Die Clínica Juaneda mit inzwischen fünf Krankenhäusern und mehr als 50 Ärztezentren balearenweit ist Mallorcas Marktführer im Bereich der privaten Gesundheitsversorgung. Wir sprachen mit Dr. Juan Alguersuari Bes, der vor 42 Jahren anfing, erkrankte Urlauber zu behandeln, und nun Vorsitzender der Juaneda-Gruppe ist.

Gerade fand auf Mallorca das erste Forum für Gesundheitstourismus statt. Was tut die Juaneda-Gruppe, um dieses angeblich so große Potenzial auszuschöpfen?

Wir haben seit vielen Jahren Erfahrung beim Behandeln von Touristen und glauben, dass wir dank dieser Infrastruktur und der Vorzüge der Insel auch für Personen attraktiv sind, die hier beispielsweise eine schnellere und vollständigere Diagnose bekommen als in ihren Heimatländern - oder auch in anderen Teilen Spaniens, wir richten uns da nicht nur an Ausländer. Krebs­erkrankungen etwa können wir mittels Blutprobe und Gendiagnose diagnostizieren, ohne wie üblich Gewebe entnehmen zu müssen.

Ihre Mitbewerber buhlen etwa um ausländische Patienten, die sich auf der Insel die Augen lasern oder einer Schönheitsoperation unterziehen wollen. Wie umkämpft ist dieser Markt?

Zunächst einmal müssen wir die neuen Möglichkeiten kommunizieren. Mallorca ist bestens bekannt als Urlaubsort, aber noch nicht als Ziel für Gesundheitstourismus. Das Problem ist weniger die Konkurrenz als die Kommunikation. Zumal das Potenzial riesig ist. In Spanien und im Ausland gibt es sehr viele Menschen, die angesichts eines bösen Verdachts oder einer besorgniserregenden Diagnose keine Zeit verlieren dürfen und bei denen man schnell mit der geeigneten Behandlung beginnen muss. Wir können das innerhalb von 24 Stunden leisten.

Das klingt, als hätten Sie es nur auf Schwerkranke abgesehen. Interessieren Sie sich gar nicht für eher ästhetische Eingriffe?

Da es für solche modernen Eingriffe in vielen Ländern lange Wartelisten gibt, können wir auch hier schnell weiterhelfen. Zumal der Tourist die Behandlungskosten in seinem Land zurückerstattet bekommt, zumindest den Teil, den die dortige Krankenkasse zahlt. Die Gesetzgebung hierfür gibt es bereits, die Menschen nutzen es nur noch nicht. Da fehlt es noch an Vertrauen. Ein Urlauber traut uns vermutlich im Vorfeld auch nicht, aber wenn er sich das Bein gebrochen hat, bleibt ihm keine andere Wahl, als sich behandeln zu lassen - und dabei gewinnt er möglicherweise dieses Vertrauen. Eine Person dagegen, die sich aus freien Stücken für eine Behandlung im Ausland entscheiden soll, kommt nicht automatisch auf Mallorca - da denkt man bisher eher an Texas oder Thailand.

Welche Rolle spielen ausländische Residenten für die Juaneda?

Eine sehr wichtige, vor allem diejenigen, die einen Teil des Jahres auf Mallorca verbringen. Sie tendieren dazu, bei einem gesundheitlichen Problem oder einer nicht dringenden Operation abzuwarten, bis sie wieder in der Heimat sind, was völlig nachvollziehbar ist. Wir wollen aber versuchen, auch das Vertrauen dieser Leute zu gewinnen, damit sie hier bleiben und sich beispielsweise ihre neue Prothese direkt auf Mallorca machen lassen.

Was aber nur mit privater Krankenversicherung geht, oder?

Viele Residenten haben eine private Versicherung oder sind über den Automobilclub RACC abgesichert. Doch inzwischen hat Juaneda auch Abkommen mit vier deutschen Krankenkassen, mit AOK, TK, DAK und seit 2015 auch Barmer, die meines Wissens drei Viertel der deutschen Bevölkerung abdecken. Als Urlauber behandeln wir die dort Versicherten, ohne dass sie in Vorleistung gehen müssen.

Als Sie 2011 den ersten Vertrag mit der AOK schlossen, wurde vielfach kritisiert, dass es sich um eine Mogelpackung handle, da nur die ambulante, nicht aber die stationäre Behandlung eingeschlossen sei.

Das war zum damaligen Zeitpunkt richtig, da wir damals die Policlínica Miramar noch nicht hatten. Seitdem aber Juaneda 2013 Miramar gekauft hat, können Patienten dieser vier Kassen dort zum Facharzt gehen oder stationär behandelt werden - soweit die deutschen Kassen die entsprechende Behandlung auch in Deutschland übernehmen. Wenn jemand zum Beispiel zum Pflegefall wird, ist das etwas anderes, aber das würde ja in Deutschland auch nicht mehr die Kasse zahlen.

