Der Immobilienmarkt Mallorca hat die Krise überwunden, vor allem dank der Ausländer-Käufe. Deutsche werden nun noch wichtiger werden.

Das Jahr 2016 begann für die Immobilienunternehmer furios: „So etwas gab es noch nie", erinnert sich Lutz Minkner, Chef von Minkner & Partner in Santa Ponça im Südwesten von Mallorca. „Die Sektgläser von Silvester waren kaum weggeräumt, da rauschten schon die ersten Anfragen rein." Im Nordosten von Mallorca, in Cala Ratjada, erging es A­nke Köhler von CCC Immo genauso: „Direkt seit Jahres­anfang hatten wir alle Hände voll zu tun, um den Deutschen bei der ­Immobiliensuche zu helfen."

Die übliche Winterpause fiel aus, das Jahr 2016 machte da weiter, wo 2015 aufgehört hatte: mit einer erheblichen Nachfrage insbesondere von Ausländern nach Mallorca-Immobilien. Inzwischen ist bekannt: Im Jahr 2015 wurden auf den Balearen-Inseln insgesamt 10.605 Immobilien verkauft - 14,6 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Höhere Wachstumsraten wurden im spanien­weiten Vergleich nur im Baskenland (17,2 Prozent) und in der Region Aragón (16,6 Prozent) verzeichnet, so die Daten des spanischen Statistikamtes INE.

So entwickeln sich die Preise

Das dürfte in diesem Jahr noch mal übertroffen werden. Und erneut werden es vermutlich die Käufe von Ausländern sein, die Verkaufszahlen und Preise nach oben ziehen. Von den Boomjahren 2007 und 2008 ist man noch weit entfernt, aber die Zahlen des Statistischen Amtes der Balearen zeigen, dass die erzielten Preise nun wieder beständig anziehen (siehe Schaubild, hier jeweils das 2. Quartal im Vergleich). In diesem Jahr dürfte das Plus im Schnitt bei etwa drei Prozent liegen, wobei es große Unterschiede bei den Lagen gibt. Im gefragten Südwesten ziehen die Preise mehr an, im Inselinneren stagnieren sie teils, mitunter sinken sie sogar leicht.

Mehr als jede dritte Immobilie wird von Ausländern erworben. Die Top-Fünf-Nationen 2015 waren laut der Vereinigung von Grundbuchführern (Colegio de Registradores) Deutschland (33,91 Prozent), Großbritannien (22,24), Schweden (5,83), Frankreich (5,59) und Italien (4,43). Der Durchschnittspreis der erworbenen Immobilien lag laut Finanzverwaltung im vergangenen Jahr bei 390.000 Euro. Der Anteil von ausländischen Immobilienkäufern, die 500.000 Euro und mehr hinblätterten, machte dabei rund16 Prozent aus, so die Statistik des Colegio de Registradores.

Was der Brexit bedeutet

Die Zahlen zeigen, wie groß die Bedeutung der Briten im Immobilienmarkt (noch) ist. Da sind wir bei einem der großen Themen für Käufer, Verkäufer und Makler: der im Sommer 2016 beschlossene Brexit, der Ausstieg der Briten aus der EU.

Während einige Anbieter bereits von einer deutlichen Briten-Bremse berichten, sprechen andere von business as usual mit Engländern. Vermutlich werden die Folgen aber erst in den nächsten Monaten wirklich zu spüren sein. Denn viel schwerer als der gesunkene Pfund-Kurs wiegt wohl die Unsicherheit, welche bürokratischen Hürden die Engländer als Nicht-EU-Bürger nehmen müssen, wenn sie nach einem Brexit auf Mallorca ganz oder teilweise leben wollen.

Bislang ist es mit der Ferienimmobilie in Costa d´en Blanes fast so einfach wie mit der in Bournemouth. Doch mit der Freizügigkeit in der EU ist es mit dem Austritt vorbei. Die Engländer hätten dann einen Status wie ein Russe oder ein Chinese auf Mallorca. Selbst beim High-End-Kunden, also den sehr vermögenden Käufern, ist es irgendwann mit dem Spaß vorbei, wenn er vor jeder Reise zum Domizil auf Mallorca erst einmal ein Visum beantragen muss.

