Vor dem Restaurant L'altra Pizza in der Fußgängerzone von Llucmajor, bleibt Christina Gruber stehen: „Ja, hier könnte es sein." Direkt neben dem Antic Hotel España wäre also der kleine Antiquitätenladen von Johanna Miebach, einer der zentralen Protagonistinnen von „Das

seltsame Mädchen".

Unter diesem Titel hat die in Köln lebende Jounalistin ihren Krimi bei dem von der MZ, dem Emons-Verlag und der Verlagsagentur Lianne Kolf ausgerufenen Krimiwettbewerb eingereicht. Die Jury hat „Das seltsame Mädchen" einstimmig zur Siegerin erklärt. Die weiteren Finalisten waren „Rattenlinie" von Klaus Späne, „Mallorquinische Rache" von Claudia Wenk und „Der gute Mann vom Ballermann" von Karl Kases.Geschichte einer Problemlöserin

In ihrem Buch erzählt Gruber von der rüstigen Rentnerin Johanna Miebach, die vordergründig ihren Laden in Llucmajor betreibt, in Wahrheit aber als „Problemlöserin" und verdeckte Ermittlerin tätig ist. „Ich habe an die Frauen in meiner Familie gedacht, die alle etwas Spannendes zu erzählen haben", sagt die Autorin. „Es wird ja leider häufig so getan, als ob Menschen über 60 nichts mehr beizutragen hätten."

Unterstützt wird Miebach von ihrer Enkelin Gemma. Die ist Anfang 20, hatte in Deutschland keine Lust auf die Schule, ist aber hochintelligent und unterstützt die Oma bei ihren Ermittlungen. Ihre Hackerfähigkeiten sind da von Vorteil. „Ich wollte der Johanna Miebach jemanden zur Seite stellen, in dem sie sich spiegeln kann. Aber eine Mutter-Tocher-Beziehung ist sehr komplex, deshalb habe ich mich für die Enkelin entschieden. Da ist genug Distanz, sie erlaubt eine gewisse Leichtigkeit", sagt Gruber. „Außerdem habe ich mich da ein wenig von meiner Beziehung zu meiner Oma inspirieren lassen."

Mit viel Ortskenntnis um die halbe Insel

Gleich zwei Mordfälle müssen die alte Dame und die junge Frau, natürlich unterstützt von der Polizei in Form des charmanten Polizei-Inspektors namens Héctor Ballester aufklären. Eine deutsche Krimiautorin wird erschossen, später stirbt auch eine Mitarbeiterin des Rathauses in Llucmajor. Dabei geht es von der Schaltzentrale in der Gemeinde im Süden der Insel über den Ballermann, Felanitx und

Santanyí über halb Mallorca.

Die Ortskenntnis, die Gruber in ihrem Krimi beweist, war einer der Gründe, warum ihre Einreichung von der Jury ausgewählt wurde. Hier half sicherlich ihre journalistische Ausbildung. „Ich ärgere mich wahnsinnig, wenn etwas schlecht recherchiert ist. Also versuche ich, alles so korrekt wie möglich darzustellen." Bei gleich vier Mallorca-Besuchen in diesem Jahr fuhr sie Strecken ab und besuchte die

Handlungsorte. Doch dabei hat sie es nicht belassen: Den Umstand, dass ihr Mann bei der Polizei in Köln arbeitet und das Ehepaar viele Freunde auch beim Bundeskriminalamt (BKA) hat, konnte Gruber nutzen, um alle Fakten über Kalibergrößen von Waffen und interne Kommunikations­abläufe bei der Polizei zu recherchieren.

Ein von Reiseführern vernachlässigter Ort

Dass sie Llucmajor als Handlungsort für ihren Krimi ausgesucht hat, liegt daran, dass eine Freundin Grubers sich vor einigen Jahren eine Finca in der Gemeinde gekauft hat. Da Gruber frei als Journalistin arbeitet, kann sie häufiger auf der Insel sein, um Blumen zu gießen und Katzen zu füttern - und nebenher zu arbeiten. „Außerdem gefällt mir der Ort einfach. Er wird von vielen Reiseführern nicht wirklich erwähnt. Dabei ist es sehr schön hier." Dass die 50-Jährige journalistisch tätig ist -unter anderem schreibt sie für den Branchendienst „Kress Pro" - , war nicht immer ein Vorteil bei der Fertigstellung des Krimis. „Ich musste sehr darauf achten, dass ich nicht in diesen objektiven,

journalistischen Tonfall zurückfalle, wo ich alle Seiten beleuchte." Das Schöne sei gewesen, dass sie sich alles habe ausdenken können.

Dabei hat Gruber in „Das seltsame Mädchen" einige reale Ereignisse eingeflochten. Der Skandal um den Bischof, der eine Affäre mit seiner Sekretärin hatte, kommt genauso vor wie einige bekannte Protagonisten der Insel-Society. „Meine Freundin hat auf ihrer Finca in Llucmajor zwei komplette Jahrgänge der MZ zu liegen. Da habe ich mich bei der Recherche durchgewühlt", erzählt Gruber. Der Sommer, in dem sie das Buch fertigstellen musste, sei anstrengend gewesen. „Wenn man einen Roman schreibt, muss man sich richtig darauf konzentrieren. Da taucht man schon mal mehrere Stunden ab. Gleichzeitig durfte ich aber auch nicht vergessen, Geld zu verdienen", sagt Gruber, die früher unter anderem bei der „Berliner Zeitung" und beim Fernsehsender RTL gearbeitet hat und jetzt Seminare gibt, aber auch zum Beispiel die Pressearbeit für den Kölner Weltergewichts­boxer Deniz Ilbay macht.

Als Preis winkt die Veröffentlichung, ein Agenturvertrag bei Lianne Kolf und noch mehr MZ-Lektüre in Form eines Abos. Nun beginnt die Lektorats­arbeit. Gruber kennt das schon. Sie hat bereits ein Sachbuch über Drehorte veröffenlicht. Der Roman soll im Frühjahrsprogramm des Emons-Verlages erscheinen. Und Ideen für eine Fortsetzung hat Gruber auch schon.