Der Einfachheit halber beschränkt sich der folgende Artikel auf den Nießbrauch im Zusammenhang mit Immobilien. Wer das Nießbrauchsrecht für ein Haus innehat, kann über dieses verfügen. Er kann es bewohnen und gewerblich nutzen oder privat vermieten, wobei ihm jeweils hundert Prozent der Einnahmen zustehen. Lediglich der Verkauf oder bauliche Maßnahmen, die über Instandhaltung hinausgehen, sind ihm verwehrt. Dem Nießbraucher sind aber auch alle mit dem Betrieb und Erhalt der Immobilie verbundenen Pflichten aufgebürdet, bis hin zur Bezahlung der Steuern. Lediglich die Vermögensteuer wird für Nießbraucher und den Inhaber des „bloßen Eigentums" anteilig berechnet.

Zuvor eine kurze Erklärung zu einem Begriff, der im deutschen Ohr merkwürdig klingt: „bloßes Eigentum" (nuda propiedad). Der Grund: In Deutschland ist der Nießbrauch ein Recht, das vom Eigentümer einer anderen Person gewährt wird. In Spanien hingegen können Nießbrauch und bloßes Eigentum als unabhängige Rechte übertragen werden und sind somit leichter handelbar.

Vielfach kommt Nießbrauch im Familienverbund zur Anwendung. So schenken die Eltern den Kindern ihr Eigenheim, behalten sich jedoch ein Nießbrauchsrecht vor, also das Recht, die Immobilie uneingeschränkt zu nutzen.

Der Inhaber des „bloßen Eigentums" hat ein nießbrauchsbelastetes Eigentum: Das Haus gehört ihm, er hat aber kein Recht auf Nutzung, solange der Nießbrauch besteht.

Das spanische Vermögensteuer­gesetz legt genau fest, welchen Wert der Nießbrauch und das bloße Eigentum haben, womit sich eine Möglichkeit zum Steuernsparen eröffnet. Manche ausländische Familien gehen beim Immobilienkauf in Spanien wie folgt vor: Papa oder Mama kauft das Ferienhaus nicht allein, sondern die ganze Familie tritt als Erwerber auf. Denn wenn die Immobilie mehr als 700.000 Euro wert ist, rasselt der Alleineigentümer umgehend in die Vermögensteuerfalle. Lösung: Die Eltern schenken den Kindern unter Nutzung der in ihrer Heimat geltenden Freibeträge das nötige Kleingeld, und damit beteiligt sich die zweite Generation am Erwerb. Dabei erwerben die Kinder typischerweise das bloße Eigentum, die Eltern hingegen das Nießbrauchsrecht.

So wird dank der pro Person geltenden Freibeträge kaum noch jemand vermögensteuerpflichtig.

Zugleich können die Eltern das Haus nutzen, als ob es ihnen gehörte. Und wenn sie das Eigentum vollständig übertragen wollen, ist nicht der gesamte Immobilienwert zu versteuern, sondern nur jener Teil, der auf den Nießbrauch entfällt.

Man sollte sich jedoch die Steuer­folgen für künftige Übertragungen berechnen lassen. Bei Erwerb mit Nießbrauch gelten unter Umständen besondere Steuernormen. Diese können bedingen, dass beim Schenken keine Schenkungsteuer und beim Erben keine Erbschaftsteuer anfällt. Auf den Balearen ist das aufgrund der sehr günstigen Schenkungs- und Erbschaftsteuersätze ein Nachteil.

Aber diese günstigen Steuersätze gelten nur für die Angehörigen der Verwandtschaftsgruppen I und II, d.?h. Vorfahren und Abkömmlinge der direkten Linie sowie Ehepartner. Wenn hingegen andere Verwandte oder Nichtverwandte zu Erben oder Begünstigte einer Schenkung gemacht werden, ist der Nießbrauch eine interessante Option. Denn ab Verwandtschaftsgruppe III schlagen die Steuerbehörden in Spanien für Schenkungen und Erbschaften mit Steuersätzen zu, die bis über 80 Prozent erreichen können. Mit Nießbrauch lässt sich dieses Problem elegant und vollkommen legal lösen. Gestaltungen dieser Art haben freilich ihre formellen Finessen und auch Nachteile. Ein kompetenter Berater achtet unter anderem auf die folgenden Aspekte:

- Der Blick muss immer auch auf die denkbaren Übertragungen der Immobilie in der Zukunft gerichtet sein, niemals alleine auf eine Situation und eine einzige Steuerart.

- Der Blick sollte alle Parteien erfassen. Bei einer Schenkung etwa können unerwartete Steuerfolgen für den Schenker entstehen.

- Welche Steuerfolgen ergeben sich im Land der steuerlichen Ansässigkeit?

Nießbrauch kommt von Genießen. Das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der usufructo ein kompliziertes Instrument sein kann, dessen Gebrauch gut überlegt sein will.

Prof. Dr. Heribert Heckschen ist Notar in Dresden, Thomas Fitzner arbeitet im internationalen Steuerbüro European@ccounting in Palma.