Vor allem im sogenannten Einstiegssegment mit Kaufpreisen bis 300.000 Euro dürfte die britische Nachfrage zurückgehen. Denn typischerweise haben solche Kunden spitz gerechnet, um sich den Traum vom Leben im Süden zu ermöglichen. Währungsverluste machen sich dann besonders schnell bemerkbar. Zudem kommt für sie auch nicht die Option „Goldenes Visum" infrage. Die 2014 in Spanien eigentlich vor allem für Russen eingeführte Möglichkeit einer dauernden Aufenthaltserlaubnis setzt einen Immobilienerwerb im Wert von mindestens 500.000 Euro voraus.

Warum die Deutschen so viel kaufen

Die Deutschen werden dadurch im Immobilien-Ausländermarkt noch wichtiger. Zwar legen andere Nationen bei der Nachfrage etwas zu, etwa die Schweden und Franzosen. Im Vergleich zu den Deutschen ist das aber kaum von Bedeutung, zumal die gern gesehene „heimische Infrastruktur" für diese Nationen noch weitgehend fehlt und auch nicht so schnell geschaffen werden kann. Man spricht eben Deutsch hier, es gibt Lidl, Müller, Aldi, deutsche Friseure, ein Inselradio und natürlich die Mallorca Zeitung.

Folgende Faktoren stärken derzeit die Nachfrage der Deutschen nach Mallorca-Immobilien:

- Die Sorgen um Europa und den Euro halten an. Immobilien gelten als „sicherer Hafen". In Deutschland sind die Preise jedoch in Großstädten extrem gestiegen, viele Angebote sind nur noch ­überteuerter Ramsch.

- Die Zinsen verharren auf Mini-Niveau, sogar von Negativ-Zinsen ist immer öfter die Rede - bitter für die ­deutschen Sparbuch-Weltmeister. Die Aktienbörsen wiederum sind derzeit wackelig, es fehlt somit an Anlagealternativen am Kapitalmarkt.

- Der Boom des Privattourismus macht die Mallorca-Immobilie nicht nur mit Blick auf Wertsteigerung interessant, sondern auch als Investition, die über Ferienvermietungseinnahmen eine laufende Rendite erzielt. „Gerade für die Deutschen ist das ein starkes Argument", sagt Joachim Semrau, Chef von Porta Mallorquina. Der Makler hat dazu eigens einen Rendite-Rechner entwickelt (www.porta-mallorquina.de/­renditerechner.html).

Finanzierungen werden schwerer

Verwundert sind einige Kaufinteressenten, dass trotz der positiven Tendenzen es jüngst schwerer geworden ist, eine Immobilienfinanzierung zu bekommen. Der Grund ist die Wohnimmobilienkreditricht­linie, die 2014 von der EU beschlossen wurde und seit März 2016 umgesetzt wird. Mit der Immobilienkreditrichtlinie soll verhindert werden, dass es erneut zu kreditfinanzierten Immobilienblasen kommt, so wie in den USA oder in Spanien passiert.

„Die Banken sind nun in der Haftung, wenn sie über die Risiken des Immobilien­erwerbs nicht ausreichend beraten haben", erläutert Finanzierungsbroker Daniel Pires von Smart Finance (Palma). „Die momentane und zukünftige wirtschaftliche Situation des Kunden muss genauestens durchleuchtet werden." Seit Umsetzung der Kreditrichtlinie gehen erste Banken hin und berechnen die Darlehen nun so, dass mit 65 Jahren die Darlehen komplett getilgt werden.

„Gerade Familien und über 50-Jährigen wird der Zugang zu günstigen Baukrediten erschwert", so Pires. „Junge Kredit-Antragsteller mit einem hohen Einkommen können hingegen sehr günstige Konditionen erhalten." Das könnte für den Immobilienmarkt Mallorca bedeuten: Verstärkt werden es entweder junge Käufer sein, die schon sehr gut verdienen und deshalb eine Finanzierung bekommen. Oder ältere Käufer, die schon viel Vermögen haben und deshalb keine Finanzierung brauchen.

Andreas Kunze ist Finanzjournalist in Düsseldorf, als Finanzexperte aus Radio und TV bekannt und betreibt einen Finanzblog (www.finblog.de