Der Landschaftsgärtner Uli Werthwein ist tot. Der Mallorca-Deutsche verstarb im Alter von 89 Jahren in seinem Haus in Consell in der Inselmitte von Mallorca, wie die Zeitung "Última Hora" am Dienstag (22.5.) berichtet.

In Erinnerung an Uli Werthwein veröffentlichen wir im Folgenden ein Portrait, das im Rahmen der MZ-Serie "Residenten der ersten Stunde" im Februar 2008 in der Printausgabe der Mallorca Zeitung erschienen war.

Ein Leben für Mallorcas Gärten

Uli Werthwein eröffnete in den 70er Jahren das erste Gartencenter auf der Insel

Wer Uli Werthwein und seine Frau Renate in ihrem Anwesen bei Alaró besucht, hat das Gefühl, durch eine kleine Gärtnerei zu fahren. Oder durch eine Baumschule, denn hinter dem schwarzen Eingangstor stehen linkerhand gleich mehrere hundert Palmen in Reih und Glied. „Das ist alles nur noch Hobby", begrüßt der Hausherr die Gäste. „Wir haben hier nur gepflanzt, was wir gerne mögen" - auf rund 3.000 Quadratmeter Gartenfläche. Dabei wächst hier fast alles, was es an mediterraner Pflanzenwelt so gibt: Zypressen, Hibiskus, Zwergpalmen, Narzissen. Er habe schon immer lieber Natur- als klassische Gärten gestaltet, sagt Werthwein. Zum Beispiel am Cap Formentor, als er in den 60er Jahren die Villa des Generaldirektors von Rolls-Royce begrünen sollte. Oder im Hotel Viktoria in Palma in den 50er Jahren.

Begonnen hat Werthweins grüne Karriere in Spanien vor 79 Jahren in Barcelona, beziehungsweise im Saargebiet, wo Uli Werthwein 1929 geboren wurde. Schon im Alter von vier Wochen ziehen seine Eltern mit ihm und seiner Schwester von Süddeutschland nach Bilbao um, wo Ulis Vater eine Anstellung findet. So wird Werthwein schon in den ersten Lebenswochen zum kleinen Spanier, die spanische Staatsbürgerschaft legt er sich allerdings erst nach über 50 Jahren zu.

Gärtnerlehre in Barcelona

Später zieht die Familie nach Barcelona um, wo Werthwein die deutsche Schule besucht, bis diese 1945 geschlossen wird. Also beschließt der junge Mann, eine Gärtnerlehre an der städtischen Gartenbauschule zu beginnen, die just zu diesem Zeitpunkt wieder geöffnet wird. Werthwein und drei Klassenkameraden sind die ersten Schüler nach dem Krieg. Nach sechs Lehrjahren geht er zurück nach Deutschland und lässt sich in Osnabrück zum Diplomingenieur Landschaftsgärtnerei ausbilden. Zwei Jahre darauf steht Werthwein am Anfang seiner Karriere - doch das weiß der 24-Jährige damals noch nicht.

Zurück in Barcelona hat er von dem täglichen Einerlei in einem Nelkenbetrieb bald die Nase voll. Er sucht nach einem neuen Job und hört, dass auf der Insel Mallorca neue Hotels gebaut werden sollen, das Eiland sich zur Ferienidylle mausern soll. Mit einer Liste von mallorquinischen Kunden, die er aus einem Saatgutbetrieb hat, besteigt er die Fähre und will sich selbst einen Überblick verschaffen. In die Insel verliebt er sich sofort. Er plant, eine Gärtnerei auf Mallorca zu eröffnen, denn er ahnt, dass es hier in den nächsten Jahren einen immer größeren Bedarf an Bäumen, Sträuchern und Blumen geben wird. Sein erster Auftrag ist allerdings kein Garten, sondern ein Stück Schnellstraße in Santa Ponça, deren Mittelstreifen von Werthwein begrünt wird. Danach geht's richtig los. Werthwein spricht mit Hoteldirektoren, fährt mit dem Bus über die Insel und macht für sich Werbung. Mit Erfolg: Für das Hotel Victoria in Palma, das einen Swimmingpool am Paseo Marítimo baut, soll er Palmen pflanzen, das Grand Hotel Camp de Mar an der Straße nach Andratx (inzwischen abgerissen) wünscht sich einen Garten, der nicht gegossen werden muss. In Cala d'Or möchte ein englischer Gentlemen gleich mehrere Grundstücke bepflanzen lassen. Es folgen Privatgärten am Cap Formentor, für das Hotel Formentor holt er sogar wilde Zwergpalmen aus dem Gebirge. Werthwein selbst hat zu dieser Zeit nur ein kleines Grundstück gepachtet als Lager für seine Pflanzen.

