Viele Menschen klagen über Schulterschmerzen. Dies ist nicht verwunderlich, wenn man sich den anatomischen Aufbau des Schultergelenks einmal vor Augen hält. Zum einen ist das Schultergelenk das Gelenk mit der größten Bewegungsmöglichkeit in allen Ebenen. Dieses Bewegungsausmaß ist nur möglich, wenn bei einer relativ kleinen und flachen Gelenkpfanne und sehr großen Oberarmkopf viele Hilfsstrukturen wie Sehnen, Gelenkkapsel und eine kräftig ausgebildete Muskulatur, die Muskelmanschette, das Gelenk festigen.

Da für alle diese Strukturen bei der vielseitigen Mobilität des Gelenks nur sehr wenig Platz vorhanden ist, kann man sich vorstellen, dass durch Verschleiß, Verletzungen oder Reizungen die Beweglichkeit schnell eingeschränkt wird. Die Schmerzen können so stark sein, dass sie den Betroffenen den Schlaf rauben. Auch die täglich zu verrichtenden Tätigkeiten werden immer mühsamer. Einfache Arbeiten können zur Qual werden.

Arthrose

Die häufigste Erkrankung ist die Arthrose, eine schmerzhafte Verschleißerscheinung, bei der die Gelenkflächen nicht mehr sauber aufeinander gleiten, sondern durch Knorpelabrieb aufgeraut sind, sodass es zu einer schmerzhaften Entzündung kommt. Bei schweren Schädigungen ist nicht selten der prothetische Ersatz des Gelenks erforderlich. Durch das Schmirgeln der Gelenkflächen kommt es zur schmerzhaften Arthrose, die meist Menschen nach dem 65. Lebensjahr befällt.

Zwar kann dem Patienten durch Einbau eines künstlichen Gelenks Schmerzfreiheit, weitgehende Beweglichkeit und Kraft wiedergegeben werden, doch sollte es möglichst nicht so weit kommen. Je früher die Behandlung beginnt, desto erfolgversprechender ist sie. Sind jedoch erst einmal bestimmte Sehnen, die Kapsel oder die Rotatorenmanschette (Muskulatur) gerissen, ist eine Operation meist nicht zu vermeiden. Diese ist heute jedoch meist durch einen arthroskopischen Eingriff (Knopflochchirurgie) möglich.

Sportarten wie Golf, Tennis oder Speerwerfen reizen die Sehnen und den benachbarten Schleimbeutel, der dafür sorgt, dass die Sehnen reibungslos und ohne Knochenkontakt gleiten können. Kommt es durch Reibungsreiz zu einer schmerzhaften Entzündung mit Schwellung des Gewebes, spricht der Arzt von einem Engpassyndrom.

Kalkablagerungen

Bei Frauen jenseits des 40. Lebensjahres kommt es häufig zu Kalkablagerungen in den Sehnenansätzen rund um das Schultergelenk, oft Folge mangelhafter Durchblutung, was durch den Raummangel noch gefördert wird. Bei dieser Erkrankung, die bei Bewegungen über Schulter- oder Kopfhöhe Schmerzen verursacht, sprechen wir von der Kalkschulter. Hier wechseln oft Schmerzperioden mit schmerzfreien Phasen. Eine besonders schmerzhafte Krankheitsform ist das Auskugeln des Gelenks, die sogenannte Luxation. Sie ist oft Folge der Überdrehung des Arms. Doch auch ein unglücklicher Sturz beim Skilaufen oder Fußball oder ein heftiger Schlag auf die Schulter kann eine Luxation auslösen. Der Oberarmkopf springt aus der Gelenkpfanne, meist nach vorne unten, und löst durch Überdehnung oder Einriss der Gelenkkapsel oder der Rotatorenmanschette heftige Schmerzen aus. Ein Einrenken der ausgekugelten Schulter sollte nur durch einen erfahrenen Arzt erfolgen. Sogenannte „habituelle“ Luxationen treten auf bei angeborener zu flacher oder kleiner Gelenkpfanne und sollten auf jeden Fall operativ angegangen werden, um einem frühzeitigen Verschleiß vorzubeugen.

Schultersteife

Die sogenannte Schultersteife ist eine weitgehend eingeschränkte Beweglichkeit. Um dieser vorzubeugen, sollte möglichst bald ein Facharzt aufgesucht werden, da bei länger andauernder Immobilisierung schnell eine Einsteifung eintritt. In der Regel beinhaltet die Anfangstherapie konservative Maßnahmen wie Krankengymnastik, Massage oder Mobilisierung in kurzer Narkose. Entzündungshemmende und schmerzstillende Medikamente oder kurzzeitige Infiltrationen mit Cortison unterstützen diese Therapie mit anderen physikalischen Maßnahmen.

Bei der Kalkschulter hat sich eine Stoßwellentherapie (Schallwellen) zur Zertrümmerung der Kalkablagerungen bewährt. Inzwischen hat auch das Absaugen der Verkalkung und die Entfernung des Schleimbeutels gute Erfolge gezeigt, da hierdurch mehr Platz geschaffen wird. Beim Engpassyndrom hobelt man etwas Knochensubstanz ab, um das Einklemmen von Weichteilen zu verhindern.

Die meisten Patienten berichten, dass sie bereits einige Wochen nach entsprechenden Eingriffen eine Besserung der Beweglichkeit und ein Rückgang der Schmerzen eingetreten sei. Bis zur völligen Beschwerdefreiheit und Belastbarkeit kann jedoch ein Jahr vergehen.

Der Autor ist Facharzt für allgemeine und ästhetische Chirurgie in der

Clinica Avenida Paguera

Tel.: 971-68 90 28.