Warum dürfen die deutschen Kassenpatienten nicht in jede beliebige Juaneda-Klinik?

Wir sind darauf spezialisiert, Urlauber sehr schnell zu behandeln. Hierfür haben wir viel investiert, hierfür haben wir Personal mit Fremdsprachen­kenntnissen und deshalb Preise, die die privaten Reise­versicherungen zahlen, die aber etwas höher liegen als die Sätze der gesetzlichen Krankenkassen. Allerdings trafen wir für die Miramar-Klinik eine Vereinbarung mit den Krankenkassen, um mit dem deutschen DRG-System (an Diagnosen geknüpftes Fallpauschalen-System) abrechnen zu dürfen, sodass die Kassen hier dasselbe zahlen wie in Deutschland.

Und warum ist das nur in der Miramar-Klinik möglich?

Da wir mehrere Krankenhäuser haben, gibt es sozusagen ein Fünf-Sterne-Hotel und ein Drei-Sterne-Hotel. Das eine ist vielleicht etwas luxuriöser, wobei es bei uns nicht um Luxus geht, die medizinische Versorgung ist überall gleich gut. Allerdings haben wir beschlossen, die Miramar-Klinik, wo wir viel Platz haben, dem großen Kollektiv der gesetzlich Krankenversicherten zu widmen, während die kleineren Juaneda-Kliniken weiterhin den ­Privatpatienten vorbehalten sind. Dort verfügen wir über ein ausgefeiltes System, um die Anrufe der Reiseveranstalter und Hotels entgegenzunehmen. Auf der anderen Seite haben wir die Klinik Miramar, wo die Türen allen Kassenpatienten offenstehen und die Mitarbeiter speziell darauf vorbereitet sind, mit den deutschen Kassen abzurechnen.

Die Belegschaft der Juaneda ist sehr international. Wie viele Ärzte sprechen tatsächlich Deutsch?

Mindestens 30 von insgesamt 600 Ärzten sprechen gut Deutsch, andere ein bisschen. Aber das ist kein Problem, denn jeder Arzt kann auf Dolmetscher zurückgreifen, die auf medizinisches Fachvokabular spezialisiert sind. In unserem Callcenter bekommen Patienten in 19 oder 20 Sprachen Auskunft.

Beschäftigen Sie im Sommer mehr Personal als im Winter?

Da wir auch sehr viele einheimische Patienten haben, die sich eher in den ruhigen Wintermonaten operieren lassen, während die Urlauber vor allem im Sommer kommen, gibt es das ganze Jahr über viel zu tun. Das ist sehr ausgeglichen.

Warum arbeitet Juaneda dann so viel mit befristeten Verträgen, wie die Gewerkschaften kritisieren?

Wenn wir zum Beispiel einen neuen Radiologen anstellen, der schwierig zu finden ist, bekommt der sicher von Anfang an einen Festvertrag. Handelt es sich aber um Stellen, für die es viele Bewerber gibt, nutzen wir die gesetzliche Möglichkeit, ein Jahr lang nur befristete Verträge zu vergeben, sodass der Mitarbeiter das Unternehmen besser kennenlernen kann und andersherum. Wenn dann laut Gesetz eine Festanstellung fällig wird, ist man sich seiner Sache viel sicherer als am ersten Arbeitstag.

Braucht Mallorca eine Medizin-Fakultät?

Auf jeden Fall. Nicht nur weil sich dadurch das medizinische Know-how weiter verbessert und die klinische Forschung gefördert wird. Sondern vor allem weil Mallorca ein idealer Standort für eine internationale Universität ist, in der in verschiedenen Sprachen gelehrt wird und Leute aus der ganzen Welt studieren - die das hier gewonnene Vertrauen später in ihre Länder zurücktragen und dort für Mallorcas Medizin werben. Das zumindest ist meine Vision von einer Medizin-Fakultät.

Wird Juaneda weiter expandieren?

Ein wichtiges Ereignis wird die Eröffnung unseres Juaneda Sport Health Centers in der Rafa Nadal Tennis Academy in Manacor im Juni 2016 sein. Es ist auf Sportmedizin, Diätetik und Ernährungs­wissenschaften spezialisiert und steht nicht nur den Leuten offen, die dort trainieren, wobei wir insbesondere auf internationale Sportler beziehungsweise Patienten setzen. Das ist schließlich ein weiteres In­strument, um das Vertrauen der Ausländer zu gewinnen.