Die Ergebnisse der neuen Studie klingen beunruhigend: Gerade im Mittelmeer ist die Quecksilberkonzentration höher als in anderen Meeren rund um Europa. Und: Rückstände des giftigen Schwermetalls konnten in den hiesigen Speisefischen deutlich häufiger nachgewiesen werden als in Fischen, die sich in Atlantik, Nordsee und Co. tummeln.

„Teilweise überschreiten die Werte sogar die Grenzwerte, die die Europäische Union für Nahrungsmittel vorgibt. Und dann besteht unter Umständen ein Gesundheitsrisiko", sagt Rosa Maria Llull vom balearischen Gesundheitsministerium, das die Studie in Auftrag gegeben hat. Zwischen März 2014 und August 2016 testeten Spezialisten 173 Speise­fische auf Mallorca sowie weitere auf Menorca (122) und Ibiza (79). Insgesamt 31 verschiedene Arten wurden untersucht. „Wir haben ein repräsentatives Ergebnis angestrebt, deshalb wurden die Proben in Bezug zu den Essgewohnheiten der Inselbevölkerung gesetzt", erläutert Llull.

Sollte man ab sofort also nur noch Fisch von außerhalb essen? „Nein", so Llull. „Auch bei der Auswertung der Ergebnisse muss man differenzieren." Zum einen seien nicht alle Fischarten gleichermaßen kontaminiert. „Grundsätzlich kann man sagen, dass die Fische, die am Anfang der Nahrungskette stehen und nur Plankton fressen, die niedrigste Quecksilberkonzentration aufweisen." Das sind im Mittelmeer beispielsweise sardinas (Sardinen) und boquerones (Sardellen). Höher seien die Werte bei den Fischen, die Krusten- und Weichtiere essen, also zum Beispiel beim moll (Streifenbarsch) und beim serrà (Sägebarsch). Die höchste Quecksilberkonzentrationen finden sich bei den Raubtieren im Mittelmeer, sprich: Beim atún rojo (Roten Thunfisch), bei verschiedenen Haisorten wie dem gató/pintarroja (Katzenhai) sowie beim marlín (Segelfisch). Auch der anfós (Brauner Zackenbarsch) und die déntol (Zahnbrasse) - Fischarten,­ die rund um die Balearen sehr häufig vorkommen - fallen in diese Gruppe. Insgesamt wiesen rund 28 Prozent aller Proben aus der Raubfischgruppe Werte auf, die über den EU-Limits liegen. Im Fall des Braunen Zackenbarschs kamen sogar alle getesteten Exemplare auf zu hohe Werte.

„Grundsätzlich kann man sagen, dass die Fische in den Tests mehr Quecksilber aufwiesen, je größer und älter sie waren", so Llull. Das erkläre auch, warum die getesteten llampugas (Goldmakrelen) kaum Quecksilber ­aufwiesen, obwohl sie am Ende der Nahrungskette stehen. „Goldmakrelen wachsen sehr schnell und werden früh gefischt, sodass hier das Risiko sehr gering ist", so Llull.

Und auch die Essgewohnheiten auf Mallorca relativieren die Gefahr gesundheitlicher Schäden durch Quecksilberaufnahme. „Die Balearen-Bewohnter konsumieren ohnehin überwiegend Fisch, der nicht aus mediterranen Gewässern gefischt wurde." Durch die Globalisierung sei Fisch von außerhalb oft günstiger und vor allem in den Supermärkten stärker vertreten: Nur etwa sieben Prozent des auf den Inseln verzehrten Fisches komme auch tatsächlich von hier. „Eine ernsthafte Gefahr bestünde nur dann, wenn die Menschen ihren Fischkonsum deutlich erhöhen würden." Im Gesundheitsministerium empfiehlt man grundsätzlich, abwechslungsreich beim Fischkauf zu sein, erläutert Llull. Zwei bis vier Portionen pro Woche stets wechselnder Arten seien ideal und könnten bedenkenlos verzehrt werden. „Sie sind sogar wichtig, da sie wertvolle Omega-3-Fettsäuren beinhalten, die gut für die Herzgesundheit sind." Wenn dann mal eine kontaminierte Art dabei sei, sei das nicht problematisch.

In jedem Fall aufpassen sollten allerdings schwangere oder stillende Frauen oder diejenigen mit akutem Kinderwunsch. „Für den Fötus, den Säugling und das Kleinkind sind bereits geringe Mengen an Quecksilber gefährlich." Diese Frauen sollten deshalb vorübergehend komplett auf atún rojo, Speerfische und sämtliche Haifischarten verzichten. „Auch Kinder bis drei Jahre sollten diese Spezies nicht zu sich nehmen, es könnte ihre Entwicklung stören." Vier- bis Zwölfjährigen empfiehlt Llull grundsätzlich einen regelmäßigen Fischkonsum von bis zu 50 Gramm pro Woche.

„Die Ergebnisse der Studie sind ein Warnsignal", fasst Llull zusammen. Von wirklicher Vergiftungsgefahr könne noch nicht die Rede sein. „Aber die Umweltpolitik muss sich ändern, damit das auch so bleibt", findet Llull. Denn die Quecksilberkonzentration in den Meeren werde vor allem durch industrielle Abfälle und Abwässer verursacht. Wegen seiner geografischen Begrenzung sei das Mittelmeer besonders ­betroffen.

Immerhin ist Besserung in Sicht: Erst im August trat ein internationales Abkommen der Vereinten Nationen in Kraft, das die Umweltstandards weltweit verschärft. In der EU soll bis zum Jahr 2020 zudem die Produktion von Batterien, Thermo­metern und Energiesparlampen mit Quecksilber auslaufen.