In einem sterilen Raum, dessen Luftfeuchtigkeit und Temperatur ständig kontrolliert werden, drehen sich große, durchsichtige Gläser um die eigene Achse. Die weißen Kügelchen darin springen wie Lottokugeln umher und werden auf diese Weise mit homöopathischen Lösungen impräg­niert. Hinter einer Glasscheibe reinigen zwei Männer in weißen Overalls, Gummihandschuhen und Gesichtsmasken, die nur die Augenpartie freigeben, eine Maschine. Sie wird die Globuli später in verschiedenfarbige Kapseln einfüllen, die anschließend in Blisterpackungen eingelassen werden und in kleinen Pappschachteln mit der Aufschrift Labo´Life verschwinden.

Dahinter verbirgt sich der nach Unternehmensangaben weltweit erste und einzige Hersteller von Mikroimmuntherapie-Medikamenten - mit Hauptsitz im unscheinbaren Inseldorf Consell. Niedergelassen hatte sich die ursprünglich aus Frankreich stammende Firma dort bereits Ende 1992, weil die Bedingungen auf Mallorca besonders günstig waren. „Damals gab es von der Landesregierung Subventionen, um die Ansiedlung energieschonender und umweltfreundlicher Industrien speziell in diesem Gewerbegebiet voranzutreiben", erklärt Unternehmenssprecherin Laura García, die einen Doktor in Mikrobiologie hat. Dass der deutsche Bionorica-Konzern gleich nebenan pflanzliche Arzneimittel produziert, ist deshalb kein Zufall.

1996 eröffnete Labo´Life eine Vertriebsniederlassung in Mailand, 2000 folgte eine weitere in Belgien, wo 2005 auch ein zweites Labor samt Produktionsstätte die Arbeit aufnahm. Warum es bislang dennoch recht ruhig um das Unternehmen war, erklärt Geschäftsführer Ian Wilders, halb Brite, halb Franzose: „Vor 25 Jahren war die Mikroimmuntherapie noch zu neumodisch und unbekannt, inzwischen wird sie langsam zum mainstream, da immer mehr Ärzte und Patienten auf sie setzen." Begünstigt werde das durch neue Erkenntnisse in der medizinischen Forschung.

Die jährlich 300.000 Packungen à 30 Tabletten, von denen 80 Prozent auf Mallorca gefertigt werden, dürften bald nicht mehr ausreichen, um die Nachfrage zu bewältigen, glaubt Wilders. „Wir sind auf Expansionskurs." Vergrößert werden soll nicht nur die derzeit 80 Mitarbeiter zählende Belegschaft, darunter Biologen, Pharmazeuten und Labortechniker. Neben der bisherigen Firmenzentrale sollen bis Weihnachten auch 1.000 Quadratmeter zusätzliche Büroflächen entstehen - und ein weiteres Stockwerk, falls in Zukunft auch die Labor- und Produktionsräume mehr Platz benötigen.

47 verschiedene Medikamente stellt Labo´Life inzwischen her, wobei diese bisher nur in Belgien offiziell registriert sind. In Deutschland sind die Kapseln, die dort per Definition als homöopathische Arzneimittel gelten, noch nicht zugelassen. Dasselbe gilt für Österreich und Italien. Auch auf dem spanischen Markt sind bisher nur 25 Produkte anerkannt. Da die Registrierung für jedes Produkt einzeln erfolgen müsse und im Vorfeld wissenschaftliche Studien nötig seien, sei der bürokratische und finanzielle Aufwand sehr hoch, erklärt Katharina Krüger, die Kommunikationschefin für den deutschsprachigen Raum. „Wir sind ein kleines Unternehmen, wir können die Zulassungen deshalb nur nach und nach vorantreiben."

Für die Produktion oder den Vertrieb der Produkte sei das aber ohnehin zweitrangig, heißt es. Zwar dürften Apotheken die Kapseln, die nicht verschreibungs-, aber apothekenpflichtig sind, nicht auf Vorrat halten, könnten diese jedoch jederzeit bestellen - egal in welchem Land sie sich befinden.

Bislang kommen die Abnehmer der bunten Kapseln, die pro Packung 30 bis 90 Euro kosten, vom spanischen Festland, aus dem deutschsprachigen Raum, Frankreich, Italien und Belgien. „Auf Mallorca verkaufen wir bisher höchstens ein Prozent", sagt Geschäftsführer Wilders, der weitere Märkte erschließen will. Seine Heimat England etwa ist noch ein gänzlich weißer Fleck in Sachen Mikroimmuntherapie.

Allerdings werden die Briten die Ersten sein, die in diesem Frühsommer mit der neu geschaffenen Labo´Life-Reiseagentur „Gesundheitsurlaub" auf der Insel machen. 2017 will Wilders das Angebot, das sportliche Aktivitäten sowie Vorträge und Workshops über gesunde Ernährung und körperbewusstes Leben enthält, auf den deutschsprachigen Raum ausweiten. Im Jahr des 25. Unternehmensjubiläums wird zudem der weltweit erste Fachkongress für Mikroimmuntherapie auf der Insel stattfinden, zu dem rund 500 internationale Ärzte und Wissenschaftler erwartet werden. „Mallorca ist hierfür die ideale Ort, diesen Potenzial müssen wir ausnutzen", sagt Ian Wilders.