Seitdem die gebürtige Saarländerin Judith Sturm auf Mallorca lebt, hat sich ihr Leben und ihr künstlerisches Dasein gefühlt um einiges entschleunigt. Statt auf das Großstadtleben in Berlin schweifen ihre Blicke nun über das Meer in die Ferne. In ihrem Atelier steht ein Stuhl vor dem Fenster, sie sitzt oft dort. Anstelle des in Deutschland so oft grauen Himmels, erstrahlt der Himmel nun in einem hellen Blau, und das Licht hüllt die Landschaft in sanftere, magischere Töne. Die Ruhe, die sie spürt, beschleunigt das Malen. „Ich kann hier einfach wunderbar abschalten," betont sie. Nach Mallorca kam sie vergangenes Jahr. Sie beschloss zu bleiben.

Es war Odile Villeroy de Gallhau, die schon früh das künstlerische Talent von Judith Sturm entdeckte und förderte. Ein nicht ganz unbekannter Name. Denn das Dorf Wallerfangen, in dem Sturm aufwuchs, ist die Geburtsstätte des Keramikkonzerns Villeroy & Boch. Der Urgroßvater habe eine leitende Position im Unternehmen gehabt, ihre Großmutter bewahrte die Freundschaft zur Unternehmerfamilie. Es folgten gewonnene Malwettbewerbe, erste verkaufte Porträts und ein Studium in Freier Malerei in Saarbrücken. Die junge Künstlerin war dort Meisterschülerin von Bodo Baumgarten.

„Es war die Idee meines größten Sammlers, der eine Finca in Manacor besitzt, mich für ein halbes Jahr als artist in residence einzustellen. Im Gegenzug bekam er Bilder für sein neues Haus", erklärt die 44-Jährige. Nach dem Finca-Aufenthalt zog sie samt Tochter Maxima (2 Jahre) und Ehemann Karl Maria Kinsky in eine Wohnung in Porto Cristo, um mehr am Inselleben teilzuhaben. Bisher haben sie nur positive Erfahrungen gemacht, die kleine Maxima hat hier sogar ihre mallorquinischen „Großeltern".

Da der Wiener Ehemann selbstständiger Kunsthändler ist und Sturm es gewohnt ist, zwischen ihren Ateliers in Berlin und Wien und internationalen Messen zu pendeln, fiel ihr der Standortwechsel von Deutschland nach Mallorca leicht. Nur ihr bereits 21-jähriger ältester Sohn blieb des Mathematik­studiums wegen in Berlin. „Er war das ideale Galeriekind", erinnert sich Sturm, „das nichts von Mamas Malutensilien anfasste." Bis heute könne er nicht viel mit Kunst anfangen. Ganz anders die kleine Maxima, die überall ihre Signaturen hinterlässt und gerne malt. Offenbar gerät die Kleine eher nach der Mutter. Judith Sturm fände es ohnehin schön, auf Mallorca mit Kindern zu arbeiten.

Doch vorerst widmet sie sich ihrer eigenen Kunst. Derzeit die wichtigsten Bildmotive: Frauentorsos und Flamingos. „Seit 2005 ist mein Markenzeichen der 'informelle Realismus', weil mir die figürliche Malerei sehr wichtig ist und ich gleichzeitig die Brüche des Abstrakten, die Emotion des Informellen hervorbringen will", erklärt sie. Eine zentrale Rolle spielt dabei das Salz. Sie wäscht damit vorher die Farben aus. Auf der Leinwand reagiert das Salz zu Oberflächenstrukturen, die Judith Sturm dann in mehreren Schritten weiterverarbeitet. Am Ende wirkt die Oberfläche ein wenig wie menschliche Haut, die schon einiges mitgemacht hat. Je nach Salztyp ergeben sich unterschiedliche Resultate. „Das Flor de Sal ist dabei manchmal so eigensinnig wie die Mallorquiner an einem Regentag. Da wollen die Salzkörnchen einfach nicht aufgehen", sagt Judith Sturm. Auf der Leinwand bleiben dann kleine Flecken als Blickfang.

Ausgestellt sind Sturms Gemälde derzeit in Port d'Andratx in der Arte Casa Gallery. Die Möglichkeit zu einer persönlichen Führung durch das Atelier in Porto Cristo gibt es am Sonntag, dem 18. Februar von 10 bis 19 Uhr, im Carrer de'n Sureda, 41, Piso 10, 07680 Porto Cristo.