Daniel Soler beginnt erst zu lächeln, als er sich ans Schlagzeug setzt. Er blickt zu Nermin Goenenc hinüber, die neben ihm auf einem Barhocker Platz genommen und ganz spontan zu singen begonnen hat. Die Künstlerin tritt jeden Freitag hier auf, heute ist sie hier, um uns den Jazz Corner Club zu zeigen, der im August nur 80 Meter von ihrer Wohnung entfernt am Carrer de Jaume II, 32, in Campos eröffnet hat. Ein schöner Zufall. Welche Sängerin hat schon das Glück, dass die Bühne zu ihr kommt und nicht umgekehrt?

Daniel Soler streicht mit den Schlagstöcken über die Drums, Nermin Goenenc füllt den knapp 100 Quadratmeter großen Raum mit ihrer Stimme. Schließt man die Augen, kann man fast das Murmeln der 80 Gäste hören, die der Club locker fassen kann. Dank der schlichten Einrichtung könnte man von einer glasklaren Akustik sprechen, doch das wird dem Raumklima nicht gerecht. Die mit hellen Bretter verschlagenen Wände verströmen noch den puren, frischen Holzgeruch, es riecht nach Neubeginn. Wer braucht schon dunkle, verrauchte Bars in New Orleans, wenn man im Kiefernwald auf Mallorca live Jazz hören kann?

„Daniel hat jedes Brett selbst an die Wand genagelt", sagt Alicia López. Sie führt die Geschäfte in dem Lokal, während ihr Lebensgefährte lieber am ­Schlagzeug sitzt und die Musik für sich sprechen lässt. Die beiden haben sich mit der Eröffnung des Musikclubs einen Lebens­traum erfüllt. Seit 30 Jahren sind sie ein Paar. „Daniel hatte früher ein Lokal bei Colònia de Sant Jordi, wo er auch schon Jazz gespielt hat." Erfahrung mit Musik-Gastronomie hatten beide. Ihnen fehlte nur der richtige Ort, um das Ganze ­ernsthaft zu betreiben.

„Hier war früher eine Disco, die Magazem hieß", sagt Alicia López. Dann stand der Laden viele Jahre lang leer. Warum sie gerade jetzt und hier den Jazzclub eröffnet haben? „Weil sich Campos sehr gut entwickelt." Viele Touristen würden den Ort nur beim Durchfahren wahrnehmen, wenn sie zum ­Beispiel nach Santanyí wollen. Doch das ändere sich gerade. „Viele Geschäfte eröffnen neu, zuletzt kam auch noch ein Aldi hinzu", sagt Alicia López. Auch Sängerin Nermin Goenenc, die seit 2010 hier wohnt, beobachtet, dass sich die gut 10.000 Einwohner starke Gemeinde mehr und mehr belebt. „Vielen wird Santanyí zu teuer", sagt sie. Und Campos habe noch einen mallorquinischen Charme mit vergleichsweise günstigen Mieten, obwohl auch die schon anziehen würden.

Viele der Gäste im Jazz Corner Club seien Deutsche. „Aber es schauen auch immer mehr Mallorquiner vorbei", sagt Alicia López. Da nicht jeder ein Jazz-Fan ist, passe man an manchen Tagen das Programm an und spiele auch mal Blues, Soul, Reggae oder Bossa Nova. Geöffnet ist von Mittwoch bis Sonntag, ab 21 Uhr fülle sich der Laden. Ein kleines Bier kostet 2,50 Euro, ein Glas Weißwein 5 Euro, „dafür ist der Eintritt frei." Das Programm beginne meist ab 22 Uhr oder ein bisschen später.

Die Bühne kann auch wirklich als solche beschrieben werden. Sie steht zwar nicht im Zentrum des Raums, ist aber trotzdem das Herz des Lokals. Neben einem großen Schlagzeug findet ein großes Stage-Piano Platz, Boxen und Mischpult sind fest installiert. Der Jazzclub ist eben keine dieser Musikbars, wo man für einen Auftritt einen Tisch beiseiteschieben muss, um Platz für die Band zu schaffen.

„Es gibt Leute, die fahren von Palma nach Cala Ratjada, um Jazz zu hören", sagt Alicia López. Warum also nicht mal in die andere Richtung fahren?

Tipp:

Am Sonnabend (11.11.) tritt Marcia Bittencourt im Jazz Corner Club auf. Die gebürtige Brasilianerin lebt in Bremen und spielt Bossa Nova mit Elementen von Xaxado, Baião und Samba.