Das Pflegegeld, von dem in der letzten Folge die Rede war, ist eine frei verfügbare Leistung, die der Pflegebedürftige grundsätzlich verwenden kann, wie er es möchte. Allerdings prüft die Pflegekasse regelmäßig, ob der Pflegebedürftige auch die nötige Pflege erhält.

Falls häusliche Pflege benötigt wird, gibt es als Alternative zum Pflegegeld einen Anspruch des Pflege­bedürftigen gegenüber der Pflegekasse auf Erbringung einer Dienstleistung. Das sind die sogenannten Sachleistungen. Ihre Pflegekasse hat dazu Verträge mit Einzelpersonen und den bekannten Trägern ambulanter Pflegedienste geschlossen. Der Pflegebedürftige kann in besonderen Fällen auch selbst eine Fachkraft einstellen und erhält dann die Kosten im Rahmen seiner Pflegestufe erstattet. Bei notwendiger stationärer Pflege gelten höhere Sätze, die von der Pflegekasse unmittelbar mit der Pflegeeinrichtung abgerechnet werden.

In der Regel werden mit der Leistung die Kosten nur teilweise abgedeckt; den Differenzbetrag muss der Pflegebedürftige selbst tragen. Oft werden die unterhaltspflichtigen Angehörigen oder das Sozialamt aushelfen müssen. Die Pflegeversicherung ist keine Vollversicherung!

Seit Januar 2017 gelten folgende monatliche Pflegesachleistungen:

Häusliche ambulante Pflege:

Pflegegrad 1: entfällt

Pflegegrad 2: 689 Euro

Pflegegrad 3: 1.289 Euro

Pflegegrad 4: 1.612 Euro

Pflegegrad 5: 1.995 Euro

Vollstationäre Pflege:

Pflegegrad 1: 125 Euro

Pflegegrad 2: 770 Euro

Pflegegrad 3: 1.262 Euro

Pflegegrad 4: 1.775 Euro

Pflegegrad 5: 2.005 Euro

Diese Leistungen sind wesentlich höher als das Pflegegeld. Auch diese Leistungen werden nicht automatisch jährlich an die Wirtschaftsentwicklung angepasst, sondern jeweils durch besondere Gesetze.

Zahlung von Pflegesachleistungen nach Spanien?

Fallbeispiel:

Renate K. aus Berlin wohnt in ihrem kleinen Haus in der Nähe von Palma. Nach dem Tod ihres Mannes fühlt sie sich gesundheitlich nicht mehr in der Lage, ihr Leben allein zu meistern. Sie beschließt, in ein privates Altenpflegeheim zu ziehen, welches in der Nähe liegt und unter deutscher Leitung steht. Der Heimplatz kostet 2.500 Euro im Monat, aber ihre vergleichsweise recht gute Witwenrente beträgt nur 1.600 Euro monatlich. Kann sie mit finanzieller Hilfe ihrer Pflegeversicherung rechnen?

Antwort:

Sachleistungen, wie etwa die Betreuung in Pflegeeinrichtungen, können nach der gegenwärtigen deutschen Praxis nicht nach Spanien exportiert werden.

Nach den geltenden Regelungen kann Frau K. zwar auch in dem Pflegeheim in Spanien das ­deutsche Pflegegeld (je nach Grad der Pflegebedürftigkeit 125 bis 901 Euro monatlich) erhalten, nicht aber die weitaus höheren Leistungen bei stationärer Pflege in einer Vertragseinrichtung der Pflegekasse (je nach Pflegebedarf 125 bis 2.005 Euro monatlich).

Diese Rechtslage ist kaum zu verstehen. Denn würde Frau K sich entschließen, zurück nach Deutschland in ein Pflegeheim zu gehen, entstünden weitaus höhere Kosten, da stationäre Pflegeeinrichtungen dort mit etwa 3.500 Euro zu Buche schlagen würden. In vielen Fällen würde neben der Pflegekasse auch die Sozialhilfe (Grundsicherung im Alter) die Finanzierung übernehmen müssen, weil die Alterseinkünfte die Kosten nicht decken können.

Warum können in Spanien nicht die höheren Pflegesachleistungen geltend gemacht werden?

Deutschland begründet seine Praxis damit, dass diese Leistungen auf die deutschen Verhältnisse zugeschnitten sind. Es ist aber schwer nachvollziehbar, warum sich der Pflegebedürftige nur eine Einrichtung in Deutschland aussuchen kann, wo doch in Europa Dienstleistungsfreiheit besteht. Es ist zudem so, dass die Pflegesachleistungen im Grunde nicht von den Geldleistungen, die nach europäischem Recht ohnehin exportiert werden müssen, zu unterscheiden sind. Das Geld geht lediglich nicht an den Pflegebedürftigen, sondern an das Pflegeheim oder den Pflegedienst, also den Leistungs­erbringer.

Hier ruhten große Hoffnungen auf dem Europäischen Gerichtshof. Der Generalanwalt beim Gerichtshof hatte sich noch dafür ausgesprochen, dass nicht nur die Geldleistungen, sondern auch die Pflegesachleistungen in das

europäische Ausland zu exportieren sind. Leider hat jedoch der Europäische Gerichtshof mit seinem Urteil vom 16. Juli 2009 in der Rechtssache C-208/07 (Chamier-Gliscinski) entschieden, dass bei dauerndem Aufenthalt in einem EU/EWR-Staat die Pflegesachleistungen nicht zu exportieren sind.

Leider hat der Europäische Gerichtshof auch in der praktisch für die meisten Deutschen in Spanien viel wichtigeren Frage, wie es sich bei vorübergehendem Aufenthalt verhält, gegen einen Export der Pflegesachleistungen entschieden (Urteil C-562/10, Kommission gegen Deutschland). Nach Ansicht der EU-Kommission und vieler Juristen verstößt die deutsche Regelung gegen die Dienstleistungsfreiheit, weil sich Pflegebedürftige nicht ihre Pflegeeinrichtung in Europa aussuchen können. Dies passt auch nicht zur Patientenmobilität, die in Europa gilt. Nach Ansicht des Gerichts ist die Pflegeversicherung aber ein so sensibler und kostenträchtiger Bereich, dass gegen den kostenträchtigen Leistungsexport entschieden wurde.