegs am 2. April 1945 in Nauen (Brandenburg) geboren wurde und sich im Gegensatz zum Großteil der vorangegangenen Generation nicht gern sagen ließ, was er zu tun oder zu lassen habe.

Behütet aufgewachsen in Schleswig als Sohn des Arztes Werner Drews und seiner Frau Lieselotte, war er der Sonnenschein der kleinen Familie. „Ich war der, der immer lacht", fängt er mit leicht rauer Stimme an zu singen, als wir ihn und seine Frau Ramona in ihrem Haus in Santa Ponça treffen. Er hat ein kleines Nickerchen gemacht. Nachher muss er noch in sein Bistro „König von Mallorca", ein bisschen gute Laune verbreiten. Um 23 Uhr wird er dann mit seinem gelben PGO Speedster II zum Megapark knattern, um die Bierseligen zu besingen.

Ramona bringt Kaffee und setzt sich zu uns. Er nimmt ihre Hand in seine und fängt an zu erzählen. „Der Sonnenschein war ich nur bis zur Pubertät. Dann war ich gegen alles. Vor allem war ich gegen all das, was ich heute mache. Schlager? Das war das Schlimmste, was ich mir überhaupt vorstellen konnte, das wollte ich niemals machen ? was ich heute aber liebe!"

Musikalisch ging es ganz anders los. Die von seiner Pubertät geplagten Eltern drückten ihm erst eine Gitarre, dann ein Banjo in die Hand. „Die wussten nicht, was sie sonst mit mir anstellen sollen." Er zupft sich zu seinem ersten Erfolg, im Alter von 15 Jahren gewinnt er einen Preis als bester Banjo-Spieler Schleswig-Holsteins, wird Mitglied der Jazzband Schnirpels. Zum ersten Mal als Sänger tritt er mit den Les Humphries Singers („Mama Loo") auf. „Musst du kennen!" Die von der Hippie-Bewegung inspirierte Gruppe feiert Anfang der 70er-Jahre Erfolge, Drews bricht mit dem Segen seiner Eltern sein Medizinstudium nach vier Semestern ab.

Warner Bros. will mit dem jungen Künstler 1974 ein Album produzieren, es ist die Chance, eine Solokarriere zu starten. Nur heißt es zu der Zeit: Schlager, oder schleich dich. „Damals bekamst du dann von den Öffentlich-Rechtlichen den Schlagerstempel aufgedrückt, und das war dann so. Heute ist das ganz anders."

1976 schickt ihm Michael Kunze einen deutschen Liedtext zu dem gerade in den USA erschienenen Song „Let Your Love Flow" von den Bellamy Brothers zu. Michael Kunze gilt als Entdecker von Peter Maffay („Du"), hat unter anderem Lieder für Peter Alexander („Die kleine Kneipe") produziert. „Michael kannte meine Geschichte, wie ich als 16-Jähriger in den Sommerferien nach Monaco getrampt bin, um Brigitte Bardot zu sehen", sagt Drews. „Ich war damals unheimlich­ verklemmt." Mit 250 Mark, weißen Hosen und einem „sehr kleinen Zwei-Mann-Zelt" habe er sich auf den Weg gemacht. In Basel hat ihn dann eine Frau, „lass sie vielleicht 22 oder 24 Jahre alt gewesen sein", mitgenommen. „Die wollte mich mit zu ihr nach Hause nehmen. Das habe ich mit hochrotem Kopf abgelehnt. Ich traute mich nicht." Bei Grenoble (Frankreich) stieg er aus und schlug sein Zelt in einem Kornfeld auf. „Das ist die Geschichte vom Kornfeld."

Doch der Songtext, der gefällt ihm 1976 nicht. „Nee, mache ich nicht", habe er gesagt. Die Frau sei ja schließlich nicht auf einem Fahrrad dahergekommen, sondern in einem Alfa Romeo. Doch weder Kunze noch Warner Bros. lassen sich beirren. Den Song singt er noch heute.

In den 80er-Jahren zieht sich Drews aus dem deutschen Markt zurück, versucht in den USA unter dem Pseudonym „J.?D. Drews" mit rockigen Nummern Fuß zu fassen, doch der kommerzielle Erfolg bleibt aus. 1985 lässt er sich nach vier Jahren Ehe von seiner Frau Corinna scheiden. Drews kommt zurück nach Deutschland.

Ende der 80er-Jahre wird er Moderator der „Schlagerparade" im dritten Fernsehprogramm. 1994 heiratet er Ramona Middendorf. 1999 hat er dann „Wieder alles im Griff" und moderiert „Strip!", eine erotische Nonsense-Show auf RTL2. Es ist auch das Jahr, in dem Thomas Gottschalk ihn zur ersten „Wetten, dass?..?"-Sendung auf Mallorca in die Stierkampfarena holen will. Doch es gibt Proteste. „Die Mallorquiner wollten keine deutsche Show in ihrer Stierkampfarena", sagt Drews.

Zudem bemüht sich die Insel um ein besseres Image, es ist die Zeit der Sangría-Eimer am Strand, die Saufgelage werden noch befeuert durch den damals populären Tom-Gerhardt-Film „Ballermann 6", in dem Drews eine Nebenrolle spielt. Offiziell wird Drews nicht zu „Wetten, dass?..?" eingeladen, darf aber zusammen mit Costa Cordalis in der ersten Reihe Platz nehmen. „Irgendwann landete die Kamera auf uns und Gottschalk und sagte etwas wie, dass der damalige spanische König Juan Carlos nicht kommen könne, aber die heimlichen Könige von Mallorca ja da seien." Der kurze Auftritt inspiriert einen Liedermacher dazu, den Song „König von Mallorca" zu schreiben, er schickt das Demo Drews. Doch der will das Lied nicht singen. „Dreimal habe ich abgelehnt." Erst als ihm ein befreundeter DJ aus Düsseldorf erzählt, dass der Song in einer Disco rauf und runter läuft, singt Drews ihn ein.

„Es stimmt schon, bei fast allen Sachen habe ich gesagt: 'Mache ich nicht' - um sie dann doch zu machen." Heute kann er darüber lachen. Über sein Image als König von Mallorca sowieso. Doch seine gut 180 Auftritte pro Jahr, 32 davon allein im Megapark, die nimmt er sehr ernst. Krankmelden ist wie für fast alle Ballermann-Künstler ein Tabu. Und wie alle anderen kann er die Füße nicht von den Bühnen lassen. „Nächstes Jahr gehe ich mit meiner Band auf Deutschlandtournee." Und wenn er nicht mehr auftritt, kann er sich vielleicht eines Tages vor die Bühne stellen und seiner Tochter Joelina (21) zuhören. „Die startet gerade richtig durch als Sängerin."

MZ am Ballermann: alle Folgen