Wenn Maite Millán aus dem Fenster schaut, hat sie eine sehr viel bessere Aussicht als noch vor einem Jahr. Das Behandlungszimmer der Ärztin im Gesundheitszentrum von Can Pastilla an der Playa de Palma liegt nun im zweiten Stock – statt wie zuvor im Kellergeschoss. Der Umzug von der alten Basiseinheit ins neue Gebäude direkt neben dem Marktplatz ist eben in jeder Hinsicht eine enorme Verbesserung. „Wir haben mehr Platz, mehr Licht, mehr Heizung – manchmal sogar zu viel", sagt die Koordinatorin des Gesundheitszentrums.

Das neue Gebäude in Can Pastilla ist ein Beispiel für die derzeitige Runderneuerung der medizinischen Erstversorgung auf Mallorca. „Wenn die Legislaturperiode um ist, werden für die Hälfte der Balearen-Bewohner neue oder erweiterte Gesundheitszentren bereit stehen", verspricht Nacho García, bei der balearischen Gesundheitsbehörde ib-salut verantwortlich für die centros de salud.

In den kommenden Wochen steht der Spatenstich für gleich zehn neue Gesundheitszentren an – in Andratx, Ariany, Esporles, Maria de la Salut, Molinar, Muro, Sa Pobla, Porreres, Ses Salines und Son Servera. Insgesamt werden 53 Millionen Euro investiert.

Welche Verbesserungen davon zu erwarten sind, ist in Can Pastilla bereits zu besichtigen. Es ist fast still beim Betreten des dreistöckigen Gebäudes, die Patienten verlieren sich in den Fluren. Statt in Plastikschalensitzen an den Wänden können sie auf richtigen Stühlen Platz nehmen. Aus dem früheren Provisorium im Keller, das nur halbtags geöffnet war, ist ein Großbetrieb mit sechs Ärzten, fünf Krankenschwestern und -pflegern sowie weiterem Fachpersonal geworden. Im Obergeschoss steht ein heller Saal für Geburtsvorbereitungskurse bereit – zuvor mussten schwangere Frauen dafür ins überfüllte Zentrum in Coll d´en Rabassa. Sogar eine Sozialarbeiterin hat ein Büro bezogen.

Endlich habe man sich der empfohlenen Ärztedichte angenähert, sagt Millán. Das Zentrum mit seinen drei Zweigstellen (unidades básicas) in S´Aranjassa, Es Pilar und Arenal versorgt 18.000 Einwohner, ein Hausarzt (médico de cabecera) kommt auf rund 1.500 Einwohner. Auf Mallorca seien es im Schnitt 1.600 Patienten pro Arzt, so Nacho García. Zum Vergleich: Auf einen Hausarzt in Deutschland entfallen nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung 1.450 bis 1.850 Einwohner, je nach Siedlungsdichte.

Die Zeit bleibt jedoch auch im neuen Zentrum knapp bemessen, ein Schwätzchen mit dem Arzt ist in der Regel nicht möglich. Im Durchschnitt sind es sieben Minuten für die Behandlung eines Patienten. „Ideal wären zehn", sagt Millán. Und auch heimelige Wartezimmer mit Lesezirkel-Zeitschriften, Aquarium und Gemälden an den Wänden wird es nicht geben – schließlich handelt es sich im Gegensatz zu Deutschland um ein steuerfinanziertes System zur medizinischen Basisversorgung. „Wir legen jetzt aber Broschüren mit Gesundheits-Infos aus", meint García.

Damit der Bau der neuen Zentren zügig voranschreitet, geht die Landesregierung neue Wege: Bau und Instandhaltung werden an private Firmen vergeben, nur die eigentliche Gesundheitsversorgung bleibt in öffentlicher Hand. Nach Ende der Konzession müssen die Firmen die Zentren dann zurückgeben.

Von der Innovationsoffensive profitieren im Übrigen auch die ausländischen Patienten. So ist das Zentrum in Can Pastilla jetzt mit einem Tele-Übersetzungssystem ausgestattet: Patient und Arzt stecken sich jeweils Kopfhörer ins Ohr, die an ein Handy angeschlossen sind. Nach der Wahl einer Telefonnummer steht am anderen Ende der Leitung ein Übersetzer zur Verfügung. Früher habe immer ein deutschsprachiger Kollege aushelfen müssen, erinnert sich Millán. Und wenn der nicht da war, half nur noch die Gebärden-Sprache oder der Google-Online-Übersetzer.

In der Printausgabe vom 11. März (Nummer 514) lesen Sie außerdem:

- Schnee auf Mallorca: Von weißer Pracht und langen Staus

- PP-Parteitag: Ein Kapitän für die Konservativen

- Regierungskrise: Die UM mischt weiter mit

- Kein Weg nach Estellencs: Landstraße nach Erdrutsch gesperrt

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