Als die Bauunternehmer auf Mallorca kürzlich ihr Protestschreiben gegen die balearische Linksregierung vorbereiteten, erwies sich das als wenig aufwendig. „Zwei Tage, und wir hatten die Unterstützung von 15 Vereinigungen der Branche", meint Bartolomé Mayol, Generaldirektor des balearischen Dachverbands. Das zeige, wie groß der Unmut inzwischen sei. Er kreist um Beschränkungen bei der Sanierung von Hotels, ein Moratorium für Handelsfilialen mit großer Verkaufsfläche - und jetzt auch noch einen möglichen Baustopp in Siedlungen, die nicht an die Kanalisation angeschlossen sind.

Der natürliche Verbündete der Baubranche sind konservative Landesregierungen, die in der Vergangenheit kräftig in den Straßenbau investierten, Großprojekte förderten und die Vorschriften für die Erschließung von Bauland lockerer handhabten. Die seit Frühjahr vergangenen Jahres auf den Balearen regierende Koalition aus Sozialisten und Més, die darüber hinaus auf die Stimmen der neuen Linkspartei Podemos angewiesen ist, weist die Baubranche wieder in ihre Schranken - und das, obwohl man gerade erst die schwere Wirtschaftskrise verdaut habe, klagt Mayol.

Die Immobilienblase war im Jahr 2007 geplatzt, die Baubranche vor allem 2008 in eine tiefe Krise geschlittert, die sich bis 2012 zudem noch verschlimmerte. Ein Rettungsanker war da ein Gesetz der Bauzá-Regierung (2011-2015), das den Hoteliers in Tourismusgebieten, die in die Jahre gekommen waren, Ausnahmen bei der Sanierung einräumte. Das Tourismusrahmengesetz erlaubte zusätzliche Stockwerke von Hotels an der Playa de Palma oder in der Gemeinde Calvià, wenn im Gegenzug in Qualität investiert wurde. Die Ausnahmeregelung wurde reichlich in Anspruch genommen, inzwischen aber gekippt.

Weitere willkommene Aufträge gab es in den vergangenen Jahren dank der Investitionen von internationalen Handelsketten wie Lidl, Aldi oder Carrefour, das Gewerbegebiet Llevant in Palma zeugt von diesem Boom. Doch dem schiebt inzwischen ein Moratorium von Mallorcas Inselrat einen Riegel vor.

Dass jetzt am 23. Juni auch noch eine Ausnahmeregelung für Urbanisationen ohne Infrastruktur ausgelaufen ist, brachte das Fass zum Überlaufen. Das Problem ist größer, als es klingt: Laut EU-Recht dürfen Baugenehmigungen nur erteilt werden, wenn eine Parzelle auch an die Kanalisation angeschlossen ist. Das haben die Kommunen auf den Balearen in den vergangenen Jahrzehnten jedoch auf breiter Front missachtet. Betroffen sind auf den Balearen rund hundert Urbanisa­tionen mit wohl 10.000 Baugrundstücken, die meisten von ihnen in Andratx, Alcúdia oder Llucmajor, aber auch im Stadtbezirk Palma. „Auch ein Teil von Son Vida hat keine Kanalisation", sagt Mayol über das Villenviertel. Letztendlich seien fast alle neueren Urbanisationen in Küstennähe betroffen. „Die Politiker haben das Problem jahrelang vor sich hergeschoben", so der Baulobbyist, „mit dem Thema holt man eben keine Wählerstimmen."

Die jetzt ausgelaufene Ausnahmeregelung stammte aus der Zeit der Mitte-links-Regierung von Antich (2007-2011). Gegen die Verlängerung sträubt sich nun die linksökologische Regionalpartei Més - dummerweise fiel der Stichtag fast mit den Spanien-Wahlen zusammen. Derzeit wird an einem Kompromiss gebastelt, gerade auch unter dem Druck der Bürgermeister Mallorcas. Die Lösung könnte so aussehen, dass die Ausnahmeregelung bis zu fünf Jahre verlängert wird, wenn die Gemeinden gleichzeitig zusichern, in dieser Zeit die Parzellen nach und nach an die Kanalisation anzuschließen.

Bartolomé Mayol vom Verband der Bauunternehmen schätzt die Gesamtkosten auf rund 50 Millionen Euro, zuzüglich Folgekosten etwa für den notwendigen Ausbau der jetzt bereits im Sommer oft überlasteten Kläranlagen. Das sei zwar viel Geld, aber es führe auch kein Weg daran vorbei. In die Waagschale werfen die Bau­unternehmer zudem auch die derzeit rund 44.000 Arbeitsplätze in der balearischen Baubranche, die bedroht seien.

Der balearische Minister für Raumordnung, Marc Pons ­(Sozialisten), hat sich bereits für die Verlängerung der Ausnahmeregelung ausgesprochen, das letzte Wort habe aber das Parlament. Eine Entscheidung wollen die Fraktionen am 14. Juli treffen - bis dahin haben die Bauunternehmer zugesichert stillzuhalten.