Mitte der 1950er Jahre verkauft er auf der Plaça Major die ersten Weihnachtsbäume - und löst damit einen kleinen Skandal aus. „Der Bischof persönlich hat sich bei mir beschwert und behauptet, dass Tannenbäume ein heidnisches Symbol seien", sagt Werthwein. Daraufhin hätte er in der Lokalzeitung einen Artikel mit seiner Meinung veröffentlicht und nichts mehr vom Bischof gehört. Werthwein darf weiter Tannenbäume verkaufen, in den folgenden Jahren besorgt er riesige Exemplare für den Flughafen, die Stadt und die Kathedrale. Ende der 60er Jahre eröffnet der Gartenbauingenieur seine eigene Gärtnerei in Son Fuster am Stadtrand von Palma.

Doch schon wenige Jahre später wird er dort wieder enteignet, weil durch das Grundstück eine Autobahn gebaut wird. Werthwein zieht mit seinen Pflanzen an die Ausfallstraße nach Sóller. Gleich hinter der Trabrennbahn entsteht das erste Gartencenter Mallorcas: Ulidin, der Name eine Abkürzung aus Uli(jar)din. „Die Kunden verstanden anfangs überhaupt nicht, dass sie ihre Schubkarre selbst schieben und die Pflanzen aufladen sollten", erinnert sich Renate Werthwein. Seine zweite Frau hatte Uli 1973 auf der Internationalen Gartenbauausstellung in Hamburg kennengelernt. Zwei Jahre später zog die gelernte Floristin nach Mallorca und kümmerte sich zusammen mit fünf Angestellten ums Gartencenter.

Paseo Mallorca begrünt

Werthwein übernimmt weiter die Planung von Hotel- und Privatgärten. Nach einer neuen Verordnung aus Madrid durfte ein Hotel nur eröffnet werden, wenn es einen repräsentativen Eingang hatte. Auch da war die Arbeit von Werthwein und seinem Team gefragt. Inzwischen beschäftigte der Gartenbaumeister 20 Mitarbeiter.

Um immer genug Jungpflanzen vorrätig zu haben, fährt er mit seiner Frau regelmäßig auf die Kanarischen Inseln. Größere Pflanzen werden einmal im Jahr per Lkw aus Valencia, Barcelona und Granada besorgt - „Holland als Versandhandel gab's ja noch nicht", sagt Werthwein.

So holte das Ehepaar auch den ersten Hibiskus, farbige Bougainvilleen und Zypressen auf die Insel. Und reiste auf Einladung des Internationalen Gartenverbandes, in dem Werthwein als Vizepräsident Spanien repräsentierte, quer durch Europa. „Da haben wir uns Institute, Gärtnereien und Parks angesehen, neue Eindrücke und Ideen gesammelt", erzählt Werthwein. Drei Bücher werden veröffentlicht, der Paseo Mallorca bepflanzt und noch immer die Planung für circa einen Hotelgarten pro Woche gemacht.

Mit 71 Jahren war für Werthwein Schluss mit der vielen Arbeit. „Irgendwann muss man auch mal an sich denken." Und den eigenen Garten. Das Ehepaar schließt die Gärtnerei, verkauft das Land und zieht in die Nähe von Alaró. „Und wenn mal ein Freund bei mir anruft und den Garten gemacht haben möchte?" Werthwein winkt ab. „Keine Fremdgärten mehr. Meine Zeit gehört jetzt meiner Frau und unserem kleinen Paradies."