Ab dem 17. August 2015 gelten EU-weit neue Regeln im Todesfall. Genauer gesagt, für die Besitztümer der Verstorbenen. An diesem Stichtag tritt die Europäische Erbrechtsverordnung in Kraft. Sie regelt, welches Erbrecht wo zur Anwendung kommt - und das hat auch Auswirkungen für im Ausland lebende Deutsche.

Hier nun kommen Susanne Anger und die Initiative „Mein Erbe tut Gutes" ins Spiel. „Wir nutzen Änderungen im Erbrecht, um zu sagen: Haben Sie vielleicht schon einmal daran gedacht, einen Teil Ihres Erbes zu spenden?", sagt die geschäftsführende Gesellschafterin der Deutschen Fundraising Company (DFC), die die Initiative verwaltet.

Ab Mitte dieses Monats entscheidet nicht mehr die eigene Staatsbürgerschaft darüber, nach welchem Recht der Nachlass verwaltet wird, sondern der sogenannte letzte gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers. Wer also den Großteil seines Lebens auf Mallorca verbringt, dessen Vermögen untersteht auch mallorquinischem Erbrecht. Es sei denn, im Testament ist explizit vermerkt, dass deutsche Gesetze gelten sollen.

„Wir gehen davon aus, dass in diesem Jahrzehnt in Deutschland Vermögenswerte von 2,6 Billionen Euro den Besitzer wechseln", sagt Anger. 70 Jahre Frieden und Wohlstand würden sich deutlich im Vermögen deutscher Erblasser widerspiegeln. Zumindest einen kleinen Teil davon gemeinnützigen Organisationen zukommen zu lassen, ist das Ziel von „Mein Erbe tut Gutes".

Die Initiative folgt dabei dem Beispiel ähnlicher Bündnisse im Ausland - beispielsweise in Spanien, den Niederlanden, Österreich oder der Schweiz. „In fast allen Ländern gab es solche Zusammenschlüsse schon, nur in Deutschland bekamen es die Organisationen lange nicht hin", erzählt Anger. 2013 war es dann doch soweit: Fünf Nichtregierungsorganisationen gründeten auch in der Bundesrepublik eine Initiative zum gemeinnützigen Vererben.

Seither werben unter anderem Ärzte ohne Grenzen, Greenpeace und die SOS-Kinderdörfer für das „Prinzip Apfelbaum". „Das heißt schlicht und einfach, dass man die eigenen Werte auch über den Tod hinaus wirken lassen und etwas Bleibendes schaffen möchte, das immer wieder Früchte trägt", erklärt Anger. Aktuell stehen 19 Organisationen hinter diesem Prinzip, im kommenden Jahr sollen noch weitere hinzukommen. Die Initiative nimmt nur Mitglieder auf, die bestimmte Kriterien erfüllen. Dazu gehört der Vorweis des DZI-Spendensiegels genauso wie eine bestandene Wirtschaftsprüfung und ein verantwortungsvoller Umgang mit den Spenden.

„Mein Erbe tut Gutes" fungiert dabei als Informationsstelle und Vermittler für diejenigen, die ihr Vermögen für einen guten Zweck einsetzen möchten. Denn der Tod und das Vererben gelten nach wie vor als Tabuthemen. „Die Leute haben schon das Bedürfnis, sich damit zu beschäftigen, wissen aber nicht - wo gehe ich damit hin?", sagt Anger. Die Initiative sei eine Anlaufstelle, um sich unverbindlich zu informieren, um dann weiter zu überlegen. Wobei auch Praktisches zu bedenken ist: Wegen formaler Fehler seien nur fünf Prozent der letztwilligen Verfügungen, die in der Bundesrepublik verfasst werden, überhaupt rechtsgültig, so Anger.

Sie und ihre Mitarbeiter ­stellen die eigenen Nichtregierungsorganisationen vor, verpflichten die Interessenten aber nicht, auch für diese zu spenden. „Wir wollen allgemein über das Erben für den guten Zweck aufklären. Viel zu wenige Menschen wissen, dass das möglich ist und wie das geht", sagt Anger. Wobei es am guten Willen nicht mangelt. Das Bündnis hat die Gesellschaft für Konsumforschung mit einer Studie zum Thema beauftragt (GfK): Elf Prozent der über 60-Jährigen können sich vorstellen, ihren Nachlass einem guten Zweck zu vermachen. Unter den Kinder­losen würde jeder Dritte spenden.

Einer der ersten Tipps, den Anger und ihre Mitarbeiter den Interessenten geben: mit ihren Angehörigen über den Wunsch sprechen, das Erbe einem guten Zweck zukommen zu lassen, „damit die Familie dann nicht überrascht ist", erklärt Anger. Denn auch das habe die GfK-Studie gezeigt: Der Großteil der Angehörigen hat nichts dagegen, wenn die Eltern einen Teil ihres Besitzes spenden wollen. „Aber es ist unglaublich wichtig, vorab darüber zu sprechen, weil das hinterher sonst nur Ärger gibt - und das will keine Organisation und kein Erbe." Zumal es für das Verhältnis innerhalb der Familie förderlich sei, so die Expertin.

Diejenigen ohne direkte Angehörige könnten sogar von der Hilfsorganisation profitieren, die sie unterstützen: „Immer wieder kommen kinderlose Menschen zu uns, die schon eine Vorstellung davon haben, wem sie ihr Erbe vermachen wollen und fragen: ´Können Sie auch was für mich tun? Zum Beispiel mein Grab pflegen?´" Derartige Vorschläge werden dann mit der jeweiligen Organisation besprochen und von dieser übernommen. Wer möchte, kann das Prinzip Apfelbaum übrigens auch problemlos auf Mallorca anwenden: „Viele Organisationen haben Schwesterorganisationen in Spanien, auch die können wir vermitteln."

www.mein-erbe-tut-gutes.de